Kalifornien, 1969. Evie Boyd ist vierzehn und möchte unbedingt gesehen werden – aber weder die frisch geschiedenen Eltern noch ihre einzige Freundin beachten sie. Doch dann, an einem der endlosen Sommertage, begegnet sie ihnen: den „Girls“. Das Haar, lang und unfrisiert. Die ausgefransten Kleider. Ihr lautes, freies Lachen. Unter ihnen ist auch die ältere Suzanne, der Evie verfällt. Mit ihnen zieht sie zu Russell, einem Typ wie Charles Manson, dessen Ranch tief in den Hügeln liegt. Gerüchte von Sex, wilden Partys, Einzelne, die plötzlich ausreißen. Evie gibt sich der Vision grenzenloser Liebe hin und merkt nicht, wie der Moment naht, der ihr Leben mit Gewalt für immer zerstören könnte.
Dieser Download kann aus rechtlichen Gründen nur mit Rechnungsadresse in D, A, L ausgeliefert werden.
buecher-magazin.de"Ihre Tochter hatte nie zuvor Probleme gemacht, hatte immer widerstandslos mitgezogen, so ordentlich und eigenständig wie jene Fische, die ihr Aquarium selbst sauber halten." Wunderbare Sätze wie dieser, voller elegischer Trägheit und stark in Bild und Emotion, machen die Wucht des Romans aus, der Schauerliches erzählt, dabei aber gleichzeitig zart bleibt. Die Tochter ist Erzählerin Evie, vierzehn Jahre alt im Sommer 1969 in Kalifornien - das Damals wird erinnert von einer abgehalfterten Evie mittleren Alters. Zwei Jugendliche kommen, die sagen "Du warst doch bei dieser Sekte", mehr sensationslüstern als geschockt. Im Sommer 1969 verlor Evie ihre Unschuld und irgendwie auch ihre Zukunft, denn sie traf kokette Hippiemädchen, die sich um den charismatischen Russel scharten; ein manipulativer Egomane, der dies weidlich ausnutzte. Evie wird angezogen von der grenzenlosen Freiheit, dem Leben auf seiner Ranch, einer Kommune, die von Spenden, Müll und Raub lebt, ideologisch getragen von Russels Mantren und Euphorie aus Drogen und Sex, die Wirklichkeit unscharf in der Ferne. Cline gelingt es, die Attraktivität spürbar zu machen, ohne vor der Wahrheit die Augen zu verschließen. Auch Charles Manson hatte eine solche Ranch und solche Mädchen - und wie mit Russel endete der Traum mit Toten.
© BÜCHERmagazin, Meike Dannenberg (md)
© BÜCHERmagazin, Meike Dannenberg (md)
Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Zwei Millionen Vorschuss für ein Romandebüt? Katharina Granzin findet, Emma Cline hat das durchaus verdient. Atmosphärisch sicher, meint sie, fängt die junge Autorin die drogenschwangere Stimmung von 1969 ein sowie die Teenager-Sehnsucht nach Bestimmung und Gemeinschaft. Dass die auf den Geschehnissen um die Manson-Family basierende Coming-of-Age-Geschichte eine Rahmenhandlung nötig hat, scheint Granzin allerdings nicht zu finden. Wie die wohlstandverwahrloste jugendliche Protagonistin Evie in den Sog einer Sekte gelangt, kann ihr die Autorin einfühlsam schildern, die konstruierte Distanz scheint Granzin nicht unbedingt notwendig, sondern durchschaubar, und die gereifte Evie findet sie längst nicht so überzeugend wie die junge, gefährdete.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 25.07.2016LITERATUR
Blumenkinder des Bösen
Emma Cline erzählt in ihrem erstaunlichen Debütroman „The Girls“ von einem jungen Mädchen,
das Ende der Sechzigerjahre in die Fänge einer mörderischen Hippie-Sekte gerät
VON FRANZISKA WOLFFHEIM
Es gibt eine Reihe von Erklärungsmustern, warum Evie Boyd in den Sog einer sektenartigen Gemeinschaft geraten ist, damals, Ende der Sechzigerjahre. Sie ist jung, unsicher, ein unausgegorener Teenager, der ins Internat geschickt werden soll. Die Eltern frisch geschieden und unfähig, ihr dauerhaft Halt zu geben. Ein diffuser Hass treibt das junge Mädchen an, das Gefühl, von einer Gesellschaft betrogen zu werden, in der Sexismus allgegenwärtig ist. Evie sehnt sich nach Bestätigung, Komplimenten, will Aufmerksamkeit erregen, die sie nicht bekommt, zupft vergeblich ihren Ausschnitt tiefer, fühlt sich wie in einem Wartezimmer des Lebens, aus dem keiner sie abholt. Und nun?
