Spannender Genre-Mix, der leider nicht ganz aufgeht
„Sisters in Blood – Der Schwur“ von Genevieve Gornichec, erschienen 2024 bei Bastei Lübbe, ist zunächst einmal auf jeden Fall eines der schönsten Bücher, die ich je in den Händen hielt, was für eine tolle Gestaltung! Ein wunderschönes Cover geht
nahtlos über in einen ebenso genialen Farbschnitt, ich habe mich jedes Mal gefreut, wenn ich das…mehrSpannender Genre-Mix, der leider nicht ganz aufgeht
„Sisters in Blood – Der Schwur“ von Genevieve Gornichec, erschienen 2024 bei Bastei Lübbe, ist zunächst einmal auf jeden Fall eines der schönsten Bücher, die ich je in den Händen hielt, was für eine tolle Gestaltung! Ein wunderschönes Cover geht nahtlos über in einen ebenso genialen Farbschnitt, ich habe mich jedes Mal gefreut, wenn ich das Buch zum Lesen in die Hand nehmen konnte.
Die Handlung spielt in der Wikingerzeit und befasst sich dort aber eben nicht mit den starken Männern, sondern vielmehr mit drei starken Frauen, Gunny, Oddny und Signy, drei Schwurschwestern, die auseinandergerissen werden und auf der Suche nach einander vielleicht auch sich selbst finden. Dabei begegnen sie als Widersacherinnen viel Magie und so einigen Hexen, finden Partner und verlieren sie wieder, kommen zueinander, um doch wieder auf die Reise zu gehen. Ein großartiges Thema!
Das Buch liest sich für gut, die vielen Informationen über die Wikingerzeit fließen wie nebenbei ein, der Härtegrad ist gut gewählt, es wird deutlich, was für eine karge und brutale Zeit das war bis hin zur Sklaverei und üblen Beutezügen, aber es ist auch nicht übertrieben blutrünstig oder auf Effekt geschrieben. Wir erleben eine mehrfache From-Enemy-To-Lover Konstellation, auch Romance kommt also noch in den Genremix hinein, so dass wir letztlich eine irgendwie historisch-romantische Fantasy vor uns haben, die auch vor Themen des 21. Jahrhunderts keinen Halt macht. Streckenweise hat das Buch Pageturner-Qualität und ist kaum aus der Hand zu legen – in anderen Abschnitten allerdings zieht sich die Handlung doch etwas, was leider dazu führt, dass zu Ende hin im Gegenzug sehr schnell geschrieben wird und ein Hauptstrang der Handlung leider komplett geopfert wird, was mich persönlich sehr enttäuscht hat. Spannend fand ich, wie die negativen Aspekte der Wikingerzeit angesprochen werden, die Traumatisierung, die aus den Raubzügen und Schlachten auch bei den ausführenden Wikingern hervorgeht und das Schweigen, das entsteht. Das habe ich so noch nirgendwo gelesen, ist aber ganz sicher realistisch, finde ich gut, das zu beleuchten. Auch stark, wie im Roman einerseits Frauensolidarität ganz oft gezeigt wird, andererseits aber auch deutlich gemacht wird, dass es auch da große Revierkämpfe gibt.
Was für mich leider nicht aufging, waren viele Gedanken und Formulierungen, die klar ins 21. Jahrhundert gehören, was den Reflektionsgrad angeht, mit dem die Menschen im Roman all dies verfertigen. Die Autorin bringt queere Thematik mit ins Buch – was ich gut und legitim finde, denn queere Menschen gab es natürlich schon immer, sie gehören zur Lebensrealität in allen Zeiten. Grundsätzlich also super, Queerness in ein Buch über die Wikingerzeit einzubringen. Aber sämtliche Gespräche und Konfliktlösungen waren so eindeutig im Denken des 21. Jahrhunderts verhaftet, dass sich hier für mich leider der Zeithorizont komplett gesprengt hat.
Das schnell geschriebene Ende führt zu weiteren Inkongruenzen, die Auflösung des Geschehens ist ein etwas zu großes Wunder und noch dazu wird hier sämtliche Logik außer Acht gelassen – wer als lesende Person noch einmal ein paar Kapitel zurückblättert, wird sicher feststellen, dass hier Dinge einfach nicht zusammengehen.
So bin ich insgesamt leider etwas enttäuscht von diesem Buch, das stark anfängt, sich aber dann immer weiter von seinem Ursprung entfernt (und auch die isländische Saga maximal noch als Folie benutzt). Ich hatte auch deutlich weniger Magie erwartet, das Ausmaß hat mich dann doch überrascht. So kann ich mich leider wegen des letzten Drittels und der doch sehr starken Ausreißer ins 21. Jahrhundert nur zu 3,5 Sternen durchringen, der gewählte Genre-Mix ist für mich hier noch nicht fertig gedacht und leider nicht sauber durchgestaltet. Dennoch ist das Buch grundsätzlich eine Lesereise wert – und vielleicht ist ja der wahrscheinlich folgende zweite Band (das Ende deutet eine Fortsetzung an) dann einen Schritt weiter, ich würde es mir wünschen!