Das Ende der einen Geschichte ist oft der Anfang der nächsten. 2008 schrieb Kuno Kruse im stern über einen Mann, der sein Gedächtnis verloren hatte. Kruse hatte Jonathan Overfeld bei der Suche nach dessen Vergangenheit begleitet, bei einem zähen Prozess des Sammelns und Entwirrens, der noch lange nicht abgeschlossen schien. Nach dem Artikel half unser Autor ihm bei weiteren Recherchen. Sie stießen auf einen Ort, der finster und gefährlich gewesen war. Kruse schrieb darüber ein Buch, hörte aber auch danach nicht auf zu forschen. In Crime erzählt er nun die Geschichte weiter bis zu ihrem vorläufigen, unfassbaren Ende. Auch der Mord an Kitty Genovese im Jahr 1964 brachte mehr als nur eine Geschichte hervor. Anfangs war er nur eine knappe Zeitungsmeldung. Bald darauf wurde er in Berichten zur Parabel für Ignoranz, weil niemand geholfen habe. Und heute ist klar, dass keineswegs alle wegsahen. Deborah Farrar Starker lebte damals als Kind in Genoveses Straße und sandte uns eine E-Mail, in der sie erlaubte, zu unserem Text das Bild ihrer Mutter zu zeigen. Die Mutter, Sophia, war damals keineswegs gleichgültig gewesen, sondern durch die Nacht zur sterbenden Kitty Genovese geeilt. Die Tochter schreibt: "Ich erinnere mich lebhaft daran, dass ich in den 80er-Jahren an der Universität eine Vorlesung verließ, weil wir eine Kurzgeschichte über 38 egoistische, apathische Menschen in New York lesen sollten, die zusahen, wie eine junge Frau ermordet wurde!" Sie musste Jahrzehnte warten, bis die "New York Times" in einem Nachruf auf Sophia Farrar das Bild korrigierte und "die unglaubliche Tapferkeit meiner Mutter" erwähnte. "Sie hat immer gesagt, dass sie nie an die Gefahr gedacht hat, sondern einfach losgerannt ist, um ihrer Freundin zu helfen", schreibt Farrar Starker. Die ersten Geschichten sind Gott sei Dank nicht die letzten geblieben.
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