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Das Motiv der verfeindeten Brüder verweist wie kaum ein anderes auf das Spannungsverhältnis von Identität und Alterität. Bekanntlich spielt bei der Konstitution von Identität der gesellschaftliche Kontext eine wichtige Rolle. Der Andere dient dem Individuum einerseits als Reflektorfigur, mit deren Hilfe sich das Ich selbst bespiegeln kann, und andererseits als das Gegenüber, von dem es sich zur eigenen Identitätsfindung abgrenzt. Damit wird der Andere jedoch zu einem unverzichtbaren Bestandteil der Identitätskonstruktion und damit des Ich selbst, wie schon Theodor W. Adorno in der "Negativen…mehr

Produktbeschreibung
Das Motiv der verfeindeten Brüder verweist wie kaum ein anderes auf das Spannungsverhältnis von Identität und Alterität. Bekanntlich spielt bei der Konstitution von Identität der gesellschaftliche Kontext eine wichtige Rolle. Der Andere dient dem Individuum einerseits als Reflektorfigur, mit deren Hilfe sich das Ich selbst bespiegeln kann, und andererseits als das Gegenüber, von dem es sich zur eigenen Identitätsfindung abgrenzt. Damit wird der Andere jedoch zu einem unverzichtbaren Bestandteil der Identitätskonstruktion und damit des Ich selbst, wie schon Theodor W. Adorno in der "Negativen Dialektik" feststellte. Diesen daraus entstehenden Urkonflikt – die Eingebundenheit des Individuums in die Gesellschaft bei gleichzeitigem Streben nach Individualität – spiegelt der Kain-Abel-Komplex wider. Die Autoren Reinhard Jirgl und Juan Benet greifen in ihren Romanen auf dieses Motiv zurück und verknüpfen es mit konkreten Gedächtnisdiskursen in Deutschland und Spanien. Sie decken widerstreitende Positionen innerhalb des kulturellen, aber auch des kommunikativen und individuellen Gedächtnisses auf. In der vorliegenden Monographie werden die dabei zur Anwendung kommenden impliziten wie expliziten Darstellungsmittel untersucht, die den (Re-)Konstruktionscharakter, die Instabilität und Manipulierbarkeit des Gedächtnisses und die daraus resultierenden Auswirkungen auf die Identität abbilden. Im Mittelpunkt der Arbeit steht also die Trias aus Erinnerung – Identität – Literatur, wobei die literarischen Verfahren, die die Autoren einsetzen, um Identitäts- und Erinnerungskonstruktionen darzustellen und zu hinterfragen, besondere Aufmerksamkeit erfahren. In diesem Zusammenhang wird analysiert, wie die hier untersuchten Romane neue Sinnangebote erzeugen, indem sie Gegen-Erinnerungen entwerfen und so zu einem Medium der Aushandlung von Erinnerungskonkurrenzen werden.
Autorenporträt
Johanna Vollmeyer, geb. 1981, promovierte 2015 an der Universidad Complutense de Madrid im Fachbereich Germanistik. Ihre Dissertation über das Motiv der verfeindeten Brüder wurde mit dem Premio Extraordinario de Doctorado der Universität ausgezeichnet. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören memory studies, Identitäts- und Alteritätskonzepte, die Funktion von Mythen in der Moderne sowie Fragen der Gewalt und Macht in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur. Seit 2013 arbeitet Vollmeyer als Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Unviersidad Complutense de Madrid und der Universidad Pontificia Comillas. Zudem ist sie am Goethe-Institut in Madrid tätig.