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Wie in einem Brennglas findet sich in der Geschichte Südtirols die Geschichte des 20. Jahrhunderts wieder: Vergewaltigung einer Minderheit durch die Faschisten, das Zusammenspiel der Diktatoren Hitler und Mussolini, das 1939 mit der "Option" zur "ethnischen Säuberung" führen sollte. Nach 1945 in den Mühlen des Kalten Krieges, keine Rückkehr nach Österreich, dafür eine Autonomie, die sich als Scheinautonomie erwies. Dann Bomben, Tote, Terror und mit dem "Paket" 1969 der zweite Versuch einer Autonomie, der heute von vielen Modellcharakter zugesprochen wird. Rolf Steininger legt mit seinem neuen…mehr

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Produktbeschreibung
Wie in einem Brennglas findet sich in der Geschichte Südtirols die Geschichte des 20. Jahrhunderts wieder: Vergewaltigung einer Minderheit durch die Faschisten, das Zusammenspiel der Diktatoren Hitler und Mussolini, das 1939 mit der "Option" zur "ethnischen Säuberung" führen sollte. Nach 1945 in den Mühlen des Kalten Krieges, keine Rückkehr nach Österreich, dafür eine Autonomie, die sich als Scheinautonomie erwies. Dann Bomben, Tote, Terror und mit dem "Paket" 1969 der zweite Versuch einer Autonomie, der heute von vielen Modellcharakter zugesprochen wird. Rolf Steininger legt mit seinem neuen Buch erstmals eine Gesamtdarstellung der Südtirolfrage vom Ersten Weltkrieg bis zur Gegenwart vor. Für wichtige Bereiche - z.B. Bombenkrieg, Gruber-De Gasperi-Abkommen, Erstes Autonomiestatut 1948, die Entwicklung bis 1969 - verwendet der Autor bislang nicht zugängliches Material aus verschiedenen Archiven. Ergänzt wird der Band durch 155 Fotos, von denen zahlreiche erstmals veröffentlicht werden, ein ausführliches Literaturverzeichnis, einen bibliographischen Essay, 44 Fragen und Thesen sowie eine detaillierte Zeittafel und ein Personenregister. Ein wichtiges Buch für alle Freunde Südtirols, das durch seinen klaren Aufbau und die verständliche Sprache auch dem Nichthistoriker einen Einstieg in die jüngste Geschichte Südtirols ermöglicht. Aus dem Inhalt: Die Teilung Tirols Die Entnationalisierungspolitik der Faschisten Südtirol, Hitler und der Nationalsozialismus Die Option Die Umsiedlung Wiedervereinigt in der "Operationszone Alpenvorland" Keine Rückkehr nach Österreich Das Gruber-De Gasperi-Abkommen Rückoption und Rücksiedlung Von der Scheinautonomie zum "Paket" Alfons Benedikter gegen Silvius Magnago Von der "Streitbeilegung" 1992 bis heute

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Autorenporträt
Über den Autor: Dr. Rolf Steininger, geboren 1942, ist Universitätsprofessor und Vorstand des Instituts für Zeitgeschichte der Universität Innsbruck. Steininger gilt als einer der profundesten Kenner der Geschichte Südtirols im 20. Jh., die er in zahlreichen, in der Öffentlichkeit oft heftig diskutierten Publikationen behandelte.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.08.2000

Rom ließ sich nicht durch gesprengte Masten in die Knie zwingen
Südtirols Ringen um Autonomie: Nicht das Vorgehen der Freiheitskämpfer, sondern die Politik der Bundesrepublik führte zum Erfolg

Gehler, Michael (Herausgeber): Tirol. Land im Gebirge. Zwischen Tradition und Moderne. Geschichte der österreichischen Bundesländer seit 1945, Band 6/3. Böhlau Verlag, Wien 1999. IV, 874 Seiten, 113 Abbildungen, 175,- Mark.

Rolf Steininger: Südtirol zwischen Diplomatie und Terror 1947-1969. Darstellung in drei Bänden. Veröffentlichungen des Südtiroler Landesarchivs. Verlagsanstalt Athesia, Bozen 2000. 2540 Seiten, 450 Abbildungen, 214,50 Mark.

Rolf Steininger: Südtirol im 20. Jahrhundert. Dokumente. Innsbruck/Wien Studien-Verlag, Wien 1999. 424 Seiten, 66,- Mark.

Rolf Steininger: Südtirol 1918-1999. Studien-Verlag, Wien 1999. 120 Seiten, 17,80 Mark.