Emma Cline liefert in ihrem großartigen Debüt eine Reihe sehr plausibler Gründe, warum jemand Opfer einer hermetischen Glaubensgemeinschaft werden kann. Darüber hinaus gibt es aber auch eine Botschaft zwischen den Zeilen, und die lautet: Es bleibt immer etwas Unbegreifliches, warum jemand die Kontrolle über sein Leben abgibt, sein ohnehin schwächelndes Ich anderen Menschen überantwortet. Und genau darin steckt das Unheimliche, das die Unterströmung dieses subtilen Romans ausmacht. Emma Cline ist eine Autorin, die viele Fragen stellt, sie aber gar nicht unbedingt beantworten will. Wenn Evie Boyd, die Ich-Erzählerin des Romans, als Frau mittleren Alters reflektiert, was damals geschehen ist, stößt sie in ihrem Wunsch nach Selbsterkenntnis an Grenzen: Wie weit versteht man überhaupt den Menschen, der man damals in der fernen Vergangenheit war, wie weit bleibt er einem fremd? Eine eindeutige Antwort gibt es nicht.
Was Evie Boyd als 14-Jährige erlebt, ist die berühmte Begegnung, die das ganze Leben verändert. Es sind die „Girls“, denen sie in einem Park über den Weg läuft: eine Gruppe junger Mädchen mit langen, ungepflegten Haaren und provozierend schäbigen Klamotten, die mit einer Attitüde herumlaufen, als würden sie über allem schweben. Evie, fasziniert von der demonstrativen Nonchalance der Mädchen-Gang, zieht bald zu ihnen in die Hippie-Kommune in den Hügeln Kaliforniens, in der deutlich mehr Frauen als Männer leben. Sie verfällt der etwas älteren Suzanne, geschmeichelt, dass da endlich jemand ist, der sie wirklich anschaut und nicht durch sie hindurchblickt, wie sie es sonst ständig erlebt hat. Schließlich lernt sie auch Russell kennen, einen durchtriebenen Manipulator, der Evie verspricht, sie von ihrer Traurigkeit zu erlösen: den Verstand ausschalten, das Ich verschwinden lassen, den kosmischen Wind aufnehmen.
Doch es bleibt nicht bei diesen esoterisch verquasten Botschaften. Bald erteilt der Guru seinen Groupies einen verhängnisvollen Auftrag, bei dem auch Mord im Spiel ist. Man denkt dabei sofort an Charles Manson und seine mörderische Manson Family. Auch Manson hatte, wie Russell, seine Anhänger zu tödlichen Verbrechen angestiftet, ohne die Taten selbst begangen zu haben.
Die Spannung, die Cline in ihrem thrillerartigen Roman aufbaut, ist beträchtlich, auch wenn man als Leser ahnt, was am Ende passiert. Aber weil man nicht weiß, wie es passiert, bleibt man in einer düsteren Erwartung gefangen, und auch dieses vorweggenommene Grauen grundiert die Atmosphäre des Romans. Zudem gelingt der Autorin in der Rahmenhandlung ein weiteres Spannungsmoment. Die älter gewordene Evie Boyd, zurückgezogen, einsam, hütet das Ferienhaus eines Freundes. Gegen Mitternacht hört sie plötzlich Lärm, Leute dringen in das Haus ein, sie liegt im Bett, und die Panik breitet sich immer mehr in ihr aus.
