Dieser Download kann aus rechtlichen Gründen nur mit Rechnungsadresse in A, B, BG, CY, CZ, D, DK, EW, E, FIN, F, GR, HR, H, IRL, I, LT, L, LR, M, NL, PL, P, R, S, SLO, SK ausgeliefert werden.
Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
© Perlentaucher Medien GmbH
Das Thema liegt ja gewissermaßen in der Luft, und es ist gut, dass es abgearbeitet wird, ehe es angesichts der anderen schweren Krisen in Europa aus dem Blickfeld gerät. Tatsächlich ist die Gefahr groß, dass der "Fall Griechenland" als erledigt betrachtet wird, seit sich die Volkswirtschaften Europas zu erholen beginnen und keine Rettungsschirme mehr aufgespannt werden müssen. Aber über die Wunden muss man weiter nachdenken, denn die Debatte über die Hilfen für ein hart an der Pleite entlangschlitterndes Land wurde auch von vielen Politikern in einem so unwürdigen Stammtisch-Jargon geführt, dass wohl auf Jahre hinaus das gute Verhältnis zwischen zwei sich ehemals so bewundernden Ländern empfindlich gestört ist. Hier setzt das Buch von Landolf Scherzer an. Es versucht, dem in die Schmuddelecke gedrängten Griechenland - als "faul, korrupt und unfähig zu konstruktiver Politik" abqualifiziert - etwas Gutes zu tun beziehungsweise ein wenig Genugtuung zu verschaffen. Ob das gelungen ist, kann bezweifelt werden, denn die Gesprächspartner Scherzers revanchieren sich zumeist auch nur mit pauschalen Schuldzuweisungen. Anders gesagt, es wird in diesem Buch reichlich viel schwadroniert, weil Landolf Scherzer fast ausschließlich das Gesagte mit einigen Einschüben zur griechischen Geschichte protokolliert, aber kaum die politische, wirtschaftliche und soziale Gegenwart analysiert, und wenn er es versucht, dann sehr vereinfacht das in sein Buch packt, was gerade an Sozialkritik en vogue ist. Typisch dafür wirkt, dass er als Zeugen für seine Position Konstantin Wecker mit einem sehr harschen Urteil über das neoliberalistische Unrecht oder den Übersetzer und Musikproduzenten Asteris Kutulas mit einer extrem pessimistischen Sicht auf die Zukunft Griechenlands zu Wort kommen lässt. Immerhin: Wer jetzt nach Griechenland reist, würde wahrscheinlich, wenn er dieses Buch gelesen hat, Land und Leute etwas anders betrachten. Schade ist da, dass der Autor nicht stärker seine schriftstellerischen Fähigkeiten einsetzt, die er beweist, wenn er schreibt: "Weit entfernt bückt sich ein alter Mann in knielangen Hosen nach lebenden Muscheln. Es sieht aus, als ob er sich vor dem Meer verneigt." Das ist eine großartige Formulierung, aber leider die einzige in seinem Buch.
tg
"Stürzt die Götter vom Olymp - Das andere Griechenland" von Landolf Scherzer. Aufbau Verlag, Berlin 2014. 320 Seiten. Gebunden, 19,99 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main