Studienarbeit aus dem Jahr 2010 im Fachbereich Geschichte Europas - Mittelalter, Frühe Neuzeit, Note: 1,0, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg (Historisches Seminar), Veranstaltung: HS: Eine Wende m 1100? Neue Ordnungsentwürfe im Reich und in Europa, Sprache: Deutsch, Abstract: In der historischen Fachliteratur haftet der Geschichte Spaniens die Aura des schwer Nachvollziehbaren, des irgendwie Anderen an. Man stand dem Geschehen jenseits der Pyrenäen eher befremdet gegenüber, und im 19. Jahrhundert wurde die Aussage Europa hört an den Pyrenäen auf! zum geflügelten Wort. Zunächst erscheint diese Haltung als Folge eines jener langlebigen und häufig unbegründeten Vorurteile, die nicht nur in der Geschichte manches Geschehen begleiten – je tiefer die Recherche zu diesem Thema jedoch in die Materie hineinführte, desto deutlicher traten die Ereignisse hervor, auf denen diese Beurteilung beruhte . Das klassische Beispiel für die partikulare Genese der spanischen Nation ist der Begriff der zwei Spanien, der in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts geprägt wurde und eine Entwicklung bezeichnet, die zwar im Spanischen Bürgerkrieg 1936-39 ihren Kulmi-nationspunkt erreichte, aber lange davor ihren Anfang nahm. Je nach der Bewertung der beteiligten Umstände und Faktoren wird dieser Anfang mit verschiedenen Ereignissen verknüpft, etwa mit der Vertreibung der napoleonischen Truppen 1808 oder mit der Regierung der Katholischen Könige (1476 – 1504/06). In dieser Arbeit soll sowohl gezeigt werden, dass sich die Ausbildung zweier entgegensetzter Pole des spanischen Nationalcharakters viel früher, nämlich bereits während des Zweiten Punischen Krieges (218 - 201 a. C.) in der unterschiedlichen Unterstützung für Hannibal und die Scipionen manifestierte , als auch, in welcher Phase sich dieses Auseinanderdriften der gegensätzlichen Spanien in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts befand. Aus dieser Entwicklung ergibt sich die Bedeutung der spätantiken und mittelalterlichen Geschichte auch für das heutige Spanien, in dem die gesellschaftlichen, sozialen und politischen Folgen des Bruderzwistes im 20. Jahrhundert immer noch nicht überwunden sind. Weiterhin wird der Status der politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Strukturen in den christlichen und muslimischen Reichen Spaniens in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts beschrieben und die Frage aufgeworfen, inwiefern diese Prozesse zu einer Europäisierung oder Afrikanisierung der Iberischen Halbinsel führten.