Lebensfreude ist eine Kunst, die erlernt werden kann. Talent ist hilfreich, aber entscheidend ist die Übung. Dazu gehört auch, sich in Verzicht zu üben. Um leichter Atem für neue Aufschwünge schöpfen zu können und nicht fetter, sondern fitter zu werden. Dabei hilft das Schaukeln. Aus der realen Schaukelerfahrung gewinnt Wilhelm Schmid eine Metapher fürs Leben. Leben ist Schaukeln: Schwung holen, Leichtigkeit fühlen, Höhenflüge erleben, auf den Beistand Anderer hoffen und das flaue Gefühl beim Abschwung hinnehmen lernen.
Das Schaukeln ermöglicht ein Hin- und Herfliegen zwischen den unterschiedlichen Seiten des Lebens, etwa zwischen Anstrengung und Besinnung. Auch zwischen der Freude am Schönen, das neuen Elan verleiht, und dem Umgang mit dem weniger Schönen. Für viele Probleme im Leben und in der Liebe ist Schaukeln die Lösung. Auf der Schaukel fürs Leben lernen muss dabei keine einsame Tätigkeit sein: Wechselseitig verleihen Menschen sich neuen Schwung. Beschwingt zur Lebensfreude in zehn Auf- und Abschwüngen: Dazu regt dieses Buch an.
Das Schaukeln ermöglicht ein Hin- und Herfliegen zwischen den unterschiedlichen Seiten des Lebens, etwa zwischen Anstrengung und Besinnung. Auch zwischen der Freude am Schönen, das neuen Elan verleiht, und dem Umgang mit dem weniger Schönen. Für viele Probleme im Leben und in der Liebe ist Schaukeln die Lösung. Auf der Schaukel fürs Leben lernen muss dabei keine einsame Tätigkeit sein: Wechselseitig verleihen Menschen sich neuen Schwung. Beschwingt zur Lebensfreude in zehn Auf- und Abschwüngen: Dazu regt dieses Buch an.
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.04.2023Urlaub von sich selbst
Der Bestseller-Philosoph Wilhelm Schmid empfiehlt das Schaukeln als Glückstechnik. Sollte es wirklich so einfach sein?
Es ist ja eigentlich deprimierend, wie viele Glücksratgeber wir offenbar zu brauchen scheinen. Werden sie dabei helfen, Deutschland auf der Weltglücklichkeitsliste nach oben zu schieben? Oder dazu beitragen, dass wenigstens die Leser dieser Ratgeber zufriedener sind? Der Berliner Philosoph und Erfolgspublizist Wilhelm Schmid, der sich auch als „philosophischer Seelsorger“ versteht, hat seinen Bestsellern zu den Themen Gelassenheit, Glück, Sinn, Lebenskunst, Liebe, Sex und Selbstfreundschaft nun einen weiteren hinzugefügt. „Schaukeln – Die kleine Kunst der Lebensfreude“ heißt das Bändchen. Es soll eine praktische Lebenshilfe sein, kein wissenschaftlicher Essay, wie sie Schmid etwa 2018 mit „Philosophie der Lebenskunst“ vorlegte.
Schaukeln, dieses ewige und so beruhigende Hin und Her ist dabei für ihn nicht nur Sinnbild einer kindlichen Frustrationsabwehr, die jeder Enttäuschung ein Versprechen auf Wiedergutmachung entlockt, sondern auch eine Anleitung für praktizierte Dialektik. Das Wissen um die Polarität des Lebens ermögliche „das Mitschwingen als Methode“. Am Tiefpunkt der Schaukelbewegung geht es darum, „den Durchhänger auszuhalten (…) und das Reflektieren weitgehend einzustellen, um Kräfte zu sparen“. Sogar die Sinne müssten mal pausieren. Das entbehrt nicht einer gewissen Logik. Wenn ich mich tot stelle, sind auch die Probleme weg. Und dann?
Dann kommen andere und helfen einem wieder auf die Sprünge, sagt Schmid. Hier weitet er den Blick, weg vom Selbst, hin zu anderen Menschen. Aber: Auch die dienen nur dem eigenen Glück. Als stünde der Mensch als singuläres Wesen in der Welt und könnte sein Wohlbefinden doch nur allein für sich herstellen. Aber selbst wenn man das weitgehend autonome Individuum als Ausgangs- und Zielgröße behaupten will, wird die Schaukeltherapie nicht alle beschädigten Seelen heilen. Es wird Menschen geben, die ernsthaft nach Lösungen für sehr schwierige Probleme suchen, die fundierteren Rat brauchen und gleichwohl anfällig sind für Sentimentalität und Esoterik. Damit aber Philosophie trösten kann, muss man sie vielleicht doch etwas anstrengender betreiben, als Schmid dies nahelegt.
