Kindesmisshandlungen und deren massive Auswirkungen auf die gesamte kindliche Entwicklung beschäftigen die Forschung bereits seit der Antike. Jedoch wurden zunächst eher halbherzige Versuche unternommen deren Bedingungsfaktoren und -hintergründen oder deren Auswirkungen auf den Grund zu gehen. Erst sehr spät, ab den 1960er Jahren, durch erste Untersuchungen der Forschergruppe um Ray E. Helfer und C. Henry Kempe, rückte das Problemfeld allmählich wieder in den Vordergrund, man begann dieses ernster zu nehmen und systematischer zu beleuchten. Auch wenn man heute bereits einiges über die Entstehungsbedingungen von Kindesmisshandlungen und deren Einfluss auf die kindliche Entwicklung weiß, so ist dennoch einiges an Forschungsarbeit zu leisten, auf deren Basis wirksame Präventions- und Interventionsansätze in der modernen Kinderschutzarbeit erstellt und umgesetzt werden können. Insbesondere neue Erkenntnisse und Theorien unterschiedlicher Fachdisziplinen zur Bindungsforschung und Gehirnentwicklung, und damit auch der Sprachentwicklung als Teil der Kognition, stehen hier im Vordergrund. Nach wie vor existiert, insbesondere in Deutschland, ein Forschungsdefizit, das sich unter anderem in fehlenden einheitlichen Definitionen, Terminologien, Klassifikationen als auch Problemen der Abgrenzung zu gerade noch vertretbaren Erziehungspraktiken begründet. Besonders zur Auswirkungen der Kindesmisshandlungen auf die Sprachentwicklung gibt es bisher, und dies nicht nur in Deutschland, nur wenige und kaum aktuelle Studien. Dieses Buch beschäftigt sich aus diesem Grunde mit den Auswirkungen von Kindesmisshandlungen durch primäre Bezugspersonen auf die Sprachentwicklung. Im Hinblick auf die Sprachentwicklung wird der aktuelle Forschungsstand zusammengetragen und mögliche Bedingungsfaktoren aufgedeckt, die bei misshandelten Kindern die Sprachentwicklung beeinflussen könnten. Anschließend werden einige Faktoren dieser Theorie, speziell für die Unterform der Vernachlässigung, mithilfe des standardisierten Sprachentwicklungstests für 3-5 jährige Kinder (SETK3-5) an vierzehn 3,0 bis 5,11 Jahre alten Kindern näher beleuchtet. Es soll der Frage nachgegangen werden, ob vernachlässigte Kinder, bei denen aufgrund der ungünstigen Lebensverhältnisse besonders große Defizite in kognitiven Bereichen vermutet werden, Verzögerungen bzw. Störungen der Sprachentwicklung aufweisen. Die aktuelle Forschungslücke soll auch mit Blick auf eine Erhöhung der Sensibilität für diesen Zusammenhangsbereich und damit eine bessere sprachtherapeutische Versorgung misshandelter Kinder, ein Stück weit gefüllt werden.
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