Spazierklänge ist ein fortschreitendes Projekt von Holger Maik Mertin und Volker Kühl, in welchem wir Spaziergänge und Klangexperimente miteinander verweben. Wälder, Parks, aber auch urbane Räume und sogar ein militärischer Ort werden zu Percussioninstrumenten. So betreten, bespielen, durchschreiten, durschschlendern und eignen wir uns die Räume an. Die Themen wie auch Percussion-Pattern folgen unserer Inspiration oder Assoziation. Zunächst unter dem Eindruck des ersten Lockdowns der Corona-Pandemie in Deutschland entstanden, wirkt das Projekt weiterhin in uns nach. So nutzten wir zunächst die politisch angeordnete Stille als Reflexionsfläche und Kulisse. Wir bemerkten, dass unsere eigenen Geräusche (Gehen, Sprechen, Atmen) jetzt viel präsenter und greifbarer waren - und unser Zuhören und künstlerisches Handeln sich intensivierte. Aus der kontemplativen, expansiven und forschenden Form des Gehens sind Texte entstanden, die gesellschaftliche Kontexte reflektieren. Wie eine Kleckerburg werfen sich diese übereinander, fließen ineinander: Aktionismus, Eleganz, Langsamkeit, Musik, Kapitalismus, Raum, Klang, Minimalismus, Performance, gesellschaftliche Bewegung und Transformation. Die Themen sprudeln beim Eintauchen in unser Umfeld hervor. Wir loten dabei seine Möglichkeiten aus, versuchen, dessen Gestalt zu verstehen, dessen Infrastrukturen zu entdecken und zu erspüren. Die Unbegrenztheit der Spazierklänge sollte der spürbaren Fülle entsprechen. Die Form der Texte musste der Essay sein, da Essays die vielfältigen thematischen wie auch stilistisch freien Gedanken auffangen können, die offen, assoziativ, tiefgehend, intensiv, frei, in Rhythmus und Klang variabel sind. Außerdem spiegeln sie die Unabgeschlossenheit unseres Projektes wider. So sind sie manchmal grüblerisch und figurativ und dann auch theoretisch analytisch. Sowohl die thematische Auseinandersetzung als auch die eigentlichen Spazierklänge haben unsere jeweilige Lebensveränderung grundlegend beeinflusst. Sie sind uns zu einem Lebensprinzip und einer Methode geworden. Wir bewegen uns anders. Wir planen anders. Gesellschaftliche und individuelle Prozesse wie Getriebenheit, Kurzweiligkeit, Wahrnehmungskultur, Räume, Emotionalität, Entfremdung von der Natur, maschinelle Durchwirkung der Lebenspraxis gestalten wir so für uns neu.
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