Vom Sklavenwiderstand bis zum Jiu-Jitsu der Suffragetten, vom Aufstand im Warschauer Ghetto bis zu den Black Panther und den Queer-Patrouillen zeichnet Elsa Dorlin in ihrem preisgekrönten Buch eine Genealogie der politischen Selbstverteidigung nach. Diese Geschichte der Gewalt wirft ein neues Licht auf die Definition der modernen Subjektivität und die zeitgenössische Sicherheitspolitik. Sie führt zu einer Neuinterpretation der politischen Philosophie, in deren Rahmen Hobbes und Locke mit Frantz Fanon, Michel Foucault, Malcolm X, June Jordan und Judith Butler in ein faszinierendes Streitgespräch geraten.
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 29.12.2021Milo Rau
Regisseur
Zu Beginn der Corona-Epidemie gründete ich am Genter Theater die „School of Resistance“, ein Netzwerk von Aktivist*innen. Mit dabei sind immer wieder Teilnehmer*innen, die in ihrem jeweiligen Land als „Terrorist*innen“ eingestuft werden – seien es brasilianische Umweltaktivist*innen oder polnische Feminist*innen. Eine historische Konstante: Die französischen Résistants unter der deutschen Besatzung, die Black Panthers in den USA, die Pussy Riots unter Putin: sie alle galten zu ihrer Zeit als Terrorist*innen und wurden vom Staat verfolgt. Wer entscheidet aber, welcher Widerstand legitim, also zivile Selbstverteidigung ist – und was nur kriminelle Gewalt? Die Philosophin Elsa Dorlin geht der Frage in ihrem Buch „Selbstverteidigung“ (Suhrkamp, Berlin 2020, 314 Seiten, 32 Euro) historisch von den Sklavenaufständen bis zu Black Lives Matter und von den „Amazonenbataillonen“ der Französischen Revolution bis zu den Revenge-Romanen des Postfeminismus nach. Die Revolte als Selbstermächtigung des Opfers: „Jäger zum Wild geworden. Wild zum Jäger. Henker zum Opfer. Opfer zum Henker.“ Das meistzitierte und wichtigste Buch der neuesten französischen politischen Philosophie, eine Art Neuauflage der „Verdammten dieser Erde“ fürs 21. Jahrhundert, wurde in Deutschland bislang kaum beachtet. Zeit, das nachzuholen.
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Zu Beginn der Corona-Epidemie gründete ich am Genter Theater die „School of Resistance“, ein Netzwerk von Aktivist*innen. Mit dabei sind immer wieder Teilnehmer*innen, die in ihrem jeweiligen Land als „Terrorist*innen“ eingestuft werden – seien es brasilianische Umweltaktivist*innen oder polnische Feminist*innen. Eine historische Konstante: Die französischen Résistants unter der deutschen Besatzung, die Black Panthers in den USA, die Pussy Riots unter Putin: sie alle galten zu ihrer Zeit als Terrorist*innen und wurden vom Staat verfolgt. Wer entscheidet aber, welcher Widerstand legitim, also zivile Selbstverteidigung ist – und was nur kriminelle Gewalt? Die Philosophin Elsa Dorlin geht der Frage in ihrem Buch „Selbstverteidigung“ (Suhrkamp, Berlin 2020, 314 Seiten, 32 Euro) historisch von den Sklavenaufständen bis zu Black Lives Matter und von den „Amazonenbataillonen“ der Französischen Revolution bis zu den Revenge-Romanen des Postfeminismus nach. Die Revolte als Selbstermächtigung des Opfers: „Jäger zum Wild geworden. Wild zum Jäger. Henker zum Opfer. Opfer zum Henker.“ Das meistzitierte und wichtigste Buch der neuesten französischen politischen Philosophie, eine Art Neuauflage der „Verdammten dieser Erde“ fürs 21. Jahrhundert, wurde in Deutschland bislang kaum beachtet. Zeit, das nachzuholen.
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»Das meistzitierte und wichtigste Buch der neusten französischen politischen Philosophie, eine Art Neuauflage der Verdammten dieser Erde fürs 21. Jahrhundert ...« Milo Rau Süddeutsche Zeitung 20211229