Der Cheflektor hielt Christa Johannsen über Einstein einen Vortrag, der höchst ungenau und fehlerhaft war. „… um mir dann zu befehlen, wie ich‘s anzupacken hätte: für Fünfzehnjährige gut und spannend lesbar, etwa nach der Art von Schenzingers ‘Anilin’ und ‘Metall’, aber – selbstverständlich – sozialistisch. Ich hatte da eigentlich gleich die Nase voll, was nicht ausschließt, daß ich den EINSTEIN um jeden Preis schreiben will und werde, fragt sich fürs erste nur, mit welchem Verlag ich das mache. Im Endeffekt, schätze ich, bleibt doch wieder nur der UNION Verlag übrig, falls er geneigt sein sollte zu dem (unsicheren) Unternehmen, denn in puncto Autoren ist man hierzulande mehr denn je ‘kapitalistisch‘ in der Methode …“ (Aus einem Brief Christa Johannsens an Lore Häfner.) Die auf den Union Verlag zielenden Hoffnungen erfüllten sich nicht, die Arbeit, bei sich verschlechternder Gesundheit, zog sich in die Länge, 1981, als Christa Johannsen ihrem Leben ein Ende setzte, lagen 330 Schreibmaschinenseiten vor. Aber sie hat den EINSTEIN geschrieben, sich mit ihm geplagt und gequält, immer wieder neu begonnen, neue Sichten erprobt, andere Ansätze gefunden. Einmal sollte gar Thomas Mann der Widerpart Einsteins sein. Titelüberlegungen wie: „Einstein und die Brummfliege in der Flasche“, „Einstein und die Flaschenfliege“ oder „Hinter den Spiegeln oder Jonas sucht Einstein“ geben Zeugnis von der Auseinandersetzung mit dem Stoff. Eine Einstein-Biografie allerdings erwarte der Leser nicht. Vielmehr ist Einstein, gewissermaßen die Spiegelfläche für eine Epochenabrechnung, eine biografische Abrechnung, eine Abrechnung mit der erlebten Gegenwart Christa Johannsens. Sie könne dabei von Einstein nicht lassen, meinte sie, weil er die Dinge dieser Welt, nebst integrierendem Erkenntnischarakter, vollkommen umgestülpt habe, derweil die Menschheit im alten Saft weiterschmorte. Und wenn auch seit dem Tode der Autorin mehr als dreißig Jahre vergangen sind, die Welt, in der sie schrieb, nicht mehr existiert: Das Buch spricht zu uns. „Wenn ich überhaupt noch an den EINSTEIN denke, dann nur noch im Zusammenhang mit mir selbst. Durch Erfahrung klug geworden, will ich das Opus nicht an einen Verlag binden, sondern einfach zu schreiben versuchen. Man kann es ja dann aus meinem Nachlaß herauspuhlen“ Nun, „herausgepuhlt“ ist der Text jetzt von Albrecht Franke, auch an einen Verlag gebunden. Und, wie die Dinge nun einmal liegen: Es wäre ihr wohl recht gewesen.