Um es vorweg zu sagen: „Schwarzer Frost“ vom Berliner Romandebütanten David Wonschewski ist nichts für Unbedarfte. Der Leser wird mit einem Ich-Erzähler konfrontiert, der sich um Kopf und Kragen psychologisiert; seine Gedanken springen, zirkulieren, wiederholen sich. Das ist manchmal jenseits von
Gut und Böse: Da ist jemand, der nicht aus sich heraus kann und der Leser steht nun 238 Seiten lang in…mehrUm es vorweg zu sagen: „Schwarzer Frost“ vom Berliner Romandebütanten David Wonschewski ist nichts für Unbedarfte. Der Leser wird mit einem Ich-Erzähler konfrontiert, der sich um Kopf und Kragen psychologisiert; seine Gedanken springen, zirkulieren, wiederholen sich. Das ist manchmal jenseits von Gut und Böse: Da ist jemand, der nicht aus sich heraus kann und der Leser steht nun 238 Seiten lang in einem sehr unheimlichen Gedankendschungel. Soll er einen depressiven Menschen nüchtern beim Untergehen beobachten? Oder soll er sich ärgern über diesen Protagonisten, der seine Freundin schlägt und sich in Übertreibungen flüchtet, die die Banalität seines Lebens umso deutlicher hervorstechen lassen?
Dabei erinnern die Erzählstrategie (und auch das Thema) an die Kurzgeschichte „Die depressive Person“ von David Foster Wallace. Insbesondere die enervierende Selbstbespiegelung, die latente, aber stets relativierte Aggressivität des offenbarten Selbstmitleids treffen sowohl auf Wallaces wie auch auf Wonschewskis Erzählerfigur zu. Verstörend einfach gelingt es „Schwarzer Frost“, den Gedankenkosmos einer gestörten Persönlichkeit für den Leser plausibel zu erschließen. Und wie bei Wallace auch werden keine Kompromisse an Lesegewohnheiten gemacht. Das ist teils anstrengend, teils herausfordernd, aber wer dran bleibt und sich darauf einlässt, der erfährt etwas über die Brüchigkeit und Pathologie eines Menschen, „der ein Mörder sein könnte“. Wer an Wallace und ähnlich Gestrickten Gefallen findet, sollte sich „Schwarzer Frost“ nicht entgehen lassen.