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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
© Perlentaucher Medien GmbH
Kugeln kosten
Faschismus in den sozialen
Medien für Jugendliche
Die junge Frau lächelt in die Kamera: „Hi, ich bin Juli.“ Mehr als 100 000 Abonnenten hat ihr Youtube-Kanal, dazu besuchen sie Tausende Follower auf Instagram und verfolgen ihre Bilder auf Tiktok. Sie erzählt von ihrem Alltag, von ihrer Familie, vom Shoppen, aber auch davon, dass sie Angst hat, abends rauszugehen, weil die Politiker versagt hätten. Lisa Duhm beginnt ihr Sachbuch „Sie sind überall. Gegen Faschismus in deinem Feed“ mit dem fiktiven Auftritt dieser jungen Youtuberin, die sie als eine kluge junge Frau darstellt, die aber gefährlich ist: „Denn Juli ist rechts. Man merkt das nur nicht.“
Denn die sozialen Medien, als wichtigste Informationsquelle der Jugendlichen, werden zunehmend von rechtsradikalen und antidemokratischen Agitatoren genutzt. Und die Autorin zeigt in den folgenden Auftritten der Youtuberin, wie suggestiv und rhetorisch geschickt dies geplant wird. Die offen rechts agiert, an ihrer Seite einen Freund, der sich als Mitglied der „Identitären“ outet.
Neben der Youtuberin werden Sachtexte gesetzt, die mit Fakten darüber aufklären, wie rechte und menschenverachtende Begriffe wie „Asyltourismus“ bewusst eingesetzt werden. Wie Rassismus, Islamfeindlichkeit, Fremdenhass und Antisemitismus gut getarnt bei Auftritten wie der Youtuberin Juli verharmlost werden.
Welches Programm steckt hinter dieser undemokratischen Agitation, wie sieht die Ideologie des Rechtsradikalismus in den politischen Programmen, zum Beispiel bei der NPD oder der AfD, aus? Wo versteckt sich rechte Ideologie hinter Verschwörungsmythen und Fake News? Sie sind gefährlich, weil sie psychologisch geschickt Ängste der Menschen nutzen, um ihre Ziele zu erreichen, die Demokratie durch Terror und Gewalt zu zerstören. „Meist richten sich ihre Taten gegen Muslime, Schwarze Menschen oder Juden – kurz: Menschen, von denen sie glauben, dass sie anders sind. Allein im Jahr 2019 registrierte die Polizei fast 1000 Gewalttaten.“
Die Autorin hat aber immer ihre junge Leserschaft im Blick, die sie politisch sensibilisieren will. Sie soll lernen, wie man den Rechtspopulismus enttarnen und bekämpfen kann, und nicht mit zu theoretischer Sprache abgeschreckt werden. Als Beispiel lässt sie einen Aussteiger erzählen, der heute in Schulen über seine rechte Vergangenheit redet. Und darüber, wie er als Mitglied einer ostdeutschen Nazigruppe auf die große Revolution vorbereitet wurde, dort lernen sollte, wie man die Gegner „Lehrer, Sozialarbeiter und Politiker“ umbringt, und erfährt, was die Kugeln dafür wohl kosten würden. Doch als darüber diskutiert wurde, wie man am besten „die eigenen Eltern“ tötet, verließ er schockiert die Gruppe.
Am Schluss soll noch ein Selbsttest zeigen, wie sehr wir schon von rechts infiltriert sind. (ab 12 Jahre, besonders für den Schulunterricht)
ROSWITHA BUDEUS-BUDDE
Lisa Duhm: Sie sind überall. Gegen Faschismus in deinem Feed. Gabriel 2021. 125 Seiten, 15 Euro.
Als Beispiel lässt sie einen
Aussteiger über seine
rechte Vergangenheit erzählen
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