Was ihre Ängste triggert, sind die Mordfälle der Vergangenheit, Boyd befürchtet, sie selbst könnte jetzt das Opfer sein. Diese Verdoppelung – der reale Horror von damals und das mögliche Grauen der Gegenwart – ist dramaturgisch ein geschickter Kunstgriff. Und er ist umso subtiler, als Evie Boyd gar nicht dabei war, damals, als die von Russell angestifteten Morde passierten. Erst im Nachhinein hat sie aus dem Fernsehen von den spektakulären Verbrechen erfahren, sie haben sich in ihrer Fantasie eingenistet, sind zu düsteren Riesen geworden.
Vor allem ein Gedanke wird in Evie Boyds Kopf zur Endlosschleife: Was wäre gewesen, wenn sie dabei gewesen wäre? Hätte sie die anderen vom Töten abgehalten, oder hätte sie am Ende mitgemacht? „Vielleicht wäre es mir leichtgefallen“, sinniert Boyd. Sie hätte unter Umständen mitgemacht, weil der Hass auf eine Gesellschaft, in der sie sich immer wieder ausgegrenzt fühlt, plötzlich in Gewaltlust umschlagen kann, die Täterrolle einen fatalen Moment lang attraktiver zu sein scheint als die Opferrolle. Mit diesen fiktiven Szenarien muss sich Evie Boyd zeitlebens herumschlagen. Auch das, was hätte passieren können aber nicht geschehen ist, kann zu Verheerungen in der Psyche führen.
Es gibt verschiedene mehr oder weniger gelungene Romane über Sekten, von Mo Hayder („Die Sekte“), Hansjörg Schertenleib („Die Namenlosen“) bis zu Haruki Murakami („1Q84“). Emma Clines Roman „The Girls“ – der Titel der Originalausgabe wurde klugerweise beibehalten – ist so bemerkenswert, weil er eigentlich alles hat: Spannung, Tiefe, psychologisch differenzierte Figuren und starke Bilder. Gleich am Anfang beschreibt Cline eindrucksvoll die unheilvolle Macht, die die „Girls“ durch ihre bloße Anwesenheit ausstrahlen: „Mütter schauten sich nach ihren Kindern um, bewogen von einem Gefühl, das sie nicht benennen konnten. Frauen griffen nach der Hand ihres Freundes. Die Sonne stach durch die Bäume wie immer – verschlafene Weiden, der über die Picknickdecken fahrende, heiße Wind – , aber die Vertrautheit des Tages wurde gestört von der Bahn, die die Mädchen durch die normale Welt zogen. Geschmeidig und gedankenlos wie durch das Wasser gleitende Haie.“
All das erfahren wir aus dem Blickwinkel der jungen Evie. Der Autorin gelingt es, immer wieder poetische Bilder zu finden, die jedoch die Glaubwürdigkeit der Erzählerperspektive nicht infrage stellen. Als Leser meint man, mit der Autorin durch einen engen Tunnel zu fahren, von dem man nicht weiß, ob er jemals endet, der aber, trotz aller Düsternis, mit eindrucksvollen Graffitis besprüht ist.
Emma Cline, Jahrgang 1989 und in Kalifornien aufgewachsen, wird in den USA als literarisches Wunderkind gehandelt. „Ein brillanter und zutiefst überwältigender Roman“, lobte Altmeister Richard Ford. Erstaunlich ist vor allem die unglaubliche Reife der Autorin: Emma Cline schreibt, als sei sie mindestens so alt wie ihre Protagonistin Evie Boyd, die viele Jahre später auf ihre Jugend zurückschaut.
Die Spannung, die Cline
in ihrem thrillerartigen Plot
aufbaut, ist beträchtlich
Richard Ford lobte
den Roman als brillant
und überwältigend
Die Roman-Heldin verfällt den sanften Verführern.
