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Der vorliegende Band der Tolstoi-Friedensbibliothek enthält vier späte Erzählungen, die der russische Dichter Leo N. Tolstoi (1828-1910) nach seiner religiösen "Kehre" verfasst und auch veröffentlicht hat. Die Übersetzungen stammen aus der Diederichs-Ausgabe der "Gesammelten Novellen" und werden eingeleitet mit Texten von Raphael Löwenfeld. Die Erzählung "Der Tod des Iwan Iljitsch" (Smert Iwana Iljitscha, 1886) erhellt meisterhaft die Verdrängung des Todes in der bürgerlichen Welt und lässt uns teilhaben am Sterbeprozess eines noch vor kurzem aufstrebenden Staatsdieners. Hier wird…mehr

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Produktbeschreibung
Der vorliegende Band der Tolstoi-Friedensbibliothek enthält vier späte Erzählungen, die der russische Dichter Leo N. Tolstoi (1828-1910) nach seiner religiösen "Kehre" verfasst und auch veröffentlicht hat. Die Übersetzungen stammen aus der Diederichs-Ausgabe der "Gesammelten Novellen" und werden eingeleitet mit Texten von Raphael Löwenfeld. Die Erzählung "Der Tod des Iwan Iljitsch" (Smert Iwana Iljitscha, 1886) erhellt meisterhaft die Verdrängung des Todes in der bürgerlichen Welt und lässt uns teilhaben am Sterbeprozess eines noch vor kurzem aufstrebenden Staatsdieners. Hier wird eindrucksvoll die Ansicht widerlegt, nach 1880 habe sich der weltberühmte Verfasser großer Romane ganz auf das Predigen verlegt. Unter dem Titel "Wandelt, dieweil ihr das Licht habt" (Chodite w swete poka est swet, 1887) hat Tolstoi eine von der Zensur verbotene Erzählung "aus der Zeit der frühen Christen" verfasst, die allerdings wirklich der religiösen Erbauungsliteratur zuzuordnen ist. In der berühmt-berüchtigten, z.T. durchaus autobiographisch gefärbten "Kreutzersonate" (Kreizerowa sonata, 1889) erzählt der Gutsbesitzer und gewesene Adelsmarschall Posdnyschow, der aus Eifersucht seine Ehefrau ermordet hat, als Zugreisender die Geschichte seiner Ehe. Erst durch das zu Recht immer wieder kritisierte Nachwort von 1900 wird dieses Werk auf eine Lesart im Sinne der fragwürdigen 'Sexualethik' des späten Tolstois festgelegt. Liebhaberinnen und Liebhaber der Literatur mögen die Nachschrift übergehen. Die Novelle "Der Herr und sein Knecht" (Chozjain i rabotnik, 1895) gehört zu den besten Schöpfungen des unangepassten Grafen. Sie vermittelt in ihrem Zentrum auf erschütternde Weise Tolstois Lebensauffassung, ist jedoch alles andere als eine lehrhafte Tendenzdichtung. Tolstoi-Friedensbibliothek Reihe C, Band 12 (Signatur TFb_C012). Herausgegeben von Peter Bürger.

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Autorenporträt
Leo (Lew) Nikolajewitsch Tolstoi (1828-1910) stammte aus einer begüterten russischen Adelsfamilie; die Mutter starb bereits 1830, der Vater im Jahr 1837. Zunächst widmete sich der junge Graf dem Studium orientalischer Sprachen (1844) und der Rechtswissenschaft (ab 1847). 1851 Eintritt in die Armee des Zarenreiches (Kaukasuskrieg, Krimkrieg 1854). 1862 Eheschließung mit Sofja Andrejewna, geb. Behrs (1844-1919); das Paar hatte insgesamt dreizehn Kinder (Hauptwohnsitz: Landgut Jasnaja Poljana bei Tula). Literarischen Weltruhm erlangte L. Tolstoi durch seine Romane "Krieg und Frieden" (1862-1869) und "Anna Karenina" (1873-1878). Ab einer tiefen Krise in den 1870er Jahren wurde die seit Jugendtagen virulente religiöse Sinnsuche zum "Hauptmotiv" des Lebens. Theologische bzw. religionsphilosophische Arbeiten markieren die Abkehr von einem auf dem Pakt mit der Macht erbauten orthodoxen Kirchentum (Exkommunikation 1901). Für Christen sah Tolstoi ausnahmslos keine Möglichkeit der Beteiligung an Staats-Eiden und Tötungsapparaten (Militär, Justiz, Todesstrafe, Herrschaftsideologie des Patriotismus, blutige Revolution mit Menschenopfern). Die in der Bergpredigt Jesu erkannte "Lehre vom Nichtwiderstreben" ließ ihn schließlich zu einem Inspirator Gandhis werden. Lackmusstext für den Wahrheitsgehalt aller Religionen waren für Tolstoi die Ablehnung jeglicher Gewalt und das Zeugnis für die Einheit der ganzen menschlichen Familie. Thomas Mann fand wenig Gefallen an der hochmoralischen "Kunsttheorie" und den (von Rosa Luxemburg z.T. durchaus geschätzten) Traktaten des späten Tolstoi, bemerkte aber - mit Blick auf die vielen Millionen Toten des Ersten Weltkriegs - 1928 anlässlich der Jahrhundertfeier von Tolstois Geburt: "Während der Krieg tobte, habe ich oft gedacht, dass er es nicht gewagt hätte auszubrechen, wenn im Jahre vierzehn die scharfen, durchdringenden grauen Augen des Alten von Jasnaja Poljana noch offen gewesen wären."