Schreiben im Exil ist im »Jahrhundert der Extreme« ein Politikum, das in Deutschland auch die »Innere Emigration« betrifft. Dies zeigen Porträts von Gottfried Benn bis Stefan Zweig, von Hannah Arendt bis Tony Judt. Schreiben im Exil ist im »Jahrhundert der Extreme« ein Politikum. Die Essays blicken auf deutsche wie euro-päische Intellektuelle in politisch ganz verschiedenen Lebenssituationen. Gottfried Benn und Felix Hartlaub schrieben innerhalb Deutschlands für die Schublade, während Hans Scholl intellektuellen Widerstand leistete. Thomas Mann blickte weithin zornig auf die »Innere Emigration« und kehrte aus dem Exil nur kurz in beide Teile Deutschlands zurück. Erich Auerbach skizzierte seit 1942 in Istanbul das Passionsmotiv in der Weltliteratur. Für Stefan Zweig endet das in Brasilien mit seinem Freitod. Die philosophischen Vorformen des totalitären Denkens untersuchte Karl Popper in Neuseeland seit 1945. Seine politischen Auswirkungen nach der Oktoberrevolution und im Kalten Krieg demonstrieren jeweils anders die Lebenswerke von Ossip Mandelstam und Gustaw Herling. Anfang des 21. Jahrhunderts bilanzieren Tony Judt und Adam Zagajewski in Ideengeschichte und Poesie das kosmopolitische Exil, das Hannah Arendt im Namen des jüdischen Paria Franz Kafka in New York schon während des Holocaust umrissen hatte.
Perlentaucher-Notiz zur Dlf Kultur-Rezension
Rezensent Holger Heimann empfiehlt Matthias Bormuths Porträts im Exil lebender Intellektueller mit kleinen Einschränkungen. Eindringlich schildert ihm der Kulturwissenschaftler etwa Stefan Zweigs Emigrantendasein in Brasilien, Hannah Arendts Erfolg in den USA oder Ossip Mandelstams Martyrium in den stalinistischen Lagern, zugleich beleuchte Bormuth aber auch Gottfried Benns Haltung zum Nationalsozialismus oder Hans Scholls Kampf gegen Hitler. Nie sentimental, sondern mit genauem Blick für die intellektuelle Entwicklung und die "Denkbewegungen" untersuche Bormuth, wie die von ihm Porträtierten sich im äußeren oder inneren Exil positionierten, fährt der Rezensent fort. Insgesamt taugt Heimann der Band eher als Sammlung einzelner Porträts denn als "Zusammenschau" über Exil-Erfahrungen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Die Porträts (...) fügen sich (...) zu einem facettenreichen, ja disparaten Bild. Matthias Bormuth hat sich mit kluger und wacher Neugier Einzelnen gewidmet« (Holger Heimann, Deutschlandfunk Kultur Lesart, 22.01.2022)