Der Erste Weltkrieg bringt einen österreichischen Soldaten in ein Karpatendorf. Eine junge Frau besucht nachts die "Geheime Gesellschaft der Schlaflosen". Ein Motorradfahrer ist überzeugt, dass er sterben und die Mondlandung der Amerikaner versäumen wird. Eine Frau beobachtet die Ausfahrt eines Fischerbootes, das nie mehr zurückkehren wird. - Über vier Generationen des 20. Jahrhunderts und vier Ländergrenzen hinweg erzählt Iris Wolff davon, wie historische Ereignisse die Lebenswege von Einzelnen prägen. Zwischen Freiheit und Anpassung, Zufall und freiem Willen erfahren ihre Protagonisten: Es gibt Dinge, die zu uns gehören, ohne dass wir wüssten, woher sie kommen. Und es gibt Entscheidungen, die etwas bedeuten, Wege, die unumkehrbar sind, auch wenn wir nie wissen werden, was von einem Leben und den Generationen vor ihm bleiben wird. Iris Wolff hat ein poetisches und beglückendes Buch geschrieben, schonungslos, klug und sprachlich brillant. Mit sensiblen Beobachtungen, atmosphärisch dichten Dialogen und starken, eigenwilligen Figuren zeichnet sie in ihren Erzählungen behutsam eigene Welten, die im Zusammenspiel neue Tiefe entfalten und vielschichtige Perspektiven aufeinander eröffnen.
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buecher-magazin.deEs war einmal und ist doch nie geschehen. Was Hedda an diesem rätselhaften Anfang rumänischer Märchen mag, ist die Offenheit, alles zu hinterfragen. Ihre Großmutter Henriette, deren Familie aus Siebenbürgen stammt, ist ein Freigeist, sie lebte jenseits der Konventionen und konnte frei erzählen: "Es sind nicht unbedingt die Hauptfiguren, die wichtig sind. Alle jene, die kurz, manchmal nur am Rande erwähnt sind, sie wollen wir nicht vergessen." Iris Wolff vergisst sie nicht, obwohl es nur wenige Augenblicke und Begegnungen sind, die in diesem schmalen Erzählband vier Generationen im Kopf des Lesers zusammenwachsen lassen. Denn die Summe dieser Leben ist so viel mehr als die kleinen Schlaglichter, die Wolff in ihrer gleichsam reduzierten wie bildreichen Sprache setzt. Die Bergwelt der Karpaten, in die es den jungen Soldaten Jacob im Ersten Weltkrieg verschlägt, ist ebenso lebendig wie Elmars Garten, in den sich die junge Henriette bei der "Gesellschaft der Schlaflosen" einschleicht. Viccos halsbrecherische Motorradfahrt zur Mondlandung, das Leben zwischen den Gezeiten der Geschichten auf La Gomera seiner Tochter Hedda - was all diese Menschen verbindet, ist die Gabe, ganz im Moment zu leben und sich gleichzeitig in Gedanken davonzustehlen. In ihrer rumänischen Muttersprache heißt das: So tun, als ob es regnet.
© BÜCHERmagazin, Tina Schraml (ts)
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