Es ist wohl wahr, daß Spinoza den Menschen als Teil der Natur bestimmt, aber es ist nicht wahr, daß er ihn deshalb als unselbständigen Teil einer Natur im Ganzen begreift. Die vorschnelle, aber verbreitete Meinung, Spinozas Philosophie sei als ein auf den Monismus der Substanz gegründetes deduktives System zu verstehen, beruht auf einer Fehldeutung seines Hauptwerkes, der Ethik. Sie ist vielmehr durch einen Perspektiven-Dualismus gekennzeichnet, der einen doppelten Ausgangspunkt hat: den Ausgang von Gott und den Ausgang vom Menschen. Der diese beiden Glieder verknüpfende Grundgedanke ist der einer durchgängigen Rationalität der Welt; dies ist ein eminent auf den Menschen bezogener Gedanke, da die Begreifbarkeit der Welt nur für ein Wesen von Interesse ist, das zu begreifen vermag. So notwendig Spinoza seiner Ethik die Theorie der Substanz voranstellen muß, so notwendig ist seine Philosophie andererseits eine Theorie des Menschen: der Mensch ist das ausgezeichnete endliche Wesen, das im Akt des Erkennens aus eigenem Können sein eigenes Sein bewahrt, d.h. seine Freiheit erfährt. - Diese These wird in der Vielfalt der Aspekte präsentiert und auf ihren Ertrag für eine Theorie des welthaft existierenden Menschen überprüft.