»MARA WOLF, wir freuen uns sehr, dass Sie heute auf unserem Sofa Platz genommen haben. Und Sie haben uns etwas mitgebracht. Ich halte hier ihr erstes Buch in der Hand.« | 219
Wer ist Mara Wolf? Sie ist Anfang 20, arm, hat die Schule abgebrochen, lebt in Dresden. Instagram, Fast Fashion, etwas
Dating, lose Freundschaften und Besuche bei ihrer Mutter füllen ihr Leben. Ihre Hartz…mehr»MARA WOLF, wir freuen uns sehr, dass Sie heute auf unserem Sofa Platz genommen haben. Und Sie haben uns etwas mitgebracht. Ich halte hier ihr erstes Buch in der Hand.« | 219
Wer ist Mara Wolf? Sie ist Anfang 20, arm, hat die Schule abgebrochen, lebt in Dresden. Instagram, Fast Fashion, etwas Dating, lose Freundschaften und Besuche bei ihrer Mutter füllen ihr Leben. Ihre Hartz IV-Sachbearbeiterin ist nett, doch sie braucht Mitarbeit, wenigstens eine Diagnose. Mara Wolf ist nicht dumm, hübsch und die ideale Fläche für Hanno, PR-Agent aus Berlin, der sie überredet, Autorin zu spielen für einen autofiktionalen Roman. Der eigentliche Autor ist ein alter Weißer Mann, der sich frustriert auf dem Abstellgleis des Literaturbetriebs wähnt. Mara wird zum hübschen Hartz-IV-Mädchen aus der Ostplatte, arbeitslos, arm aber sexy, Shootingstar der Literaturszene, doch wird das gut gehen? Für Mara ist wiederum Paul die ideale Fläche, ein melancholischer Musiker aus Liverpool, den sie einmal sah und beschloss, der soll es sein. Eine virtuelle Liebesnichtliebesgeschichte beginnt, aber wird das gut gehen?
»Schrödingers Grrrl« leichte Unterhaltung zu nennen, griffe zu kurz. Hobracks im letzten Jahr erschienenes autobiographisches Sachbuch »Klassenbeste« scheint in Szenerie, Figuren und Perspektiven durch. Wo der Literaturbetrieb vorkommt, greift sie überzeugend einerseits spezifisches, andererseits universelles auf. Sie zeigt mittelalte und alte Weiße selbstsichere Männer, die die Dinge gern lenken, sich mit jungen Frauen umgeben und sich, wenn die Dinge schief gehen, galant aus der Affäre ziehen. Sie entwirft ernüchternde Berliner Partyszenen, erfolglose Fotografen, Networking und Lesungen, die "geschützte Räume" vorgaukeln, persönliche Angriffe dann aber "interessant" finden, bestechend und unterhaltsam. Im Vergleich dazu wirkte das Verrennen in Paul blass, Vielleicht mehr ausgearbeitet in einen nächsten Roman? Denn »Schrödingers Grrrl« ist ein sehr gelungenes zeitgenössisches satirisches Romandebüt.