Im Vorjahr verstarb der polnische Schriftsteller Slawomir Mrozek (1930 in Krakau geb.). Bevor er als Schriftsteller in Erscheinung trat, hatte er Architektur, Kunstgeschichte und Orientalistik studiert. Mrozek war ein begnadeter Satiriker, dessen Feder zu den spitzesten im Ostblock gehörte. Mit
scharfen Satiren und grotesken Polit-Theaterstücken legte er die totalitären Systeme bloß.
In den…mehrIm Vorjahr verstarb der polnische Schriftsteller Slawomir Mrozek (1930 in Krakau geb.). Bevor er als Schriftsteller in Erscheinung trat, hatte er Architektur, Kunstgeschichte und Orientalistik studiert. Mrozek war ein begnadeter Satiriker, dessen Feder zu den spitzesten im Ostblock gehörte. Mit scharfen Satiren und grotesken Polit-Theaterstücken legte er die totalitären Systeme bloß.
In den letzten Jahren wurde sein Werk vor allem vom Diogenes Verlag herausgegeben (immerhin über zwanzig Titel, darunter auch eine siebenbändige Ausgabe seines dramatischen Werkes). Nach seiner Autobiografie „Balthasar“ (2007) ist nun auch sein Tagebuch aus den Jahren 1962 bis 1969 erschienen, die die entscheidenden Jahre in seiner schriftstellerischen Laufbahn darstellen.
Die Tagebuchaufzeichnungen beginnen im Oktober 1962. Davor hatte Mrozek schon jahrelang Tagebuch geführt, aber dann zwanzig Bände verbrannt. Nun also ein neuer Anlauf. Grund ist, dass inzwischen das Schreiben zu seinem Beruf geworden ist. „Wieder Tagebuch zu schreiben ist etwa so, wie in eine zertrümmerte Stadt zurückzukehren.“ In den ersten Notizen setzt sich Mrozek mit seinem Einakter „Wer da?“ auseinander, an dem er gerade arbeitet, der aber nie erschien.
Neben seinen aktuellen literarischen Arbeiten steht vor allem die eigene Person im Mittelpunkt der selbstkritischen Aufzeichnungen. Schonungslos wird die eigene Existenz seziert: „Ich, ich, wer, was?“ … „Wo ist mein Leben? Wohin ist es gegangen?“ Ihn erfasst Panik, wenn er sich mit dem praktischen Leben herumschlägt. „Ich habe so viel erlebt und habe nur Asche in mir, als hätte ich nichts erlebt.“
Neben Gedanken zum Leben und zum Schreiben notiert Mrozek Skizzen für seine Stücke oder hält seine Lektüre fest. Nach der Niederschlagung des Prager Frühlings ging Mrozek ins politische Asyl nach Frankreich. In seinem Tagebuch setzte er sich danach mit seiner schwierigen Lage als Exilschriftsteller auseinander. „Wer bin ich? Ein polnischer Schriftsteller? Mensch? Was für einer? … Mein Gejammer langweilt mich immer mehr.“
Selbst wer Mrozeks Satiren und Stücke bisher nicht kennt, wird diese Tagebuchaufzeichnungen mit Gewinn lesen, vermitteln sie doch ein politisches und gesellschaftliches Bild der 1960er Jahre. Komplettiert wird die Diogenes-Ausgabe durch eine umfassende Chronik zu Leben und Werk von Slawomir Mrozek und ein Personenregister.