William Boot, der beim Daily Beast eine Kolumne zum Thema Natur und Landleben hat, wird 1938 aufgrund einer Verwechslung als Kriegsberichterstatter in das afrikanische Krisengebiet Ishmaelia entsandt. Boot erweist sich entgegen allen Erwartungen seiner Aufgabe gewachsen: Die Bekanntschaft mit einem Geschäftemacher und einer schönen Ausländerin verhilft dem belächelten Korrespondenten zu einer sensationellen Exklusivstory.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 07.02.2014NEUE TASCHENBÜCHER
Die Mission des Haubentauchers:
Zwei Neuausgaben von Evelyn Waugh
Was passiert, wenn englische Exzentriker abroad mit der modernen Welt kollidieren und das imperiale Highbrow-Ego angekokelt wird – dieses sein bevorzugtes Thema spielt Evelyn Waugh (1903-1966) in zwei Büchern durch, die nun in neuen, durchgesehenen Ausgaben vorliegen. Eine Einladung, einen Autor wiederzuentdecken, der sich durch seinen anarchischen Humor als Vorläufer von Monty Python ausweist. John Cleese wäre denn auch die Idealbesetzung für die Rolle des ebenso blasierten wie faden Lehrers für Alte Sprachen Scott-King, der unvorsichtigerweise eine Einladung in den fiktiven totalitären Balkanstaat Neutralien annimmt. Dabei macht er Bekanntschaft mit den für diktatorische Regime typischen Schikanen – vom pappsüßen roten Schaumwein über das rätselhafte Verschwinden einzelner Konferenzteilnehmer bis hin zu den Schwierigkeiten, das Land wieder zu verlassen, nachdem der Gastgeber in Ungnade gefallen ist. Dass es „ausgesprochen niederträchtig“ ist, „junge Menschen auf die moderne Welt vorzubereiten“, lautet das pädagogische Fazit am Ende von „Scott-Kings moderne Welt“, einer Erzählung, die knapp zehn Jahre nach Waughs Journalisten-Satire „Scoop“ entstand.
Hier wird der junge Landedelmann William Boot, der für das Daily Beast die Natur-Kolumne „Üppige Auen“ schreibt, Opfer einer Verwechslung und als Sonderberichterstatter in eine afrikanische Krisenregion entsandt. Doch mit stiff upper lip und dem Glück des reinen Toren bietet der eigentlich auf flaumige Nager und bedrohte Haubentaucher spezialisierte Einfaltspinsel Boot der „Fleet-Street-Zoologie“ die Stirn und landet schließlich das, was in einer älteren Übersetzung des Buchtitels noch „Knüller“ genannt wurde. In „Scoop“ verarbeitet der gewesene Abessinien-Korrespondent Waugh seine Erfahrungen mit frühem Borderline-Journalismus und postkolonialen Operettenrepubliken im Stil einer Screwball-Comedy. Nicht jedermanns cup of tea? Vorsicht, dieser hinreißend böse Roman ist mit politischer Unkorrektheit vergiftet. CHRISTOPHER SCHMIDT
Evelyn Waugh: Scoop. Roman. 320 Seiten, 11,90 Euro. Und: Scott-Kings moderne Welt. Erzählung. 112 Seiten, 9,90 Euro. Beide im Diogenes Verlag, Zürich 2014.
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Die Mission des Haubentauchers:
Zwei Neuausgaben von Evelyn Waugh
Was passiert, wenn englische Exzentriker abroad mit der modernen Welt kollidieren und das imperiale Highbrow-Ego angekokelt wird – dieses sein bevorzugtes Thema spielt Evelyn Waugh (1903-1966) in zwei Büchern durch, die nun in neuen, durchgesehenen Ausgaben vorliegen. Eine Einladung, einen Autor wiederzuentdecken, der sich durch seinen anarchischen Humor als Vorläufer von Monty Python ausweist. John Cleese wäre denn auch die Idealbesetzung für die Rolle des ebenso blasierten wie faden Lehrers für Alte Sprachen Scott-King, der unvorsichtigerweise eine Einladung in den fiktiven totalitären Balkanstaat Neutralien annimmt. Dabei macht er Bekanntschaft mit den für diktatorische Regime typischen Schikanen – vom pappsüßen roten Schaumwein über das rätselhafte Verschwinden einzelner Konferenzteilnehmer bis hin zu den Schwierigkeiten, das Land wieder zu verlassen, nachdem der Gastgeber in Ungnade gefallen ist. Dass es „ausgesprochen niederträchtig“ ist, „junge Menschen auf die moderne Welt vorzubereiten“, lautet das pädagogische Fazit am Ende von „Scott-Kings moderne Welt“, einer Erzählung, die knapp zehn Jahre nach Waughs Journalisten-Satire „Scoop“ entstand.
Hier wird der junge Landedelmann William Boot, der für das Daily Beast die Natur-Kolumne „Üppige Auen“ schreibt, Opfer einer Verwechslung und als Sonderberichterstatter in eine afrikanische Krisenregion entsandt. Doch mit stiff upper lip und dem Glück des reinen Toren bietet der eigentlich auf flaumige Nager und bedrohte Haubentaucher spezialisierte Einfaltspinsel Boot der „Fleet-Street-Zoologie“ die Stirn und landet schließlich das, was in einer älteren Übersetzung des Buchtitels noch „Knüller“ genannt wurde. In „Scoop“ verarbeitet der gewesene Abessinien-Korrespondent Waugh seine Erfahrungen mit frühem Borderline-Journalismus und postkolonialen Operettenrepubliken im Stil einer Screwball-Comedy. Nicht jedermanns cup of tea? Vorsicht, dieser hinreißend böse Roman ist mit politischer Unkorrektheit vergiftet. CHRISTOPHER SCHMIDT
Evelyn Waugh: Scoop. Roman. 320 Seiten, 11,90 Euro. Und: Scott-Kings moderne Welt. Erzählung. 112 Seiten, 9,90 Euro. Beide im Diogenes Verlag, Zürich 2014.
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»Einer der großen Meister der englischen Prosa... Es ist nie zu spät, Evelyn Waugh zu lesen oder wiederzulesen.« Time Magazine Time Magazine