In a dazzlingly original work of nonfiction, the Pulitzer-Prize winning author of The Underground Railroad recreates the exuberance, the chaos, the promise, and the heartbreak of New York. Here is a literary love song that will entrance anyone who has lived in-or spent time-in the greatest of American cities. A masterful evocation of the city that never sleeps, The Colossus of New York captures the city's inner and outer landscapes in a series of vignettes, meditations, and personal memories. Colson Whitehead conveys with almost uncanny immediacy the feelings and thoughts of longtime residents and of newcomers who dream of making it their home; of those who have conquered its challenges; and of those who struggle against its cruelties. Whitehead's style is as multilayered and multifarious as New York itself: Switching from third person, to first person, to second person, he weaves individual voices into a jazzy musical composition that perfectly reflects the way we experience the city. There is a funny, knowing riff on what it feels like to arrive in New York for the first time; a lyrical meditation on how the city is transformed by an unexpected rain shower; and a wry look at the ferocious battle that is commuting. The plaintive notes of the lonely and dispossessed resound in one passage, while another captures those magical moments when the city seems to be talking directly to you, inviting you to become one with its rhythms. The Colossus of New York is a remarkable portrait of life in the big city. Ambitious in scope, gemlike in its details, it is at once an unparalleled tribute to New York and the ideal introduction to one of the most exciting writers working today.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.04.2005Mit Hybris abgeschmeckt
Auf großer Flamme gekocht: Colson Whiteheads New-York-Porträt
Die armen Touristen. Statt sie bei der Hand zu nehmen und geduldig durch seine Stadt zu führen, erspart Colson Whitehead ihnen kein Ungemach. Er wiegelt sogar gegen Touristen auf, wenn er dem Nichttouristen beim Überqueren der Brooklyn Bridge rät: "Paß den richtigen Zeitpunkt ab, und deine Spucke trifft einen Touristen unten im Boot." Als besonders nettes Verhalten der Ortsansässigen ist das gewiß nicht einzustufen, aber darum gleich wieder auf die Ruppigkeit, Hemdsärmeligkeit und allgemeine Manierenlosigkeit des geborenen wie zugereisten New Yorkers zu schließen ist auch nicht angeraten. Denn es ließe sich mit gutem Grund behaupten, der Leser mache in dem schmalen Bändchen, das den Titel "Der Koloß von New York" einem alten, obskuren Science-fiction-Film verdankt, Bekanntschaft weniger mit dieser Stadt als mit einem einzigen ihrer Bewohner. Und darüber sollte selbst der bespuckte Tourist zunächst nicht enttäuscht sein.
Auch wer Whitehead als Autor von "John Henry Days" und "Die Fahrstuhlinspektorin" kennt, zwei Romanen, die immer sehr smart zwischen skurriler Phantastik und allegorischer Tiefenarbeit pendeln, wird sich wiederum nur allzugern von seinem schriftstellerischen Temperament mitreißen lassen. Whitehead ist ein Sprachartist, der im virtuosen Stakkato seine Prosa verdichtet, bis sie poetisch zu funkeln und epigrammatisch zu blitzen beginnt und sich trotz manch überhitzter Passagen eine kühle, sorry, coole Lässigkeit bewahrt. Das hat ihn nicht zu Unrecht zum literarischen Jungstar befördert, läuft aber auch Gefahr, in einem trendigen, schnell parodiefähigen Manierismus zu erstarren. Jedenfalls ist sein Übersetzer nicht zu beneiden, der sich in einen Musiker verwandeln und die gesamte Partitur nicht nur transponieren, sondern umorchestrieren muß. Nikolaus Stingl macht das sehr gut, auch wenn er manchmal das Tempo drosselt und etwa das Wetter überall die gleichen Sätze "zeitigen" läßt, wo es im Original "spark", also "zünden", heißt. Öfter aber legt er noch einen Zahn zu, degradiert "hometown" zum "Heimatkaff" und will uns die arroganten Gebäude der Skyline, die Whitehead wie ein "jerk festival" vorkommen, als "Versammlung von Arschlöchern" verkaufen. "Deppen" hätten es wohl auch getan.
