Studienarbeit aus dem Jahr 1999 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1,3, Johannes Gutenberg-Universität Mainz (FB Germanistik), Veranstaltung: Proseminar Sturm und Drang, Sprache: Deutsch, Abstract: Gleich die erste Rezension1, die der ′Altonaer Reichs-Postreuter′ am 8. Februar 1776 nach der Uraufführung im Hamburger Nationaltheater über Goethes Stella veröffentlicht, ist ein Verriß des „[...] schwächste[n] Produkt[es] der Göthischen Muse, [...] [das] bisher das Licht der Welt erblickt [hat]“2: [...] Von der Moral des Stücks wollen wir nichts sagen. Es ist bekannt genug, daß Herr Dr. Göthe sich über diese Kleinigkeit fast immer hin- wegsetzt. [...] seine Stella ist eine Schule der Entführungen und Viel- weiberey. Treffliche Tugendschule!3 Das unkonventionelle Lösungsmodell der Ehe zu dritt, frei nach dem Motto „[...] eine Wohnung, ein Bett und ein Grab“(51)4, mit dem Goethe den Beziehungskonflikt zwischen Fernando, dem männlichen Helden, seiner Ehefrau Cäcilie und seiner Geliebten Stella zu einem unerwarteten Happy End führt, erregt die Gemüter der Zeitgenossen; es wird als „[...] gegen alle Grundsätze der christlichen Religion, der biblischen und philosophischen Moral, der bürgerlichen Verfassungen, ja des gesunden Menschenverstandes [...]“5 bewertet. Nicht, daß es in der Gesellschaft des 18. Jahrhunderts keine Mätressen gegeben hätte, nein, - nicht umsonst gehören die Protagonisten des Stückes dem Adel an, bei dem ein freizügigeres sexuelles Verhalten keine Seltenheit darstellte – das Anstößige liegt in der völligen Gleichberechtigung, die hier der Geliebten neben der Ehefrau zugestanden wird. Stella wird teilweise sogar mit Aufführungsverboten belegt.