Ein Bergdorf im Tessin. Das frisch gestrichene Gemeindehaus, die Bar, wo der Alkohol fließt, der Schulbus aus Acquarossa, der Bauer Sosto, der letzte, der Kühe hat. Das Dorf von Felice. Vor dem ersten Hahnenschrei bricht er auf, der alte Kauz, der meistens barfuß läuft, um in einer Gumpe weit oben hinter dem Kiefernwald zu baden. Auch bei Regen, auch bei Schnee. Danach hackt er Holz, pflückt im Garten Kakis, und wenn er im Wald Pilze findet, kommt er mit Käse zurück. Der junge Mann aus der Stadt, der mit ihm geht, entdeckt eine nie gesehene Dunkelheit, eine Stille, die hörbar, eine Kälte, die Hitze wird – und so manches Geheimnis um den neunzig Jahre alten Mann. Ihm wird klar: Wir dürfen uns Felice als glücklichen Menschen vorstellen. Tage mit Felice ist ein minimalistisch erzählter Roman über die Kunst des einfachen Lebens und zugleich das Porträt eines Dorfs im Bleniotal. Dort oben, den Härten der Jahreszeiten ausgesetzt, wo niemand ein leichtes Auskommen hat, sind die Menschen rau und wortkarg und lieber mit den Tieren zusammen. Und doch ist da eine starke Gemeinschaft, die Leben und Tod und den Einbruch des technischen Zeitalters ganz selbstverständlich teilt. Eine ergreifende, entschleunigende Lektüre.
Perlentaucher-Notiz zur Dlf-Rezension
Rezensentin Katja Lückert zufolge berichtet der moderne Ich-Erzähler dieses kurzen Romans von den acht Tagen, in denen er sein Leben dem des 90-jährigen Felice angepasst hat. Der Greis führt im Schweizer Bleniotal ein einfaches, naturverbundenes und ritualisiertes Leben, zu dem ein tägliches Bad in einer Felswanne, Kaki-Sammeln und Tauschgeschäfte im Heimatdorf gehören, so Lückert. Verwundert stellt sie fest, dass sie sich bei den kargen Schilderungen keineswegs gelangweilt hat, obwohl der Ich-Erzähler kein Fazit aus seinem Experiment zieht. Vielleicht ahnt man beim Lesen die Bedingungen eines glücklichen Lebens, vermutet sie, "schließlich trägt Felice das Glück schon im Namen".
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Ein zauberhaft poetisches Buch, das von den elementaren Dingen des Lebens viel weiß, noch mehr aber vom Unglück der Menschen, am meisten jedoch vom Glück der Kargheit. Auch darum ist dieser Roman so befreiend wie wenig anderes in diesen Zeiten.« NZZ