Albertalli thematisiert sehr lebensnah und gefühlvoll, wie es ist, jung und schwul zu sein. Und sie macht es so wunderschön, dass meine Worte dieser Geschichte im Grunde gar nicht Rechnung tragen können. Simon befindet sich mitten im aufregenden und mitunter auch beängstigenden Prozess zwischen
Selbstfindung und seinem Coming-out. Wie das vonstatten gehen soll, kann er sich überhaupt nicht…mehrAlbertalli thematisiert sehr lebensnah und gefühlvoll, wie es ist, jung und schwul zu sein. Und sie macht es so wunderschön, dass meine Worte dieser Geschichte im Grunde gar nicht Rechnung tragen können. Simon befindet sich mitten im aufregenden und mitunter auch beängstigenden Prozess zwischen Selbstfindung und seinem Coming-out. Wie das vonstatten gehen soll, kann er sich überhaupt nicht vorstellen. Wann ist der richtige Zeitpunkt? Wie werden es seine Freunde und seine Familie aufnehmen? Ein Lichtblick ist der anonyme Austausch mit einem anderen schwulen Mitschüler. Er nennt sich Blue und wird Simon’s engster Vertrauter. Sie erzählen aus ihrem Leben, schreiben über das Coming-out und die Familie und kommen sich mit jeder E-Mail näher.
Diese E-Mails sind es, die mich am meisten berührt haben. Die Worte darin sind ein vorsichtiges Tasten und Fühlen, Simon und Blue wagen sich einen Schritt vor, warten bang auf die Antwort, und sehnen sich nach den nächsten Worten. Es ist einfach zauberhaft, diese Kommunikation mitzuerleben, in die Köpfe der beiden eintauchen zu können. Man erlebt mit, wie sich beide langsam aber unausweichlich ineinander verlieben, wie sie rätseln, wer der andere wohl sein mag, wie sie überlegen, ob sie einander treffen sollen. Es ist eine erste Liebe, die so intensiv und aufregend und romantisch ist, wie man es sich nur vorstellen kann.
Doch es gibt Komplikationen, die Simon im Verlauf des Buches beschäftigen. Denn ein Mitschüler, der zufällig eben jene E-Mails gelesen hat, setzt Simon unter Druck: Verkuppelt er ihn nicht mit seiner Freundin Abby, wird er der ganzen Schule verraten, dass Simon schwul ist. Nun heißt es für Simon sich zu entscheiden, ob er das Spiel mitspielt oder sein Coming-out jemand anderem in die Hände legt.
Simon gefiel mir als Protagonist sehr gut. Seine Art zu reden! „You sort of talk the way you write“ wird an einer Stelle über Simon gesagt. Und das stimmt. Becky Albertalli schreibt die Geschichte aus seiner Perspektive und hat genau den richtigen Ton gefunden. Humorvoll und ironisch, fluchend und zwischen himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt hin und her gerissen. Vor allen aber durch und durch liebenswert. Das liegt vor allem an den kleinen Details, die einem Simon unglaublich nahe bringen. Sein Musikgeschmack zum Beispiel, die kleinen, nebensächlichen Anekdoten, die er in E-Mails erzählt, das mehrfache Gegenlesen der E-Mails ehe er sie absendet, damit sie keine Rechtschreibfehler enthalten – ich könnte immer weitermachen und letztendlich jeden Satz des Buches wiedergeben.
Umrahmt wird die Geschichte um Simon und Blue von einer Gruppe enger Freunde, die ihren eigenen Packen an Problemen mit sich herumtragen. Sie sind hoffnungslos oder hoffnungsvoll verliebt, streiten und versöhnen sich – die jugendlichen Dramen eben, ohne diese abwerten zu wollen. Denn was wäre Jugend ohne diese Dramen? Ohne diese Spannung und Unsicherheit? Becky Albertalli hat quasi die Essenz des Jungseins eingefangen und gibt es ungefiltert an ihre Leser weiter. Ich fühlte mich schlagartig, als sei ich wieder sechszehn Jahre als und würde erneut diese Intensität des Lebens und Erlebens spüren. Wie schade, dass dies manchmal mit zunehmendem Alter verloren geht und wie gut, dass es Bücher gibt, die einem ein kurzes Verweilen in dieser Zeit ermöglichen.
bFazit/b
„Simon vs. the Homo Sapiens Agenda“ von Becky Albertalli ist eine Geschichte, die im Herzen ankommt. In jedem Wort schwingen Humor und echte Emotionen mit, die einem Simon, Blue und alle anderen Charaktere sehr nahe bringen. Albertalli verbindet eine klassische Coming-of-Age Geschichte mit den Themen Sexuelle Orientierung, Freundschaft und Familie, Toleranz und Liebe. Und das ist ihr wirklich sehr gut gelungen. Ich habe lange kein Buch mehr in der Hand gehalten, das mich so sehr berührt hat, das mich gefangen genommen hat, das mich lachen ließ und schlichtweg bezauberte.