Er hat sie für fünfzig Mark von einem Zoo gekauft, der »abgewickelt« worden ist, sonst wäre die Giraffe womöglich geschlachtet und verfüttert worden. Denn das große Tier mit dem langen Hals ist eine Altlast und hat sich ein bißchen schuldig gemacht bei seinen Auftritten im Zirkuszelt. Aber er kann sie nicht lange herumtollen lassen auf den Wiesen im Oderbruch, der Maler Carl-Ernst Schlehwein, der die halbe Wende in einem Toilettenhäuschen zugebracht hat und nun auf einmal von der Polizei gesucht wird. Ehe er der Republik des neuen Deutschland den Rücken kehrt, stellt er die Giraffe in einer sehr hohen Parterrewohnung im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg ein, bei einem Freund, der nichts mehr zu tun hat. Und der nun dasitzt und grübelt und die neuen Wörter sammelt für einen Schriftsteller, der genauso aussieht wie er. Und der die Giraffe zum Reden bringen will und der das alles aufschreibt. Aus lauter Langeweile. Aus lauter Schmerz und Sehnsucht, denn die schönsten Wochen seines Lebens liegen, wie für viele, unwiederbringlich hinter ihm, und seine Frau hat ihn zum drittenmal endgültig verlassen. Die Geschichte spielt im Osten Deutschlands und im Osten Berlins und war eine der überraschendsten literarischen Veröffentlichungen über die Wende- und Nach-Wendezeit. (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)
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