Südtirol Chronik. Das 20. Jahrhundert. Koordination: Bernhard Thaler. Verlagsanstalt Athesia, Bozen 2000. 445 Seiten, 98,- Mark.

Es ist eine schier unendliche Geschichte. Seit der nachnapoleonischen "Neuordnung" Europas erheben im sich einigenden Italien Kräfte Anspruch auf territoriale Ausdehnung bis zum Alpenhauptkamm. Einer ihrer Wortführer ist Ettore Tolomei, ein Autodidakt, der zur "Erlösung Italiens" mit an Fanatismus grenzender Beharrlichkeit die Idee der Annexion von Gebieten mit anderssprachiger Bevölkerung verficht. Seine Stunde soll nach dem Ersten Weltkrieg kommen. Als Italien gemäß einem 1915 mit England geschlossenen Geheimvertrag bei Zusicherung einer Gebietsarrondierung im Norden gegen Österreich und Deutschland in den Krieg eintritt, ist es um die Einheit Tirols geschehen: In Saint-Germain-en-Laye wird ihm der Landesteil südlich des Brenners zugeschlagen.

Im faschistischen Italien nimmt der zum Senator erhobene Tolomei seinen Sitz in Bozen, errichtet das "Istituto per l'Alto Adige" und beginnt mit der systematischen Italianisierung des Gebietserwerbs. Was Tolomei an "Entnationalisierungsprogramm" vorgibt, kleidet Präfekt Mastromattei in Dekrete. Unterricht in deutscher Sprache ist verboten und unter Strafe gestellt. Wer dagegen verstößt, wird inhaftiert oder nach Sizilien verbannt. Die Beamtenschaft wird entlassen, in jeder Südtiroler Gemeinde bestimmt fortan der "Podestà". In Tolomeis Institut werden alle Ortsbezeichnungen ins Italienische "übersetzt". Er veranlaßt, daß deutsche Familiennamen, sogar jene auf Grabsteinen, italianisiert werden. Alles soll getilgt werden, was auf gut 1100 Jahre Deutschtum hinweist.

In Rom verspricht Hitler 1938 Mussolini: "Es ist mein unerschütterlicher Wille und mein Vermächtnis an das deutsche Volk, daß es die von der Natur uns beiden aufgerichtete Alpengrenze immer als eine unantastbare ansieht." Berlin und Rom schließen ein Abkommen zur Umsiedlung der Südtiroler deutscher Zunge. Sie haben bis zum 31. Dezember 1939 die Wahl, sich bei Aufgabe ihres Volkstums für den Verbleib in der Heimat zu entscheiden oder für die Umsiedlung in das Deutsche Reich zu optieren: 211 799 "wählen" die deutsche Staatsbürgerschaft, 34 237 entscheiden sich fürs Bleiben. Tatsächlich wandern etwa 75 000 ab. Die Umsiedlung kommt infolge Kriegsverlaufs zum Erliegen oder erübrigt sich wegen der faktischen Zugehörigkeit Südtirols zwischen 1943 und 1945 zum Deutschen Reich.

Die am 8. Mai 1945 gegründete Südtiroler Volkspartei (SVP) verlangt das nach dem Ersten Weltkrieg verweigerte Selbstbestimmungsrecht. Schließlich kommt es wenigstens zum Abschluß eines Schutzvertrags für das neuerlich Italien überantwortete Gebiet. Er wird am 5. September 1946 geschlossen und sichert den Südtirolern Maßnahmen zur Erhaltung ihres Volkscharakters sowie der wirtschaftlichen und kulturellen Entfaltung zu. Dazu zählen Unterricht in der Muttersprache, Gleichstellung der deutschen mit der italienischen Sprache, Gleichberechtigung bei der Einstellung in den öffentlichen Dienst, Revision der Option und die Gewährung einer Autonomie für die Provinz Bozen-Südtirol.

Im Autonomiestatut von 1948 werden allerdings die Provinzen Bozen und Trient zu einer Region Trentino-Südtirol gefügt. Darüber schwiegen sich sowohl das Pariser Abkommen als auch der italienische Verfassungsartikel aus. Die im Abkommen festgelegte Selbstverwaltung der Südtiroler liegt somit fortan - nach Auffassung Bozens und der "Schutzmacht" Österreich vertragswidrig - in den Händen der italienischen Majorität der Region. Im weiteren Fortgang sieht sich die von der SVP gestellte Provinzverwaltung wegen der forcierten Ansiedlung von Italienern von einer "Unterwanderung der Heimat" bedroht. Als "Sammelpartei der deutsch- und ladinischsprachigen Südtiroler" lehnt sie sich dagegen auf, und Österreich führt in Rom Beschwerde wegen der "mangelhaften Durchführung des Pariser Vertrags". Wien unterstützt auch die am 17. November 1957 von SVP-Obmann Silvius Magnago vor 35 000 Kundgebungsteilnehmern erhobene Forderung "Los von Trient".

