Studienarbeit aus dem Jahr 2007 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1,0, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg (Institut für Germanistik), Veranstaltung: Seminar zum Thema "Kindsmord in der Literatur", Sprache: Deutsch, Abstract: Wenn die Ehre über Leichen geht… Ermordet Brentano seine Charaktere der Ehre wegen Selbstmord, Kindsmord, Hinrichtung und Sterben als Folge und Erfüllung verschiedener Ehrvorstellungen in Brentanos “Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl“ „Die Ehre ist – die Ehre.“ , sagt Lessings Minna in „Minna von Barnhelm“ und bezieht sich damit auf eine ganz bestimmte Art der Ehre. Eine militärisch geprägte, die durch andere, ranghöhere Personen, erzeugt und zugesprochen wird und hier sogar demjenigen, dem sie anhaftet die materielle Basis eines standesgemäßen Lebens im Sinne einer Voraussetzung zur Honorierung des geleisteten Kriegsdienstes einbringt. Ehre ist allerdings kein homogener und stabiler Begriff, sondern vielmehr ein gesellschaftsabhängiges und durch Gesellschaft erzeugtes konstituierendes Moment des Zusammenlebens. „Die Ehre ist, objektiv, die Meinung anderer von unserem Wert, und, subjektiv, unsere Furcht vor dieser Meinung.“ Arthur Schopenhauer (1788-1860) Ehre ist also ein heterogener, zweiseitiger, instabiler und gesellschaftlich entwicklungsabhängiger Begriff, welcher sowohl den subjektiven Selbstwert, also auch den intersubjektiven, gesellschaftlichen Wert eines Individuums bezeichnet. Als ein solch lebenskonstituierendes Phänomen hat auch Brentano in seiner „Geschichte vom braven Kasper und dem schönen Annerl“ den Ehrbegriff in verschiedenen Ausformungen und mit unterschiedlichen diesseitigen und jenseitigen Konsequenzen als ein Zentralmotiv und Ursache für menschliche Tragödien dargestellt. Das, was seine Charaktere verbindet, ist auch gleichzeitig, das was sie im Leben und damit im Diesseits voneinander trennt: Ihr Ehrbegriff. Trotz allem unterscheiden sie sich gravierend im Verständnis des Begriffs. Im gemeinsamen „ehrlichen Grab“ werden die Charaktere wiederum durch ihren, wenn auch sehr unterschiedlichen, Tod und die Beerdigung geeint. Ehre und Tod werden in dieser Novelle damit motivisch verbunden. Auffällig ist, dass die drei Haupthandlungsträger einen eigenen Ehrbegriff vertreten und die Novelle nicht überleben. Brentano lässt sie alle sterben. Es stellt sich daher die Frage nach dem Zusammenhang zwischen Ehre und Tod bzw. die Frage, ob die verschiedenen Ausführungen des Sterbensmotivs als Konsequenzen und/oder Erfüllungen der unterschiedlichen Ehrvorstellungen zu betrachten sind?