Foto: Westend61 / vario images
Emma Cline: The Girls. Roman. Aus dem Englischen von Nikolaus Stingl. Carl Hanser Verlag, München 2016. 349 Seiten, 22 Euro. E-Book 16,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Blumenkinder des Bösen
Emma Cline erzählt in ihrem erstaunlichen Debütroman „The Girls“ von einem jungen Mädchen,
das Ende der Sechzigerjahre in die Fänge einer mörderischen Hippie-Sekte gerät
VON FRANZISKA WOLFFHEIM
Es gibt eine Reihe von Erklärungsmustern, warum Evie Boyd in den Sog einer sektenartigen Gemeinschaft geraten ist, damals, Ende der Sechzigerjahre. Sie ist jung, unsicher, ein unausgegorener Teenager, der ins Internat geschickt werden soll. Die Eltern frisch geschieden und unfähig, ihr dauerhaft Halt zu geben. Ein diffuser Hass treibt das junge Mädchen an, das Gefühl, von einer Gesellschaft betrogen zu werden, in der Sexismus allgegenwärtig ist. Evie sehnt sich nach Bestätigung, Komplimenten, will Aufmerksamkeit erregen, die sie nicht bekommt, zupft vergeblich ihren Ausschnitt tiefer, fühlt sich wie in einem Wartezimmer des Lebens, aus dem keiner sie abholt. Und nun?
Emma Cline liefert in ihrem großartigen Debüt eine Reihe sehr plausibler Gründe, warum jemand Opfer einer hermetischen Glaubensgemeinschaft werden kann. Darüber hinaus gibt es aber auch eine Botschaft zwischen den Zeilen, und die lautet: Es bleibt immer etwas Unbegreifliches, warum jemand die Kontrolle über sein Leben abgibt, sein ohnehin schwächelndes Ich anderen Menschen überantwortet. Und genau darin steckt das Unheimliche, das die Unterströmung dieses subtilen Romans ausmacht. Emma Cline ist eine Autorin, die viele Fragen stellt, sie aber gar nicht unbedingt beantworten will. Wenn Evie Boyd, die Ich-Erzählerin des Romans, als Frau mittleren Alters reflektiert, was damals geschehen ist, stößt sie in ihrem Wunsch nach Selbsterkenntnis an Grenzen: Wie weit versteht man überhaupt den Menschen, der man damals in der fernen Vergangenheit war, wie weit bleibt er einem fremd? Eine eindeutige Antwort gibt es nicht.
Was Evie Boyd als 14-Jährige erlebt, ist die berühmte Begegnung, die das ganze Leben verändert. Es sind die „Girls“, denen sie in einem Park über den Weg läuft: eine Gruppe junger Mädchen mit langen, ungepflegten Haaren und provozierend schäbigen Klamotten, die mit einer Attitüde herumlaufen, als würden sie über allem schweben. Evie, fasziniert von der demonstrativen Nonchalance der Mädchen-Gang, zieht bald zu ihnen in die Hippie-Kommune in den Hügeln Kaliforniens, in der deutlich mehr Frauen als Männer leben. Sie verfällt der etwas älteren Suzanne, geschmeichelt, dass da endlich jemand ist, der sie wirklich anschaut und nicht durch sie hindurchblickt, wie sie es sonst ständig erlebt hat. Schließlich lernt sie auch Russell kennen, einen durchtriebenen Manipulator, der Evie verspricht, sie von ihrer Traurigkeit zu erlösen: den Verstand ausschalten, das Ich verschwinden lassen, den kosmischen Wind aufnehmen.
Doch es bleibt nicht bei diesen esoterisch verquasten Botschaften. Bald erteilt der Guru seinen Groupies einen verhängnisvollen Auftrag, bei dem auch Mord im Spiel ist. Man denkt dabei sofort an Charles Manson und seine mörderische Manson Family. Auch Manson hatte, wie Russell, seine Anhänger zu tödlichen Verbrechen angestiftet, ohne die Taten selbst begangen zu haben.
Die Spannung, die Cline in ihrem thrillerartigen Roman aufbaut, ist beträchtlich, auch wenn man als Leser ahnt, was am Ende passiert. Aber weil man nicht weiß, wie es passiert, bleibt man in einer düsteren Erwartung gefangen, und auch dieses vorweggenommene Grauen grundiert die Atmosphäre des Romans. Zudem gelingt der Autorin in der Rahmenhandlung ein weiteres Spannungsmoment. Die älter gewordene Evie Boyd, zurückgezogen, einsam, hütet das Ferienhaus eines Freundes. Gegen Mitternacht hört sie plötzlich Lärm, Leute dringen in das Haus ein, sie liegt im Bett, und die Panik breitet sich immer mehr in ihr aus.
