Statt 54,99 €**
35,96 €
**Preis der gedruckten Ausgabe (Broschiertes Buch)

inkl. MwSt. und vom Verlag festgesetzt.
Sofort per Download lieferbar
  • Format: PDF

1 Kundenbewertung

Im Jahre 2012 feierte die „Bundeszentrale für politische Bildung“ ihr 60-jähriges Bestehen. Sie tritt ein für die Förderung des Bewusstseins für Demokratie und politische Partizipation. 1952 unter dem Namen „Bundeszentrale für Heimatdienst“ gegründet, unterstand sie dem Bundesministerium des Innern und knüpfte terminologiesch an die „Reichszentrale für Heimatdienst“ an, die bereits in der Weimarer Republik existierte. Die Autorin rekonstruiert – auch anhand bisher nicht bekannter Akten – den Prozess der Gründung der „Bundeszentrale für Heimatdienst“. Die frühen konzeptionellen Debatten um…mehr

Produktbeschreibung
Im Jahre 2012 feierte die „Bundeszentrale für politische Bildung“ ihr 60-jähriges Bestehen. Sie tritt ein für die Förderung des Bewusstseins für Demokratie und politische Partizipation. 1952 unter dem Namen „Bundeszentrale für Heimatdienst“ gegründet, unterstand sie dem Bundesministerium des Innern und knüpfte terminologiesch an die „Reichszentrale für Heimatdienst“ an, die bereits in der Weimarer Republik existierte. Die Autorin rekonstruiert – auch anhand bisher nicht bekannter Akten – den Prozess der Gründung der „Bundeszentrale für Heimatdienst“. Die frühen konzeptionellen Debatten um staatliche politische Bildung lassen das breite Spektrum der einander widersprechenden Konzeptionen deutlich werden. Der Spannungsbogen reicht von dem US-amerikanischen Konzept der Reeducation über das deutsche Konzept der staatsbürgerlichen Erziehung, den „positiven Verfassungsschutz“, bis hin zur Propaganda – der „instinktsicheren Mobilisierung der Gefühle“.

Autorenporträt
Prof. Dr. Gudrun Hentges lehrt Politikwissenschaft am Fachbereich Sozial- und Kulturwissenschaften der Hochschule Fulda.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.07.2014

Mit CIA-Geld gegen Stalins Welt
"Zentrale für Heimatdienst": Anfänge der politischen Bildung in Bonn

Die Bundeszentrale für politische Bildung hat sich im Laufe der Jahre als eine der wirkungsmächtigsten Bundesbehörden in Deutschland erwiesen. Seit sie 1952 in Bonn ihre Arbeit aufnahm (damals noch unter der Bezeichnung Bundeszentrale für Heimatdienst), hat sie durch eine Fülle von Aktivitäten der unterschiedlichsten Art (Seminare, Druckschriften in jeder Form, Filme und Finanzierung von Veranstaltungen anderer Bildungseinrichtungen, sogar von Reisen etwa nach Israel) bis heute mehrere Generationen von Wissenschaftlern, Journalisten, Lehrern und anderen Multiplikatoren, Bundeswehr-Angehörigen, Schülern und Studenten geprägt. Sie unterstand in diesen Jahren verwaltungsmäßig dem Bundesminister des Inneren (BMI). Durch die Bewilligung von Haushaltsmitteln und die Mitwirkung in beratenden Gremien der Bundeszentrale konnten sich aber auch die im Bundestag vertretenen Parteien stets Einfluss sichern.

Unter diesen Umständen erwartet der interessierte Leser von einem Buch mit dem Titel "Staat und politische Bildung" viel - in diesem Fall zu viel. Die Politologin Gudrun Hentges liefert in ihrer Studie jedenfalls deutlich weniger als eine Geschichte der Bundeszentrale. Genau genommen, beschränkt sie sich auf eine Schilderung der Aufbaujahre von 1950 bis 1963, als die Bundeszentrale für Heimatdienst in Bundeszentrale für politische Bildung umbenannt wurde, ohne dass sich in diesem Jahr in der Behörde etwas Entscheidendes ereignet hätte. Erst Ende der großen Koalition, also etwa 1968/69, wurde die Zeit des Aufbaus mit dem Ausscheiden des ersten Direktors Paul Franken wirklich abgeschlossen. Zudem brachte die Gründung des Gesamtdeutschen Instituts, eine ebenfalls für Bildung zuständige nachgeordnete Behörde des Bundesministeriums für gesamtdeutsche Fragen, im Sommer 1969 eine wichtige Veränderung der Kompetenzen. Es hätte sich also gelohnt, wenn die Verfasserin dies noch einbezogen hätte.

Allerdings ist ihr Interesse an der Bundeszentrale mehr politologisch als historisch begründet. Sie empfindet deren Arbeit als Teil des heutigen Kampfes gegen Rechtsextremismus, den sie damit auf die Vergangenheit ausdehnt. Das beginnt bei der Namensfrage; denn eine Reichszentrale für Heimatdienst gab es schon in der Weimarer Republik. Sie wurde von den Nationalsozialisten 1933 aufgelöst und durch das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda ersetzt. Dennoch ist die Anknüpfung an diese Reichsbehörde der Verfasserin verdächtig. Sie wittert einen Zusammenhang mit "Kriegsdienst", den der "Heimatdienst" möglicherweise ergänzen sollte.