Ist die New Yorker Kulisse aus den beiden Romanen nicht wegzudenken, so scheint "Der Koloß von New York" es sich zur paradoxen Aufgabe gemacht zu haben, auf weiten Strecken auch ohne sie auszukommen. Mit einem New-York-Porträt, wie es vor mehr als einem halben Jahrhundert in bis heute unübertroffener, auf siebeneinhalbtausend Wörter verknappter Form der naturreine Stilist E. B. White mit "Here is New York" vorlegte, haben wir es bestimmt nicht zu tun. "Was folgt", schreibt Whitehead in dem "Stadtgrenzen" genannten Eröffnungskapitel, "ist meine Stadt. Also eine Art Reiseführer mit praktischen, farbkodierten Karten und winzigem Kleindruck, den Sie sehr genau lesen sollten, damit Sie keine Überraschungen erleben." Der Schelm! Nichts davon ist wahr. Was folgt, sind Meditationen über ein Thema, das der Autor als bekannt voraussetzt. Radikaler noch: Whitehead porträtiert eigentlich Whitehead. "Es gibt hier Trauerweiden", schreibt er über den Central Park. "Sie erinnern mich an mich." New York interessiert ihn nur in dem Maße, in dem er darauf reagiert.
Auch das ist noch einmal zuzuspitzen. New York ist bei ihm die Hauptfigur, die bequem zu ersetzen ist. Und ständig ersetzt wird. "Eine Stadt in dreizehn Teilen"raunt bedeutungsvoll der Untertitel mit dem unbestimmten Artikel. Irgendeine Stadt? Kapitelüberschriften wie "Morgens", "Regen", "Rush hour" verweisen auf eine Gültigkeit der Eindrücke über die Stadtgrenzen von New York hinaus. Aber auch, wo "Central Park" oder "Broadway", "Times Square" oder "Brooklyn Bridge" drübersteht, hat die spezifische Analyse des New-Yorkerischen gegenüber der generellen Skizze eines großstädtischen Lebens kaum eine Chance. In "JFK", dem auf anderthalb Seiten komprimierten Schlußkapitel, schlägt Whitehead denn auch die dann nicht mehr überraschende Volte: "Über New York zu reden ist eine Art und Weise, über die Welt zu reden." Warum nicht, als Prototyp der Metropole kann New York immer noch allerbeste Dienste leisten. Nur macht sich der Autor seine Aufgabe so nicht eben leichter. Auf die Mithilfe von New York zu verzichten heißt auch, alles auf eine originelle persönliche Betrachtungsweise zu setzen.
Whitehead sucht den Coup zu landen, indem er seine Stimme in ein wahres Stimmengewirr einwebt. Ich, du und wir, er, sie und sie und Sie - niemandem wird das Wort verwehrt. Auktoriale Gewißheiten und erahnte Gedanken von U-Bahn-Fahrern und anthropomorphisierten Brücken und Wetterlagen, innere Monologe und äußere Wortkaskaden jagen einander von Satz zu Satz und bisweilen innerhalb eines Satzes. Für den Tonartwechsel im Zeitraffertempo kommen nur guttrainierte Leser in Frage. Das Panorama versteckt sich hinter der Vignette, die, bis zum Fragment verkürzt, noch kurze Kapitel in absatzlange Minikapitel unterteilt. Dabei bleibt keine Zeit, der Stadt auch historisch, ökonomisch, politisch, sozial oder sozialpolitisch ein Gesicht zu geben. Nicht einmal die Terroranschläge wachsen über die Schatten hinaus, die Whtehead für seinen Film noir in Worten bevorzugt.
Das "Ersatzuniversum" New York besteht bei ihm aus Impressionen, die er allerdings expressionistisch auflädt. Am Strand von Coney Island fegt ein Besen aus salziger Luft, und entlang den Seiten des Landungsstegs spießen Angler Hoffnung auf Haken. Am Broadway hört er Ratten im Gossenchor rufen: Das Leben ist ein Streit mit der Welt um Zeit. Ein Porträt einer Stadt in Sinnsprüchen. Wenn sie in die Banalität abstürzen, was auch vorkommt, erfahren wir bloß: "Fremdsprachige Zeitungen sind auf unterschiedliche Bevölkerungsgruppen ausgerichtet." Darüber tröstet der Gang an einem verschneiten Morgen, der "zur Pflichtlektüre" wird, "zu einem Handbuch des Kampfes gegen Widrigkeiten".
