Ein Jahrhundert nach Alexis de Tocqueville zeichnet sein Landsmann Bertrand de Jouvenel den Zuwachs der politischen Macht und den Niedergang der menschlichen Freiheit nach. Zwei der Gründe für diesen Machtzuwachs sind die Komplexifizierung der modernen Welt und der Übergang zum totalen Krieg, wie de Jouvenel ihn miterlebt hat. Dem liberalen Geist verpflichtet, stellt er sich die Frage, wie dieser Machtzuwachs ausgebremst werden kann, so dass er den Menschen nicht vernichtet. Dabei ist er sich bewusst, dass ein starker Staat unter den Bedingungen der Moderne notwendig ist und steht somit vor dem Problem, staatliche Macht und menschliche Freiheit miteinander zu vereinbaren. Der Staat muss genug Macht haben, um die Freiheit des Einzelnen und ein menschliches Leben zu garantieren, aber diese Macht darf nicht dazu eingesetzt werden, um den Menschen ganz in den Dienst des Staates und seiner Interessen zu stellen. Auch wenn er keine endgültige Lösung vorlegen kann, lädt de Jouvenel zu einer fruchtbaren Reflexion über die Problematik ein und lehrt uns, dass die Freiheit nie unabhängig von den Bedingungen ihrer Möglichkeit gedacht werden darf. Norbert Campagna ist professeur-associé für Philosophie an der Université du Luxembourg und Studienrat am Lycée de Garçons Esch. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Staats- und Rechtsphilosophie sowie die Sexualethik.
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