Zur Diskussion um das Bild von Ipett Schwarzweldt beim Jazzchorfestival im Schäkerlager. Die meisten Kritiker wünschen - wenn sie auch das Wort vermeiden - Zensur. Zensur eines Bildes, das verlogene Zensur anklagt. Wer genau hingesehen hat, bemerkte ein Spiegelbild der Gesellschaft. Gewalt und Perversionen sind allgegenwärtig - dagegen wurde das Menschliche, Schöne (im Bild der Liebesakt. die einzige zärtliche Berührung) durch ein Zensur-Schild abgedeckt. Was das mit Jazz zu tun hat? Es ist keine 60 Jahre her, daß staatliche Zensur das Volk vor dieser "entarteten Musik" geschützt hat. Im gleichen Zuge wurden Bücher und Bilder verbrannt. Ein Bild, wie das von Ipett Schwarzweldt, wäre dabei gewesen. Bis heute kämmt der Jazz die Musik gegen den Strich und räumt mit Hörgewohnheiten auf, genau wie Schwarzweldt die Malerei gegen den Strich kämmt und mit Sehgewohnheiten aufräumt. Demokratie wird nicht durch Vorenthalten gelebt, sondern durch Aufzeigen und Diskussionen. Wer sich verletzt fühlt, schützt sich selbstbestimmt, indem er den Künstler herausfordert oder sich abwendet, und seine persönlichen kulturellen Vorlieben verstärkt. Kinder stellen angesichts der Bilder Fragen. Ihre erwachsenen Begleiter sind in der Lage, differenziert zu antworten. Werte verfallen erst, wenn keine oder unehrliche Antworten gegeben werden. Wer inhaltliche Kontrolle durch Kulturbehörden oder Veranstalter fordert, begibt sich leichtfertig auf dünnes Eis. Die Rechnung zahlt der Nachbar, der Salman Rushdie im Keller versteckt - auch wenn er dessen Bücher nicht mag.
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