Diesen wirklich geplagten Menschen nimmt er im Vorwort gleich mal den Wind aus den Segeln, bringt seine krebskranke Frau ins Gespräch, deren Lebensfreude selbst angesichts des Todes nicht endete. Wer kann da mit seinen Problemen schon mithalten und die Autorität des hier Gesagten infrage stellen. Es wird weiter geschaukelt, gegen den Krebs und gegen das Leid von Mutter Erde. „Die Sorge um die eigenen erneuerbaren Energien wird zur Basis für die Sorge um die erneuerbaren Energien der Erde, Schaukeln für die Ökologie!“ Onkologie trifft Ökologie, Erstere gewinnt. Denn der Krebs mindert die Lebensfreude nicht, dagegen drückt uns die Energiewende nieder, diese Krise, diese Menschheitskatastrophe, in die wir uns hineingeschunkelt haben.
In seinen Briefen an Lucilius schrieb Seneca von der sittlichen Vollkommenheit, deren Vertreter sich über den Tod anderer so wenig grämen wie über den eigenen. Sie nehmen alle Erscheinungen der Natur als gegeben hin. Da schaukelt sich niemand heraus, sondern übt sich darin, einen Zustand zu erreichen, in dem man keinen Glücksratgeber mehr braucht. Und vielleicht, wie Peter Sloterdijk es in „Du musst dein Leben ändern“ 2009 in guter christlicher Tradition beschrieb, geht es gerade um die Einübung als Dauerzustand, wenn man einem unglückseligen Dasein entkommen will.
Der Unterschied zu Schmid jedenfalls ist unübersehbar. Während Seneca und Sloterdijk vom Individuum ausgehen, das in die Welt schaut, konzentriert sich Schmid ganz auf den Einzelnen, der all seine Wahrnehmung, so fern die sich nicht gerade ausruht, auf sich selbst bezieht. Der unglückliche Egomane, der andere nur wahrnimmt, sofern sie ihm dienlich sind. Ob da nicht ein Grund für privates Unglück liegt, das der Veränderung bedarf?
Doch Schmid fordert nicht Anstrengung, sondern Gemütlichkeit. Als Autor ist er stets persönlich präsent, ein Schunkelpartner, der das Positive in den Mittelpunkt rückt und erklärt, wie man es am intensivsten genießen kann. Die Genuss-Schaukel ist ein asketischer Hedonismus, also die Fähigkeit, sich etwas zu versagen, um es dann umso intensiver zu erleben. Kann man einem unglücklichen Menschen, der nach Auswegen sucht, nicht mehr Denkarbeit zumuten? Oder – schlimmer Verdacht – richtet sich das Buch gar nicht an Leidgeplagte, sondern an fidele Konsumenten, die es unterhaltsam finden, Lösungen für Probleme zu studieren, die Gott sei Dank nur andere haben?
Andererseits: Seit jeher bemühen sich Philosophen nicht nur darum, die Welt in Ist- und Soll-Zuständen zu beschreiben, sondern sich auch ums persönliche Wohlbefinden des Menschen zu kümmern. Von den Sokratikern bis zu den Junghegelianern erfährt man, wie sich der Mensch in seinem Kosmos zu verlieren droht. Die Lösung war aber selten ein „Kümmere dich noch mehr um dich selbst“, eher ein „Nimm dich als Teil eines größeren Zusammenhanges wahr“.
Kaum einer hat das so radikal formuliert wie Karl Christian Krause, der 1811 in seiner im vergangenen Jahr bei Meiner neu herausgegebenen Schrift „Das Urbild der Menschheit“ das „organische Naturreich der ganzen Erde“ als einen „einzigen untheilbaren Organismus“ beschrieb, einen globalen „Menschheitsbund“ vorschlug und allen Lebewesen, inklusive Pflanzen, Freiheitsrechte einräumte. Also die Möglichkeit zur freien Entfaltung und individuellen Glückseligkeit. Vieles spricht dafür, sich in diesem umfassenden Denken am glücklichsten zu fühlen. Vielleicht kann Schmids solipsistisch taumelndes Schaukel-Büchlein dazu anregen, sich auch an andere Lebenskunsttheorien heranzuschunkeln.