Da Proteste nichts fruchten, wirft der damalige Außenminister Kreisky die Südtirol-Frage 1959 vor den Vereinten Nationen (UN) auf. In einer Entschließung werden 1960 beide Staaten aufgefordert, alle Meinungsverschiedenheiten auf dem Verhandlungswege zu beseitigen. Anschließende Treffen der Außenminister enden im wesentlichen ergebnislos. Im Jahr darauf unterbreitet Wien den UN abermals die Südtirol-Frage, woraufhin die Vollversammlung die Vorjahresresolution erneuert.

Jetzt erst setzt der italienische Ministerrat eine gemischte Kommission ein, Lösungsvorschläge "unter allen Gesichtspunkten zu erörtern" und zu unterbreiten. Dem gehen im Lande selbst Verzweiflungstaten voraus: Beherzte Idealisten des "Befreiungsausschusses Südtirol" (BAS) verüben Anschläge auf öffentliche Einrichtungen, sprengen Masten der italienischen Elektrizitätsgesellschaft. Beteiligt sind Tiroler von diesseits und jenseits des Brenners, unterstützt von Helfern aus Österreich, vereinzelt aus Deutschland. Die Anschläge - man achtet peinlichst auf Schonung von Menschenleben - rücken Südtirol in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit der europäischen Öffentlichkeit. Italien kann nicht umhin, ihr Rechnung zu tragen.

Die Neunzehnerkommission schließt ihre Arbeit 1964 ab. Doch erst auf einer "epochemachenden" Landesversammlung der SVP 1969 in Meran wird das ausgehandelte Autonomie-Paket mit knapper Mehrheit gebilligt. Der enthaltene "Operationskalender" führt 137 Maßnahmen zum Schutze der deutsch- und ladinischsprachigen Bevölkerung Südtirols auf und legt fest, wie die Selbstverwaltung zu gestalten sei. Das italienische Parlament und der österreichische Nationalrat stimmen "Paket" und "Operationskalender" zu, so daß 1972 das Zweite Autonomiestatut in Kraft treten kann. Bis 1974 sollten die Durchführungsbestimmungen erlassen sein. Erst achtzehn Jahre später - die Wiedervereinigung Deutschlands läßt auch die Selbstbestimmungsdiskussion in Südtirol wiederaufleben - sind sie weitestgehend verabschiedet. 1992 geben Rom und Bozen vor den UN die "Streitbeilegungserklärung" ab, der mehr als sieben Jahrzehnte währende Konflikt ist damit im völkerrechtlichen Sinne beigelegt.

Bücher zur (Süd-)Tirol-Frage füllen unzählige Regalmeter. Nicht immer zeugt die Fülle der Befunde und Erträge von lauteren, will sagen: objektivierbaren Betrachtungsweisen. Viele atmen parteilichen oder parteiergreifenden Geist. Rar sind Untersuchungen der Art, wie sie in der "Schule" des Innsbrucker Zeitgeschichtlers Steininger angelegt worden sind. Steininger und Gehler haben leuchtende Pfade durch den Dschungel an Wildwuchs geschlagen. Mehr oder weniger zur "opinio communis" gehört es, den Südtirol-Konflikt als eines von mehreren Ergebnissen des Zusammenbruchs der alteuropäischen Ordnung, insbesondere der Habsburgermonarchie, und als Beispiel für Grenzverschiebungen ohne Rücksicht auf davon in Mitleidenschaft gezogene Bevölkerung(sschicht)en zu sehen. Auch die Einordnung der Entwicklung in Südtirol nach dem Zweiten Weltkrieg, vor allem das mitunter heißblütige Ringen um die Autonomie, als eines lästigen Nebenschauplatzes des Kalten Krieges ist weitgehend unumstritten. Steiningers Forschungen spiegeln all dies wider. In dem auf einen breiteren Leserkreis zielenden Bändchen "Südtirol 1918-1999" sind alle entscheidenden Wegstreckenverläufe übersichtlich markiert. Im nun vorliegenden Dokumentenband sind die maßgeblichen Vertrags- und Verlautbarungstexte zusammengetragen.

