Shortlisted for the Samuel Johnson Prize and winner of the Royal Society Prize for Science Books, Richard Holmes's dazzling portrait of the most exciting period in British history is a groundbreaking achievement.
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Süddeutsche ZeitungExperimente am Abgrund
Richard Holmes erzählt, wie die Romantiker Schönheit und Schrecken der Wissenschaft entdeckten
Am 13. April 1769 landete ein junger Mann im Paradies. Der damals sechsundzwanzigjährige Joseph Banks hatte mehrere Monate an Bord der HMS Endeavour hinter sich, als die Mannschaft endlich auf Tahiti an Land gehen sollte. Offiziell war die Expedition unter dem Kommando von Captain James Cook für wichtige astronomische Messungen gekommen. Inoffiziell aber wurde der Aufenthalt auf der tropischen Insel besonders für den brillanten Banks zum sozialen, kulturellen und sexuellen Experiment, zur gelebten Utopie.
Die Ureinwohner bereiteten den Neuankömmlingen ein enthusiastisches Willkommen und die Europäer fanden zu ihrer namenlosen Überraschung, dass die Inselbewohner nicht nur im Bezug auf Gegenstände eine sehr entspannte Einstellung zu persönlichem Eigentum hatten: Die jungen Frauen suchten sich unter Mannschaft und Offizieren diejenigen aus, die ihnen gefielen, und luden sie für die Nacht zu sich ins Zelt ein. Banks war fasziniert von der Freizügigkeit dieser Gesellschaft, lebte einige Zeit unter den Indianern und lernte ihre Sprache.
Aus dem jungen, lebensfrohen Botaniker und Anthropologen Joseph Banks wurde nach seiner Rückkehr nach England Sir Joseph, Präsident der Royal Society und eine Institution in der Wissenschaft seiner Zeit. Alle großen Forscher waren mit ihm bekannt, alle wichtigen Projekte liefen über ihn. Nur durch seine Intervention bekam William Hershell (ursprünglich Wilhelm Herschel, ein jüdischer Astronom, der nach Großbritannien ausgewandert war) die Gelder, um sein gigantisches, aber immens teures Spiegelteleskop zu konstruieren, Banks unterstützte den Entdecker Mungo Park bei der Vorbereitung von dessen einsamer und fatalen Expedition ins Innere Afrikas, er unterstützte die ersten bemannten Ballonflüge und nahm regen Anteil an der Karriere des genialischen Chemikers Humphry Davy.
Bis an die Grenzen
In Richard Holmes’ „The Age of Wonder – How the Romantic Generation Discovered the Beauty and Terror of Science” ist Sir Joseph Banks die zentrale Gestalt, die einer Reihe von Wissenschaftlerportraits inhaltlich Zusammenhang verleiht. Zunächst überrascht die Themenwahl. Holmes ist bekannt als herausragender Biograph englischer Romantiker wie Percy Bysshe Shelley und Samuel Taylor Coleridge – als Wissenschaftshistoriker hat er sich bis jetzt nicht profiliert. Das Buch selbst aber schafft rasch den Nexus zwischen Naturerkundung und Dichtung, denn der Autor macht immer wieder Brückenschläge zwischen Experiment und Imagination und in seinen oft episodischen Darstellungen werden Forschungsberichte und Gedichte gleichermaßen zu Konstruktionen einer romantisch inspirierten Realität, um so mehr als Dichter und Wissenschaftler vielfach bekannt und befreundet waren.
Schönheit und Schrecken der Wissenschaft rückten gerade für die Frühromantiker eng zusammen. Jede neue Entdeckung eröffnete nicht nur ungeahnte Perspektiven – sie raubte der Welt auch ein Stück Selbstverständlichkeit. Der junge Joseph Banks hatte dieses Phänomen von seiner angenehmsten Seite kennengelernt, als er die Freizügigkeit einer Moral genoss, in der Frauen selbst über ihre Körper verfügen konnten und der Begriff der Sünde unbekannt war, was übrigens den französischen Philosophen Denis Diderot wenige Jahre nach Banks’ Aufenthalt auf Tahiti dazu veranlasste, eine fiktive Südseeinsel zu beschreiben, um die Absurdität der europäischen Gebräuche und Denkweisen anzuprangern.