HELMUT MAURÓ
„Den Durchhänger
aushalten und
das Reflektieren
einstellen, um Kräfte
zu sparen“
Wilhelm Schmid:
Schaukeln
– Die kleine Kunst der Lebensfreude. Insel Verlag, Berlin 2023. 110 Seiten, 12 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Der Bestseller-Philosoph Wilhelm Schmid empfiehlt das Schaukeln als Glückstechnik. Sollte es wirklich so einfach sein?
Es ist ja eigentlich deprimierend, wie viele Glücksratgeber wir offenbar zu brauchen scheinen. Werden sie dabei helfen, Deutschland auf der Weltglücklichkeitsliste nach oben zu schieben? Oder dazu beitragen, dass wenigstens die Leser dieser Ratgeber zufriedener sind? Der Berliner Philosoph und Erfolgspublizist Wilhelm Schmid, der sich auch als „philosophischer Seelsorger“ versteht, hat seinen Bestsellern zu den Themen Gelassenheit, Glück, Sinn, Lebenskunst, Liebe, Sex und Selbstfreundschaft nun einen weiteren hinzugefügt. „Schaukeln – Die kleine Kunst der Lebensfreude“ heißt das Bändchen. Es soll eine praktische Lebenshilfe sein, kein wissenschaftlicher Essay, wie sie Schmid etwa 2018 mit „Philosophie der Lebenskunst“ vorlegte.
Schaukeln, dieses ewige und so beruhigende Hin und Her ist dabei für ihn nicht nur Sinnbild einer kindlichen Frustrationsabwehr, die jeder Enttäuschung ein Versprechen auf Wiedergutmachung entlockt, sondern auch eine Anleitung für praktizierte Dialektik. Das Wissen um die Polarität des Lebens ermögliche „das Mitschwingen als Methode“. Am Tiefpunkt der Schaukelbewegung geht es darum, „den Durchhänger auszuhalten (…) und das Reflektieren weitgehend einzustellen, um Kräfte zu sparen“. Sogar die Sinne müssten mal pausieren. Das entbehrt nicht einer gewissen Logik. Wenn ich mich tot stelle, sind auch die Probleme weg. Und dann?
Dann kommen andere und helfen einem wieder auf die Sprünge, sagt Schmid. Hier weitet er den Blick, weg vom Selbst, hin zu anderen Menschen. Aber: Auch die dienen nur dem eigenen Glück. Als stünde der Mensch als singuläres Wesen in der Welt und könnte sein Wohlbefinden doch nur allein für sich herstellen. Aber selbst wenn man das weitgehend autonome Individuum als Ausgangs- und Zielgröße behaupten will, wird die Schaukeltherapie nicht alle beschädigten Seelen heilen. Es wird Menschen geben, die ernsthaft nach Lösungen für sehr schwierige Probleme suchen, die fundierteren Rat brauchen und gleichwohl anfällig sind für Sentimentalität und Esoterik. Damit aber Philosophie trösten kann, muss man sie vielleicht doch etwas anstrengender betreiben, als Schmid dies nahelegt.
Diesen wirklich geplagten Menschen nimmt er im Vorwort gleich mal den Wind aus den Segeln, bringt seine krebskranke Frau ins Gespräch, deren Lebensfreude selbst angesichts des Todes nicht endete. Wer kann da mit seinen Problemen schon mithalten und die Autorität des hier Gesagten infrage stellen. Es wird weiter geschaukelt, gegen den Krebs und gegen das Leid von Mutter Erde. „Die Sorge um die eigenen erneuerbaren Energien wird zur Basis für die Sorge um die erneuerbaren Energien der Erde, Schaukeln für die Ökologie!“ Onkologie trifft Ökologie, Erstere gewinnt. Denn der Krebs mindert die Lebensfreude nicht, dagegen drückt uns die Energiewende nieder, diese Krise, diese Menschheitskatastrophe, in die wir uns hineingeschunkelt haben.
In seinen Briefen an Lucilius schrieb Seneca von der sittlichen Vollkommenheit, deren Vertreter sich über den Tod anderer so wenig grämen wie über den eigenen. Sie nehmen alle Erscheinungen der Natur als gegeben hin. Da schaukelt sich niemand heraus, sondern übt sich darin, einen Zustand zu erreichen, in dem man keinen Glücksratgeber mehr braucht. Und vielleicht, wie Peter Sloterdijk es in „Du musst dein Leben ändern“ 2009 in guter christlicher Tradition beschrieb, geht es gerade um die Einübung als Dauerzustand, wenn man einem unglückseligen Dasein entkommen will.