Was im Magazinartikel Rasanz verspricht, wird, selbst auf nur mäßige Buchlänge gestreckt, leicht zum Durchhaltetest. Sein konsequenter Stilwille und seine exzentrische Laboranordnung schützen Whitehead nicht vor den Gefahren von Manier und Masche. Als er sein Grundrezept im vorletzten Kapitel über den Times Square verrät, kann es schon keine Überraschung mehr hervorrufen: "Koch die Vorstellung von Metropole ein, bis sie auf wenige Häuserblocks reduziert ist, gib einen Schuß Übertreibung und einen Eßlöffel Leid dazu. Schmecke mit Hybris ab. Serviermenge: reichlich." Nur mit der Serviermenge hält er sich im "Koloß von New York" zurück: 150 Seiten. Immer noch reichlich genug.
JORDAN MEJIAS
Colson Whitehead: "Der Koloß von New York". Eine Stadt in dreizehn Teilen. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Nikolaus Stingl. Carl Hanser Verlag, München 2005. 150 S., geb., 14,90 [Euro].
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Auf großer Flamme gekocht: Colson Whiteheads New-York-Porträt
Die armen Touristen. Statt sie bei der Hand zu nehmen und geduldig durch seine Stadt zu führen, erspart Colson Whitehead ihnen kein Ungemach. Er wiegelt sogar gegen Touristen auf, wenn er dem Nichttouristen beim Überqueren der Brooklyn Bridge rät: "Paß den richtigen Zeitpunkt ab, und deine Spucke trifft einen Touristen unten im Boot." Als besonders nettes Verhalten der Ortsansässigen ist das gewiß nicht einzustufen, aber darum gleich wieder auf die Ruppigkeit, Hemdsärmeligkeit und allgemeine Manierenlosigkeit des geborenen wie zugereisten New Yorkers zu schließen ist auch nicht angeraten. Denn es ließe sich mit gutem Grund behaupten, der Leser mache in dem schmalen Bändchen, das den Titel "Der Koloß von New York" einem alten, obskuren Science-fiction-Film verdankt, Bekanntschaft weniger mit dieser Stadt als mit einem einzigen ihrer Bewohner. Und darüber sollte selbst der bespuckte Tourist zunächst nicht enttäuscht sein.
Auch wer Whitehead als Autor von "John Henry Days" und "Die Fahrstuhlinspektorin" kennt, zwei Romanen, die immer sehr smart zwischen skurriler Phantastik und allegorischer Tiefenarbeit pendeln, wird sich wiederum nur allzugern von seinem schriftstellerischen Temperament mitreißen lassen. Whitehead ist ein Sprachartist, der im virtuosen Stakkato seine Prosa verdichtet, bis sie poetisch zu funkeln und epigrammatisch zu blitzen beginnt und sich trotz manch überhitzter Passagen eine kühle, sorry, coole Lässigkeit bewahrt. Das hat ihn nicht zu Unrecht zum literarischen Jungstar befördert, läuft aber auch Gefahr, in einem trendigen, schnell parodiefähigen Manierismus zu erstarren. Jedenfalls ist sein Übersetzer nicht zu beneiden, der sich in einen Musiker verwandeln und die gesamte Partitur nicht nur transponieren, sondern umorchestrieren muß. Nikolaus Stingl macht das sehr gut, auch wenn er manchmal das Tempo drosselt und etwa das Wetter überall die gleichen Sätze "zeitigen" läßt, wo es im Original "spark", also "zünden", heißt. Öfter aber legt er noch einen Zahn zu, degradiert "hometown" zum "Heimatkaff" und will uns die arroganten Gebäude der Skyline, die Whitehead wie ein "jerk festival" vorkommen, als "Versammlung von Arschlöchern" verkaufen. "Deppen" hätten es wohl auch getan.
Ist die New Yorker Kulisse aus den beiden Romanen nicht wegzudenken, so scheint "Der Koloß von New York" es sich zur paradoxen Aufgabe gemacht zu haben, auf weiten Strecken auch ohne sie auszukommen. Mit einem New-York-Porträt, wie es vor mehr als einem halben Jahrhundert in bis heute unübertroffener, auf siebeneinhalbtausend Wörter verknappter Form der naturreine Stilist E. B. White mit "Here is New York" vorlegte, haben wir es bestimmt nicht zu tun. "Was folgt", schreibt Whitehead in dem "Stadtgrenzen" genannten Eröffnungskapitel, "ist meine Stadt. Also eine Art Reiseführer mit praktischen, farbkodierten Karten und winzigem Kleindruck, den Sie sehr genau lesen sollten, damit Sie keine Überraschungen erleben." Der Schelm! Nichts davon ist wahr. Was folgt, sind Meditationen über ein Thema, das der Autor als bekannt voraussetzt. Radikaler noch: Whitehead porträtiert eigentlich Whitehead. "Es gibt hier Trauerweiden", schreibt er über den Central Park. "Sie erinnern mich an mich." New York interessiert ihn nur in dem Maße, in dem er darauf reagiert.