Auch was den Inhalt der Bildungsarbeit der Bundesbehörde anbelangt, ist Frau Hentges unzufrieden. Zwar hat sich die im Aufbau befindliche Behörde von Anfang an vom Nationalsozialismus und Antisemitismus distanziert und dieser Thematik zahlreiche Publikationen und Veranstaltungen gewidmet. Dennoch stört die Autorin, dass Anfang der fünfziger Jahre - unter dem Eindruck des Korea-Krieges und der Entwicklung in der DDR - zunehmend auch der Weltkommunismus mit all seinen Facetten in den Mittelpunkt des Bildungsinteresses rückt. Dabei machten zu ihrer Verwunderung sogar die Amerikaner mit, die sich damit vom ursprünglichen Ziel der "Reeducation" der Deutschen abzuwenden schienen und sich das auch noch viel Geld kosten ließen (es wurde, wen wundert es, meist vom CIA ausgezahlt und kam oft sogar ehemaligen Nationalsozialisten zugute). Frau Hentges passt jedenfalls die ganze Richtung nicht.

Besondere Aufmerksamkeit widmet die Autorin der Suche nach Personen mit nationalsozialistischer Vergangenheit. Dabei waren die zuständigen Beamten im BMI durchaus problembewusst und machten sich das Leben nicht etwa leicht. Nach Ansicht von Frau Hentges wäre es wohl zweckmäßig gewesen, nur Emigranten und andere Verfolgte des Nazi-Regimes einzusetzen. Obwohl die Fachaufsicht im BMI zum Beispiel den Philosophen Max Horkheimer und den Historiker Hans Rothfels in die Gremienarbeit berief, wollte sie doch auf andere Sachverständige mit Osteuropa- und Kommunismus-Erfahrungen nicht verzichten. Frau Hentges untersucht sie alle, nicht nur Beamte, sondern auch Zuwendungsempfänger, Berater, freiberufliche Dozenten und Vortragende. Um es kurz zu machen: Sie wird natürlich fündig, richtig skandalöse Fälle sind jedoch nicht dabei. Der eindeutigste Fall ist wohl der von Walter Schenk, eines ehemaligen hauptamtlichen Mitarbeiters des SD, der dessen Dienststellen in Lemberg und Lodz geleitet hatte. Er wurde nach 1945 mehrfach überprüft, im Entnazifizierungsverfahren in Gruppe V eingestuft. Strafrechtlich relevante Vorwürfe wurden gegen ihn nicht erhoben. Dennoch wurde er weder in der Bundeszentrale noch im nachgeordneten Ost-Kolleg dauerhaft beschäftigt, allerdings mit Vorträgen zu den Staaten des Ostblocks sowie zum Thema kommunistische Infiltration und Tarnorganisationen betraut.

Das Ost-Kolleg der Bundeszentrale, eine Art osteuropäischer Akademie in Köln, dessen Gründungsgeschichte Frau Hentges ebenfalls eingehend untersucht, hat während des Kalten Kriegs dafür gesorgt, dass Osteuropa in der Bildungsarbeit nicht aus dem Blickfeld geriet. Eine Wirkungsgeschichte der verschiedenen Organisationen, die sich bis zum Zusammenbruch des kommunistischen Systems in Europa der politischen Bildung gewidmet haben, ist jedenfalls noch zu schreiben.

DETLEF KÜHN.

Gudrun Hentges: Staat und politische Bildung. Von der "Zentrale für Heimatdienst" zur "Bundeszentrale für politische Bildung". Mit einem Vorwort von Christoph Butterwegge. Springer VS, Wiesbaden 2013. 493 S., 49,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Die Politikwissenschaftlerin Gudrun Hentges wirft in ihrem Buch "Staat und Bildung" ein offenbar recht kritisches Licht auf die Anfangsjahre der Bundeszentrale für politische Bildung, und Rezensent Detlef Kühn kann damit wenig anfangen. Wenn er die Kritik der Autorin an der Behörde darstellt, tut er das auf eine solch polemische Weise, dass man sich kein rechtes Bild von dem Buch machen kann. Deutlich wird auf jeden Fall, dass Hentges schwere Vorbehalte gegen die anfängliche politische Ausrichtung der Institution hatte, dass sie etlichen Personen eine nationalsozialistische Vergangenheit vorwirft, dass aber der Rezensent weniger darin das Problem sieht als in Hetges' Blickwinkel.

© Perlentaucher Medien GmbH
Pressestimmen: "[...] bewundernswert detailgenaue Studie [...]." www.jungewelt.de, 27.05.2013 "Ein erhellendes, ein wichtiges Buch." Forum Wissenschaft, 2-2013 "[...] akribisch aufgearbeitet[e] und gut belegt[e] Frühgeschichte einer bedeutenden Institution der Bundesrepublik Deutschland [...]." Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, 4-2013 "[...] eine kundige Restaurationsgeschichte der Bonner Republik von Anfang an." junge Welt, 01.03.2013 "[...] legt [...] die krass nationalistische Orientierung der Reichszentrale für Heimatdienst offen." www.bpb.de, 16.11.2012 "[...] umfang- und materialreiche[n] Studie [...], die höchst differenziert und präzise die (Vor)Geschichte der BpB rekonstruiert." www.publikative.org, 04.03.2013 "[...] eine kritische Pionierarbeit über Entstehung und Entwicklung einer staatlichen Organisation [...]." GERMAN-FOREIGN-POLICY.COM - Informationen zur deutschen Außenpolitik (www.german-foreign-policy.com), 26.11.2012