Immer wieder untergruben scheinbar unschuldige Forschungsprojekte das ideologische Fundament des christlichen Europa. William Herschels Teleskop bewies nicht nur die Existenz eines achten Planeten, Uranus, der die gesamte antike Kosmologie auf den Kopf zu stellen drohte, seine Beobachtungen bewiesen auch die Existenz ferner Galaxien und machten es so unmöglich, die Sonne weiterhin als Zentrum des Weltalls und Hauptzweck von Gottes Schöpfung anzusehen. Ein deutscher Jude im südenglischen Slough degradierte durch einsame , nächtelange Observationen die Erde zu einem Staubkorn, einem unbedeutenden Planeten eines verlorenen Sternes in einer von unzähligen Konstellationen.
Die Vignetten, die Holmes einzelnen Wissenschaftlern und historischen Episoden widmet, gewinnen immer dann an Leben, wenn er beschreibt, wie Dichter auf die neue, fremde Welt der Forschung reagierten: Samuel Taylor Coleridges reges Interesse für die Gasexperimente des Humphry Davy, John Keats als Anatomiestudent, Shelleys intellektueller Heißhunger auf Fakten und Theorien – und die große Synthese von Schönheit und Schrecken, Mary Shelleys „Frankenstein”, in dem die Autorin die Macht der Wissenschaft bis an ihre Grenzen weiterdachte. Die Romantiker waren alles andere als weltferne Träumer; ihre Phantasien speisten sich auch aus den wissenschaftlichen Debatten ihrer Zeit. Was sie auszeichnete, war nicht die Ablehnung von methodischer Forschung, sondern ihre Faszination durch den Abgrund, der sich dahinter auftat. PHILIPP BLOM
RICHARD HOLMES: The Age of Wonder – How the Romantic Generation Discovered the Beauty and Terror of Science. Harper Press, London 2008. 380 Seiten, 25 Pfund.
Joseph Wright of Derby (1734 – 1797): Ein Philosoph hält einen Vortrag über das Planetenmodell, in dem eine Lampe anstelle der Sonne steht. Foto: Bridgemanart.com
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
Richard Holmes erzählt, wie die Romantiker Schönheit und Schrecken der Wissenschaft entdeckten
Am 13. April 1769 landete ein junger Mann im Paradies. Der damals sechsundzwanzigjährige Joseph Banks hatte mehrere Monate an Bord der HMS Endeavour hinter sich, als die Mannschaft endlich auf Tahiti an Land gehen sollte. Offiziell war die Expedition unter dem Kommando von Captain James Cook für wichtige astronomische Messungen gekommen. Inoffiziell aber wurde der Aufenthalt auf der tropischen Insel besonders für den brillanten Banks zum sozialen, kulturellen und sexuellen Experiment, zur gelebten Utopie.
Die Ureinwohner bereiteten den Neuankömmlingen ein enthusiastisches Willkommen und die Europäer fanden zu ihrer namenlosen Überraschung, dass die Inselbewohner nicht nur im Bezug auf Gegenstände eine sehr entspannte Einstellung zu persönlichem Eigentum hatten: Die jungen Frauen suchten sich unter Mannschaft und Offizieren diejenigen aus, die ihnen gefielen, und luden sie für die Nacht zu sich ins Zelt ein. Banks war fasziniert von der Freizügigkeit dieser Gesellschaft, lebte einige Zeit unter den Indianern und lernte ihre Sprache.
