Magisterarbeit aus dem Jahr 2004 im Fachbereich Germanistik - Ältere Deutsche Literatur, Mediävistik, Note: 1,7, Universität Münster (Institut für Deutsche Philologie I), Sprache: Deutsch, Abstract: Das ›Schachzabelbuch‹ Konrads von Ammenhausen ist die ausführlichste deutsche Bearbeitung im Gefolge der lateinischen Schachallegorie des Jacobus de Cessolis. Dessen ›Liber de ludo scakorum et de moribus hominum tam nobilium quam popularium‹ war der erste Text, der das Bild vom Schachspiel für eine umfassende, nach gesellschaftlichen Gruppen gegliederte Verhaltenslehre nutzte. Diese Schachbücher bieten keine Anleitung zur Austragung von Schachpartien, die tatsächlichen Spielregeln treten fast vollständig zurück. Statt dessen beschreiben sie das Schachbrett als Abbild der Welt bzw. der idealisierten Stadt Babylon und die Figuren des Schachspiels als Vertreter der Stände sowie einzelner Berufsgruppen, um anhand derer und unter Zuhilfenahme von Exempeln und Sentenzen eine breit angelegte Gesellschaftslehre zu entwickeln. ... In der Forschung hat verschiedentlich für Aufsehen gesorgt, daß mit der achten der ›gemeinen‹ Figuren, dem achten Bauern oder ›Venden‹, sogar eine sich außerhalb der sozialen Konventionen bewegende Gestalt, eine in weiten Teilen negativ gekennzeichnete Figur der auf dem Schachbrett dargestellten Gesellschaft anzugehören scheint. Denn neben dem Boten symbolisiert der achte Vende im Werk Konrads von Ammenhausen auch denjenigen, der verschwendet, und den Spieler. Auf die Untersuchung dieser Schachfigur und der durch sie dargestellten Personengruppen konzentriert sich die vorliegende Arbeit. Wie die meisten anderen Figuren der Bauernreihe ist auch der achte Vende mit mehreren Gruppen besetzt. Doch während sich der Bote problemlos in das bis zu diesem Schlußteil der Auslegungen bezüglich der gemeinen Figuren eingehaltene Berufe-Schema fügt, ist dies bei den zwei anderen Ausdeutungen des achten Venden nicht der Fall. Diese stellen augenscheinlich keine handwerklichen Beschäftigungen, sondern ständisch zunächst einmal nicht differenzierte Verhaltensweisen von Individuen dar. Im Gegensatz zu den Berufen und Gewerben, denen die anderen Venden nachgehen, können Verschwendung und Spiel von vornherein nicht wertneutral betrachtet werden: Sie sind ganz offensichtlich als Untugenden einzuschätzen. Wie fügen sich derjenige, der verschwendet, und jener, der dem Spiel frönt, in ein Werk ein, welches normsetzende Wirkung hat und auf das Verhalten seiner Leser einwirken will? Welche Funktion erfüllt der achte Vende in dem auf dem Schachbrett dargestellten gesellschaftlichen Gefüge, und wie läßt sich seine Aufnahme in das Schachbuch begründen?