Magisterarbeit aus dem Jahr 2007 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1,0, Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main (Institut für Jugendbuchforschung), Sprache: Deutsch, Abstract: Einhergehend mit dem von der 68er Bewegung hervorgebrachten Wandel des pädagogischen Grundverständnisses, welches im Zuge einer sich parallel zur Frauenemanzipation vollziehenden Emanzipation des Kindes entsteht , erfährt die Kinder- und Jugendliteratur in den 70er Jahren eine deutliche Aufwertung. War es zuvor zentrales Anliegen der KinderbuchautorInnen, Kindheit in einem Freiraum fernab sozialer Lebenswirklichkeit abzubilden und kindliche Autonomiebestrebungen außerhalb dieser darzustellen, geht es nun vorrangig um eine literarische Vergegenwärtigung eines absolut gleichberechtigten Kindheitsverständnisses. Nach dieser neuen Kindheitsauffassung sollen Heranwachsende zunehmend in den Erwachsenenalltag integriert werden. Die primäre Intention der Kinderliteratur unterscheidet sich nun insofern von der der bis dato verbreiteten "kindertümlichen" Literatur, als letztere sich zwar ebenso für die Rechte Heranwachsender aussprach, diese aber ausschließlich in einem Erfahrungsraum außerhalb der Gesellschaft realisiert wurden. Hierbei handelte es sich vorrangig z.B. um das Recht auf "Unbeschwertheit", "Naivität" oder darauf,"an das Wunderbare zu glauben" ; um andere Rechte also, als diejenigen, welche im ,realen' sozialen Kontext der Erwachsenenwelt von primärer Relevanz sind. Im Kontrast dazu begreift die Kinderliteratur nach 1970 Kinder zunehmend als vollkommen gleichgestellte Individuen und sieht gerade im "Zusammenleben mit den Erwachsenen" außerhalb eines solchen Schonraumes die zu bewältigende Herausforderung für Kinder. Sie gewährt ihnen diese speziellen Rechte somit nicht, wie bisher, lediglich innerhalb einer isolierten, rein kindlichen Welt, sondern gesteht ihnen fortan exakt dieselben Rechte wie Erwachsenen in einem identischen sozialen Kontext zu . Hans-Heino Ewers spricht in diesem Zusammenhang von einer "Liquidierung des Standes der Kindheit als einer Gegenwelt". Im Fokus der Kinderliteratur stehen nunmehr dieselben gesellschaftlichen Themen, welche auch die Erwachsenenliteratur behandelt, wobei auf eine "allgemeine Kindgemäßheit" verzichtet wird. Die Kinderliteratur soll fortan einen unbeschönigten Wirklichkeitsbezug aufweisen und erhebt den Anspruch, Alltagsprobleme in ebenso kritischer Weise wie die Erwachsenenliteratur zu beleuchten. So führt die Kinderliteratur der 70er Jahre ihren kindlichen LeserInnen laut Isa Schikorsky "auch die dunklen Seiten des Alltags in Familie und Gesellschaft" vor.[...]
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