Studienarbeit aus dem Jahr 2017 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1,0, Philipps-Universität Marburg, Sprache: Deutsch, Abstract: In der vorliegenden Hausarbeit soll zunächst die Genese von Wedekinds Tragödie im Bedingungsfeld der zeitgenössischen Rezeption skizziert werden. Da „Lulu“ nämlich in der wilhelminischen Epoche als moralisch anrüchig gewertet worden ist, hat ihre Aufführung einen der größten Literatur- resp. Theaterskandale des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts zur Folge gehabt, weshalb sich der Autor auch zu zahlreichen Umarbeitungen seines Dramas gezwungen gesehen hat. Im Folgenden soll dann die Entfaltung des Themenkomplexes „(weibliche) Sexualität“ und die damit verknüpfte Gesellschaftskritik im Werk anhand ausgewählter, exemplarischer Textstellen erarbeitet werden. So wird erkennbar, inwieweit exakt aus soziokultureller Perspektive „Lulu“ die bürgerliche Toleranzschwelle überschreitet (insbesondere mit Blick auf Rechts- und Konventionalitätsaspekte). Außerdem werden zugleich Einblicke in die Normen- und Wertewelt der Gesellschaft um 1900 ermöglicht. Obschon die negative Kollektivresonanz durchaus mit dem antinaturalistischen Grundkonzept der Tragödie, welches die ästhetische Norm des damaligen (Bildungs-)Bürgertums provoziert hat, in Verbindung steht, ist es schließlich doch primär ebenjene Sexualitätsthematik gewesen, die unter Berufung auf die sog. „Lex Heinze“ 1906 zum Aufführungsverbot des Dramas geführt hat. Zum Abschluss der Seminararbeit soll dann in Kürze die sich im Werk manifestierende zynisch-satirische Reflexion Wedekinds über die Zensurmaßnahmen gegen sein Stück dargelegt werden, indem beispielhafte Szenen in Hinblick auf ihren autoreferentiellen Charakter beleuchtet werden.