Der Unterschied zu Schmid jedenfalls ist unübersehbar. Während Seneca und Sloterdijk vom Individuum ausgehen, das in die Welt schaut, konzentriert sich Schmid ganz auf den Einzelnen, der all seine Wahrnehmung, so fern die sich nicht gerade ausruht, auf sich selbst bezieht. Der unglückliche Egomane, der andere nur wahrnimmt, sofern sie ihm dienlich sind. Ob da nicht ein Grund für privates Unglück liegt, das der Veränderung bedarf?
Doch Schmid fordert nicht Anstrengung, sondern Gemütlichkeit. Als Autor ist er stets persönlich präsent, ein Schunkelpartner, der das Positive in den Mittelpunkt rückt und erklärt, wie man es am intensivsten genießen kann. Die Genuss-Schaukel ist ein asketischer Hedonismus, also die Fähigkeit, sich etwas zu versagen, um es dann umso intensiver zu erleben. Kann man einem unglücklichen Menschen, der nach Auswegen sucht, nicht mehr Denkarbeit zumuten? Oder – schlimmer Verdacht – richtet sich das Buch gar nicht an Leidgeplagte, sondern an fidele Konsumenten, die es unterhaltsam finden, Lösungen für Probleme zu studieren, die Gott sei Dank nur andere haben?
Andererseits: Seit jeher bemühen sich Philosophen nicht nur darum, die Welt in Ist- und Soll-Zuständen zu beschreiben, sondern sich auch ums persönliche Wohlbefinden des Menschen zu kümmern. Von den Sokratikern bis zu den Junghegelianern erfährt man, wie sich der Mensch in seinem Kosmos zu verlieren droht. Die Lösung war aber selten ein „Kümmere dich noch mehr um dich selbst“, eher ein „Nimm dich als Teil eines größeren Zusammenhanges wahr“.
Kaum einer hat das so radikal formuliert wie Karl Christian Krause, der 1811 in seiner im vergangenen Jahr bei Meiner neu herausgegebenen Schrift „Das Urbild der Menschheit“ das „organische Naturreich der ganzen Erde“ als einen „einzigen untheilbaren Organismus“ beschrieb, einen globalen „Menschheitsbund“ vorschlug und allen Lebewesen, inklusive Pflanzen, Freiheitsrechte einräumte. Also die Möglichkeit zur freien Entfaltung und individuellen Glückseligkeit. Vieles spricht dafür, sich in diesem umfassenden Denken am glücklichsten zu fühlen. Vielleicht kann Schmids solipsistisch taumelndes Schaukel-Büchlein dazu anregen, sich auch an andere Lebenskunsttheorien heranzuschunkeln.
HELMUT MAURÓ
„Den Durchhänger
aushalten und
das Reflektieren
einstellen, um Kräfte
zu sparen“
Wilhelm Schmid:
Schaukeln
– Die kleine Kunst der Lebensfreude. Insel Verlag, Berlin 2023. 110 Seiten, 12 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Wer ernsthaft nach Lösungen für Probleme sucht, dürfte mit Wilhelm Schmids Büchlein nicht glücklich werden, vermutet Rezensent Helmut Mauró. Wenn sich Schmid als Prophet der Lebensfreude dem Schaukeln als Glückstechnik widmet, wird es für Mauró sogar ein bisschen albern. Hin und Her, Auf und Ab - die Metaphern erschöpfen sich in den Augen des Rezensenten recht bald und auch das solipsistische Weltbild des Autors kann Mauró nicht glücklich machen: Alles nur auf sich selbst und seinen individuellen Zustand zu beziehen, wäre für den Rezensenten der sichere Weg in eine Welt unglücklicher Egomanen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»[Schmid] zieht eine bisweilen recht vertrackte philosophische Methode ins Lebenspraktische. Er exemplifiziert sie anhand einer Tätigkeit, die jedermann von Kindesbeinen an vertraut ist. Er verknüpft sie geschickt mit allen möglichen Lebensvollzügen. Damit gelingt es Schmid erneut, der Philosophie eine Leichtigkeit und Verständlichkeit abzugewinnen, die alles andere als selbstverständlich ist.« Heinrich Lindenmayr Mittelschwäbische Nachrichten 20230731