Auch das ist noch einmal zuzuspitzen. New York ist bei ihm die Hauptfigur, die bequem zu ersetzen ist. Und ständig ersetzt wird. "Eine Stadt in dreizehn Teilen"raunt bedeutungsvoll der Untertitel mit dem unbestimmten Artikel. Irgendeine Stadt? Kapitelüberschriften wie "Morgens", "Regen", "Rush hour" verweisen auf eine Gültigkeit der Eindrücke über die Stadtgrenzen von New York hinaus. Aber auch, wo "Central Park" oder "Broadway", "Times Square" oder "Brooklyn Bridge" drübersteht, hat die spezifische Analyse des New-Yorkerischen gegenüber der generellen Skizze eines großstädtischen Lebens kaum eine Chance. In "JFK", dem auf anderthalb Seiten komprimierten Schlußkapitel, schlägt Whitehead denn auch die dann nicht mehr überraschende Volte: "Über New York zu reden ist eine Art und Weise, über die Welt zu reden." Warum nicht, als Prototyp der Metropole kann New York immer noch allerbeste Dienste leisten. Nur macht sich der Autor seine Aufgabe so nicht eben leichter. Auf die Mithilfe von New York zu verzichten heißt auch, alles auf eine originelle persönliche Betrachtungsweise zu setzen.
Whitehead sucht den Coup zu landen, indem er seine Stimme in ein wahres Stimmengewirr einwebt. Ich, du und wir, er, sie und sie und Sie - niemandem wird das Wort verwehrt. Auktoriale Gewißheiten und erahnte Gedanken von U-Bahn-Fahrern und anthropomorphisierten Brücken und Wetterlagen, innere Monologe und äußere Wortkaskaden jagen einander von Satz zu Satz und bisweilen innerhalb eines Satzes. Für den Tonartwechsel im Zeitraffertempo kommen nur guttrainierte Leser in Frage. Das Panorama versteckt sich hinter der Vignette, die, bis zum Fragment verkürzt, noch kurze Kapitel in absatzlange Minikapitel unterteilt. Dabei bleibt keine Zeit, der Stadt auch historisch, ökonomisch, politisch, sozial oder sozialpolitisch ein Gesicht zu geben. Nicht einmal die Terroranschläge wachsen über die Schatten hinaus, die Whtehead für seinen Film noir in Worten bevorzugt.
Das "Ersatzuniversum" New York besteht bei ihm aus Impressionen, die er allerdings expressionistisch auflädt. Am Strand von Coney Island fegt ein Besen aus salziger Luft, und entlang den Seiten des Landungsstegs spießen Angler Hoffnung auf Haken. Am Broadway hört er Ratten im Gossenchor rufen: Das Leben ist ein Streit mit der Welt um Zeit. Ein Porträt einer Stadt in Sinnsprüchen. Wenn sie in die Banalität abstürzen, was auch vorkommt, erfahren wir bloß: "Fremdsprachige Zeitungen sind auf unterschiedliche Bevölkerungsgruppen ausgerichtet." Darüber tröstet der Gang an einem verschneiten Morgen, der "zur Pflichtlektüre" wird, "zu einem Handbuch des Kampfes gegen Widrigkeiten".
Was im Magazinartikel Rasanz verspricht, wird, selbst auf nur mäßige Buchlänge gestreckt, leicht zum Durchhaltetest. Sein konsequenter Stilwille und seine exzentrische Laboranordnung schützen Whitehead nicht vor den Gefahren von Manier und Masche. Als er sein Grundrezept im vorletzten Kapitel über den Times Square verrät, kann es schon keine Überraschung mehr hervorrufen: "Koch die Vorstellung von Metropole ein, bis sie auf wenige Häuserblocks reduziert ist, gib einen Schuß Übertreibung und einen Eßlöffel Leid dazu. Schmecke mit Hybris ab. Serviermenge: reichlich." Nur mit der Serviermenge hält er sich im "Koloß von New York" zurück: 150 Seiten. Immer noch reichlich genug.
JORDAN MEJIAS
Colson Whitehead: "Der Koloß von New York". Eine Stadt in dreizehn Teilen. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Nikolaus Stingl. Carl Hanser Verlag, München 2005. 150 S., geb., 14,90 [Euro].
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