Das dreibändige Werk Steiningers über die Jahre 1947 bis 1969 ist zweifellos das profundeste zur Thematik überhaupt, zugleich aber auch sein umstrittenstes. Das profundeste: Keine Darstellung greift auf eine solch immense Materialfülle zurück: eine gewaltige und von Detailfreude, ja Detailbesessenheit geprägte Leistung, ein Meilenstein mit vorzüglichen Registern. Das umstrittenste: Das Opus hat eine leidenschaftliche Debatte hervorgerufen. Kritik wurde vornehmlich aus Kreisen der Erlebnisgeneration laut. Was sie gegen Steiningers Bewertung aufbringt, was ihm das Verdikt von der "Umschreibung der Geschichte" einträgt, läßt sich an drei zentralen Stellen aufzeigen. Zum einen die durchaus plausibel untermauerte These, wonach nicht die Attentate der Freiheitskämpfer Rom zum Nachgeben veranlaßt hätten: "Konnte man glauben, Italien mit ein paar gesprengten Strommasten in die Knie zu zwingen?" Auf diese provokative Frage stellt Steininger fest, auch ohne Anschläge hätte der Entwicklungsprozeß hin zur Autonomie einen positiven Fortgang genommen, "weil es keine realistische Alternative gab". Daher sei die gemischte Neunzehnerkommission zur Ausarbeitung der Vorschläge für das Zweite Autonomiestatut "nicht wegen, sondern trotz der ,Feuernacht' von 1961" gebildet worden. Zum andern: Steininger erhebt den Vorwurf, die "Schutzmacht" Österreich habe sich sowohl vor als auch unmittelbar nach dem Staatsvertrag nur mangelhaft für die Belange Südtirols eingesetzt, was erst unter Kreisky anders geworden sei. Und schließlich drittens: Italien habe sich in der Südtirol-Frage weniger von Österreich als vornehmlich von der mit ihm in EWG und Nato verbundenen wirtschaftsstarken Bundesrepublik und der "Gefahr des Pangermanismo" beeindrucken lassen. Da wundert es einen nicht, daß "dem Außenstehenden" (vornehme Variante) respektive "dem typischen Besserwisser", schließlich dem "sich einmischenden ,Piefke'" (weniger rücksichtsvolle bis abschätzig-haßerfüllte Einordnung) Unzuständigkeit zugesprochen, Urteilsfähigkeit und Kompetenz indes abgesprochen wird.

In dem von Gehler herausgegebenen Sammelband wird die Entwicklung beleuchtet, die das österreichische Bundesland Tirol seit 1945 genommen hat. In dem unentbehrlichen Nachschlagewerk steht zwangsläufig die Auseinandersetzung über die Landeseinheit im Mittelpunkt. Der Herausgeber setzt sich intensiv mit der Südtirol-Politik Tirols auseinander und kommt zu dem Ergebnis, daß das Interesse des nördlichen Landesteils am südlichen Kernland Alttirols nachlasse. Die mit der Streitbeilegungserklärung von 1992, mit der in Südtirol gesicherten, vor allem finanziell unterfütterten Autonomie sowie mit dem Beitritt Österreichs zur EU 1995 vollzogene Entwicklung erbringe, daß die beiden Landesteile eigene Wege gingen und besonders im südlichen die enorme Wirtschaftskraft zu einem gestärkten Selbstbewußtsein geführt habe, woraus sich à la longue wohl zwei unterschiedliche Identitäten einstellten. Dieser prognostische Befund erfährt in der Südtirol-Chronik gewissermaßen seine materialreiche Erhärtung.

REINHARD OLT

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"'Südtirol im 20. Jahrhundert' gibt den Forschungsstand wieder und hält sich vom volkstümlichen Pathos fern...Die Zusammenschau ist nüchtern geschrieben, weil Steininger von jedwedem politisch-missionarischen Kreuzzug meilenweit entfernt ist. Insofern hebt sich diese Publikation...wohltuend ab." (FF-Die Südtiroler Illustrierte)
"Mit seinem etwa 600 Seiten starken Band 'Südtirol im 20.Jahrhundert' legt der in Innsbruck lehrende Professor für Zeitgeschichte Rolf Steininger die bisher wohl umfassendste Gesamtdarstellung dieser Geschichte vor." (SPECTRUM, Die Presse)