Aus dem jungen, lebensfrohen Botaniker und Anthropologen Joseph Banks wurde nach seiner Rückkehr nach England Sir Joseph, Präsident der Royal Society und eine Institution in der Wissenschaft seiner Zeit. Alle großen Forscher waren mit ihm bekannt, alle wichtigen Projekte liefen über ihn. Nur durch seine Intervention bekam William Hershell (ursprünglich Wilhelm Herschel, ein jüdischer Astronom, der nach Großbritannien ausgewandert war) die Gelder, um sein gigantisches, aber immens teures Spiegelteleskop zu konstruieren, Banks unterstützte den Entdecker Mungo Park bei der Vorbereitung von dessen einsamer und fatalen Expedition ins Innere Afrikas, er unterstützte die ersten bemannten Ballonflüge und nahm regen Anteil an der Karriere des genialischen Chemikers Humphry Davy.
Bis an die Grenzen
In Richard Holmes’ „The Age of Wonder – How the Romantic Generation Discovered the Beauty and Terror of Science” ist Sir Joseph Banks die zentrale Gestalt, die einer Reihe von Wissenschaftlerportraits inhaltlich Zusammenhang verleiht. Zunächst überrascht die Themenwahl. Holmes ist bekannt als herausragender Biograph englischer Romantiker wie Percy Bysshe Shelley und Samuel Taylor Coleridge – als Wissenschaftshistoriker hat er sich bis jetzt nicht profiliert. Das Buch selbst aber schafft rasch den Nexus zwischen Naturerkundung und Dichtung, denn der Autor macht immer wieder Brückenschläge zwischen Experiment und Imagination und in seinen oft episodischen Darstellungen werden Forschungsberichte und Gedichte gleichermaßen zu Konstruktionen einer romantisch inspirierten Realität, um so mehr als Dichter und Wissenschaftler vielfach bekannt und befreundet waren.
Schönheit und Schrecken der Wissenschaft rückten gerade für die Frühromantiker eng zusammen. Jede neue Entdeckung eröffnete nicht nur ungeahnte Perspektiven – sie raubte der Welt auch ein Stück Selbstverständlichkeit. Der junge Joseph Banks hatte dieses Phänomen von seiner angenehmsten Seite kennengelernt, als er die Freizügigkeit einer Moral genoss, in der Frauen selbst über ihre Körper verfügen konnten und der Begriff der Sünde unbekannt war, was übrigens den französischen Philosophen Denis Diderot wenige Jahre nach Banks’ Aufenthalt auf Tahiti dazu veranlasste, eine fiktive Südseeinsel zu beschreiben, um die Absurdität der europäischen Gebräuche und Denkweisen anzuprangern.
Immer wieder untergruben scheinbar unschuldige Forschungsprojekte das ideologische Fundament des christlichen Europa. William Herschels Teleskop bewies nicht nur die Existenz eines achten Planeten, Uranus, der die gesamte antike Kosmologie auf den Kopf zu stellen drohte, seine Beobachtungen bewiesen auch die Existenz ferner Galaxien und machten es so unmöglich, die Sonne weiterhin als Zentrum des Weltalls und Hauptzweck von Gottes Schöpfung anzusehen. Ein deutscher Jude im südenglischen Slough degradierte durch einsame , nächtelange Observationen die Erde zu einem Staubkorn, einem unbedeutenden Planeten eines verlorenen Sternes in einer von unzähligen Konstellationen.
