Zwölf Menschen sind durch ungeheuerliche Umstände und einen Schauplatz, den NS-Lagerkomplex St. Pantaleon-Weyer, unfreiwillig miteinander verbunden. Ludwig Lahers neue Prosa porträtiert Opfer, Täter und anderweitig von diesem Ort nachhaltig Berührte auf eindringliche Weise. Willkür, Ohnmacht und Terror im demokratiebefreiten Staatswesen: im 21. Jahrhundert immer noch hochaktuell. Auf den ersten Blick scheint diese zwölf Lebensgeschichten kaum etwas zu verbinden. Vorgestellt werden etwa ein Jurist mit erstaunlicher Karriere, ein Säugling, der mit vier Wochen sterben muss, ein extrem gewalttätiger Fleischhauer und eine achtfache Mutter aus dem Schaustellergewerbe. Doch ihre Leben sind miteinander verknüpft, denn sie alle steuern von verschiedenen Seiten aus auf den NS-Lagerkomplex St. Pantaleon-Weyer zu, der zwischen 1940 und 1941 zuerst als Arbeitserziehungslager und später als Zigeuneranhaltelager geführt wurde. Ludwig Laher variiert gekonnt die Erzählperspektiven und demonstriert an einem einzigen Ort in der Provinz, wie eine zynische Gewaltherrschaft funktioniert, die verbrecherische Energie und rücksichtsloses politisches Kalkül vereint.
Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
In diesem Buch sind die Porträts von zwölf Menschen versammelt, die im kleinen NS-Lager des oberösterreichischen St. Pantaleon entweder interniert oder beschäftigt waren, erklärt Rezensent Patrick Guyton. Obwohl die Gräuel, die hier zutage kommen, im NS-Horror vergleichsweise untergehen, hat das Buch den Kritiker tief berührt: Es sei dem Autor gelungen, mit den zwölf Einzelschicksalen von Tätern und Opfern zu vergegenwärtigen, was der Nationalsozialismus für die Menschen konkret bedeutet habe.
© Perlentaucher Medien GmbH
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