»Nicht zuletzt der mit dem Nobelpreis ausgezeichnete Roman eines Schicksallosen von Imre Kertész hat mich dazu bewegt, auch meine Geschichte zu Papier zu bringen. Mein Leben im straff durchorganisierten Konzentrationslager als 14-Jähriger hatte viele Ähnlichkeiten mit dem Lageralltag von Kertész' 15-jährigem Schicksallosen. Dennoch hatte ich zunehmend den Eindruck, dass ich all das ganz anders erlebt habe als mein Leidensgenosse Kertész. Das mag daran liegen, dass mein Umfeld in der Kindheit ein anderes war. Mein schon damals vorhandenes qualvolles Streben nach Objektivität ließ mich selbst meinem Vater kritisch gegenüberstehen, der ebenfalls im Lager lebte und mir bestimmt fünfmal das Leben gerettet hat, während er selbst in den letzten Tagen im Lager gestorben ist. Es wird dieses quälende Bedürfnis nach Objektivität gewesen sein, das mich alles anders sehen ließ als Kertész' Held: mich selbst, meine Mitgefangenen, die Wachen - und auch jene alten bayrischen Bauern, denen ich im April 1945, wenn auch nur für Minuten, begegnet bin. Die psychische >Distanzierung< ist mir so gut gelungen, dass ich in den letzten sechzig Jahren kein einziges Mal vom Lager geträumt habe. ..."
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