Die Vignetten, die Holmes einzelnen Wissenschaftlern und historischen Episoden widmet, gewinnen immer dann an Leben, wenn er beschreibt, wie Dichter auf die neue, fremde Welt der Forschung reagierten: Samuel Taylor Coleridges reges Interesse für die Gasexperimente des Humphry Davy, John Keats als Anatomiestudent, Shelleys intellektueller Heißhunger auf Fakten und Theorien – und die große Synthese von Schönheit und Schrecken, Mary Shelleys „Frankenstein”, in dem die Autorin die Macht der Wissenschaft bis an ihre Grenzen weiterdachte. Die Romantiker waren alles andere als weltferne Träumer; ihre Phantasien speisten sich auch aus den wissenschaftlichen Debatten ihrer Zeit. Was sie auszeichnete, war nicht die Ablehnung von methodischer Forschung, sondern ihre Faszination durch den Abgrund, der sich dahinter auftat. PHILIPP BLOM
RICHARD HOLMES: The Age of Wonder – How the Romantic Generation Discovered the Beauty and Terror of Science. Harper Press, London 2008. 380 Seiten, 25 Pfund.
Joseph Wright of Derby (1734 – 1797): Ein Philosoph hält einen Vortrag über das Planetenmodell, in dem eine Lampe anstelle der Sonne steht. Foto: Bridgemanart.com
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'Rich and sparkling, this is a wonderful book.' Claire Tomalin, Guardian, Books of the Year
'Exuberant...Holmes suffuses his book with the joy, hope and wonder of the revolutionary era. Reading it is like a holiday in a sunny landscape, full of fascinating bypaths that lead to unexpected vistas...it succeeds inspiringly.' John Carey, Sunday Times
'Thrilling: a portrait of bold adventure among the stars, across the oceans, deep into matter, poetry and the human psyche.' Peter Forbes, Independent
'A glorious blend of the scientific and the literary that deserves to carry off armfuls of awards and confirms Holmes's reputation as one on the stellar biographers of the age.' Dominic Sandbrook, Daily Telegraph, Books of the Year
'No question - the non-fiction book of the year is Richard Holmes's "The Age of Wonder", not only beautifully written, but also kicking open a new perspective on the Romantic age.' Andrew Marr, Observer, Books of the Year
'Itself a wonder - a masterpiece of skilful and imaginative storytelling.' Michael Holroyd, Guardian, Books of the Year
'Dazzling and approachable. It's a brilliantly written account...original in its connections and very generous in its attention.' Andrew Motion, Guardian, Books of the Year
'Witty, intellectually dazzling and wholly gripping.' Richard Mabey, Guardian, Books of the Year
'So immediate and so beguiling is Holmes's prose that we are with him all the way.' Sunday Telegraph
'Brimming with anecdote, Holmes's enthusiastic narrative amply conveys the period's spirited, often reckless pursuit of discovery with an astute balance of technical detail and the wider cultural picture.' Financial Times
'Exuberant...Holmes suffuses his book with the joy, hope and wonder of the revolutionary era. Reading it is like a holiday in a sunny landscape, full of fascinating bypaths that lead to unexpected vistas...it succeeds inspiringly.' John Carey, Sunday Times
'Thrilling: a portrait of bold adventure among the stars, across the oceans, deep into matter, poetry and the human psyche.' Peter Forbes, Independent
'A glorious blend of the scientific and the literary that deserves to carry off armfuls of awards and confirms Holmes's reputation as one on the stellar biographers of the age.' Dominic Sandbrook, Daily Telegraph, Books of the Year
'No question - the non-fiction book of the year is Richard Holmes's "The Age of Wonder", not only beautifully written, but also kicking open a new perspective on the Romantic age.' Andrew Marr, Observer, Books of the Year
'Itself a wonder - a masterpiece of skilful and imaginative storytelling.' Michael Holroyd, Guardian, Books of the Year
'Dazzling and approachable. It's a brilliantly written account...original in its connections and very generous in its attention.' Andrew Motion, Guardian, Books of the Year
'Witty, intellectually dazzling and wholly gripping.' Richard Mabey, Guardian, Books of the Year
'So immediate and so beguiling is Holmes's prose that we are with him all the way.' Sunday Telegraph
'Brimming with anecdote, Holmes's enthusiastic narrative amply conveys the period's spirited, often reckless pursuit of discovery with an astute balance of technical detail and the wider cultural picture.' Financial Times