Eine lückenlose Überwachung von Post und Telefon, ein Spitzel in jeder Kneipe, die Verstrahlung von Oppositionellen - es gibt nur wenig, was man der Stasi nicht zutraut. Doch was konnten Mielkes Männer wirklich und was taten sie ganz konkret? Ilko-Sascha Kowalczuk erzählt in diesem Buch die Geschichte der Stasi und hinterfragt dabei manche der scheinbaren Gewissheiten, die sich mit ihrem Bild verbinden. Dass die Stasi alles wusste, mithörte und kontrollierte, vermuteten viele Menschen in der DDR. Sie selbst schürte diesen Mythos, um den Anpassungsdruck zu erhöhen. Nach 1989/90 ist sie zudem regelrecht dämonisiert worden. Ließ sich die Verantwortung für die SED-Diktatur auf diese Weise doch bequem auf einer einzigen ihrer Säulen abladen. Ilko-Sascha Kowalczuk wendet sich in diesem Buch gegen beides: Verharmlosungen und Übertreibungen. Stattdessen bestimmt er den historischen Ort der Stasi anhand ihrer konkreten Handlungen und deren Kontexten. Dabei gerät so manche scheinbare Gewissheit ins Wanken. So liefert dieses Buch etwa gute Argumente dafür, dass die Zahl der IM nur halb so hoch gelegen haben dürfte, wie gemeinhin angenommen, und dass die Intensität der Postkontrolle und die Stasi-Arbeit im Westen überschätzt werden. Viel zu lange hat sich die Forschung an den Plänen, Begrifflichkeiten und Kategorien des MfS orientiert. Es wird Zeit für eine Geschichte von unten, die fragt, was die Stasi konkret tat. Die DDR wird nicht Stasi-, sondern vollkommen zutreffend SED-Diktatur genannt.
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