Studienarbeit aus dem Jahr 2020 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 2, Universität Konstanz (Deutsche Literatur), Veranstaltung: Seminar, Sprache: Deutsch, Abstract: Auf welchem Hintergrund und auf welche Weise gelang es ihr, Grenzen zu sprengen und im Kontext zeitgenössischer Strömungen Neues entstehen zu lassen? Zunächst werde ich mich kurz mit den politisch-geschichtlichen Verhältnissen befassen, in denen Bachmanns Werke entstanden, um dann einen Blick auf Bachmanns Verhältnis zur Philosophie und Literatur und den Einflüssen zeitgenössischer Denker zu werfen. Anhand zweier Gedichte „Die gestundete Zeit“ und „Die Anrufung des Großen Bären“, möchte ich dann versuchen, einen Einblick in Bachmanns „Sprachmagie“ zu gewinnen: wie ideengeschichtliche Prozesse und realhistorische Zustände durch das Medium der Literatur bearbeitet werden, und wie Bachmann von da aus „Grenzübergänge“ sucht, mit dem Ziel einer Umgestaltung der Gesellschaft zum Besseren. Im politisch-historischen Umfeld der Nachkriegszeit gibt es zwei wichtige Themenbereiche, auf die ich hier fokussieren möchte: 1) Der Holocaust: Verarbeitung der Katastrophe in der Nachkriegszeit in der Literatur. Ein zentrales Thema in den 50-er Jahren war die Verarbeitung der Erfahrungen des Zweiten Weltkrieges: Die deutschsprachige Lyrik stand noch „unter dem Bann der Kriegserfahrungen und des Holocaust.“ 2) Die Rolle der Frau in den 50-er Jahren: In der männlich dominierten Literaturszene der Nachkriegszeit wurde viel Aufhebens gemacht wegen Bachmanns Rolle als Frau, wobei man von dem Inhalt ihrer Lyrik ablenkte. Die junge Dichterin imponierte zunächst mit ihrer schönen Sprachform, wurde auch aber missverstanden, und man übersah ihre politischen Botschaften. Die Vorurteile spitzten sich zu in einem Artikel im Spiegel 1952. Das politische Engagement Bachmanns führen von der Studienzeit in Wien über die Gruppe 47 zu den „Frankfurter Vorlesungen“ 1973, wo sie ihre Auseinandersetzung mit der Rolle der Literatur am deutlichsten zum Ausdruck bringt. Doch der Weg von der Kriegszeit bis nach „Utopia“ war nicht nur ein politischer Weg, er führte bei Ingeborg Bachmann zu vielen Exkursionen in die Bereiche der Philosophie, denn ein neues Denken war notwendig, ein Neu-Denken durch eine andere, grenzüberschreitende Sprache, eine neue Kunst.