Was ihre Ängste triggert, sind die Mordfälle der Vergangenheit, Boyd befürchtet, sie selbst könnte jetzt das Opfer sein. Diese Verdoppelung – der reale Horror von damals und das mögliche Grauen der Gegenwart – ist dramaturgisch ein geschickter Kunstgriff. Und er ist umso subtiler, als Evie Boyd gar nicht dabei war, damals, als die von Russell angestifteten Morde passierten. Erst im Nachhinein hat sie aus dem Fernsehen von den spektakulären Verbrechen erfahren, sie haben sich in ihrer Fantasie eingenistet, sind zu düsteren Riesen geworden.
Vor allem ein Gedanke wird in Evie Boyds Kopf zur Endlosschleife: Was wäre gewesen, wenn sie dabei gewesen wäre? Hätte sie die anderen vom Töten abgehalten, oder hätte sie am Ende mitgemacht? „Vielleicht wäre es mir leichtgefallen“, sinniert Boyd. Sie hätte unter Umständen mitgemacht, weil der Hass auf eine Gesellschaft, in der sie sich immer wieder ausgegrenzt fühlt, plötzlich in Gewaltlust umschlagen kann, die Täterrolle einen fatalen Moment lang attraktiver zu sein scheint als die Opferrolle. Mit diesen fiktiven Szenarien muss sich Evie Boyd zeitlebens herumschlagen. Auch das, was hätte passieren können aber nicht geschehen ist, kann zu Verheerungen in der Psyche führen.
Es gibt verschiedene mehr oder weniger gelungene Romane über Sekten, von Mo Hayder („Die Sekte“), Hansjörg Schertenleib („Die Namenlosen“) bis zu Haruki Murakami („1Q84“). Emma Clines Roman „The Girls“ – der Titel der Originalausgabe wurde klugerweise beibehalten – ist so bemerkenswert, weil er eigentlich alles hat: Spannung, Tiefe, psychologisch differenzierte Figuren und starke Bilder. Gleich am Anfang beschreibt Cline eindrucksvoll die unheilvolle Macht, die die „Girls“ durch ihre bloße Anwesenheit ausstrahlen: „Mütter schauten sich nach ihren Kindern um, bewogen von einem Gefühl, das sie nicht benennen konnten. Frauen griffen nach der Hand ihres Freundes. Die Sonne stach durch die Bäume wie immer – verschlafene Weiden, der über die Picknickdecken fahrende, heiße Wind – , aber die Vertrautheit des Tages wurde gestört von der Bahn, die die Mädchen durch die normale Welt zogen. Geschmeidig und gedankenlos wie durch das Wasser gleitende Haie.“
All das erfahren wir aus dem Blickwinkel der jungen Evie. Der Autorin gelingt es, immer wieder poetische Bilder zu finden, die jedoch die Glaubwürdigkeit der Erzählerperspektive nicht infrage stellen. Als Leser meint man, mit der Autorin durch einen engen Tunnel zu fahren, von dem man nicht weiß, ob er jemals endet, der aber, trotz aller Düsternis, mit eindrucksvollen Graffitis besprüht ist.
Emma Cline, Jahrgang 1989 und in Kalifornien aufgewachsen, wird in den USA als literarisches Wunderkind gehandelt. „Ein brillanter und zutiefst überwältigender Roman“, lobte Altmeister Richard Ford. Erstaunlich ist vor allem die unglaubliche Reife der Autorin: Emma Cline schreibt, als sei sie mindestens so alt wie ihre Protagonistin Evie Boyd, die viele Jahre später auf ihre Jugend zurückschaut.
Die Spannung, die Cline
in ihrem thrillerartigen Plot
aufbaut, ist beträchtlich
Richard Ford lobte
den Roman als brillant
und überwältigend
Die Roman-Heldin verfällt den sanften Verführern.
Foto: Westend61 / vario images
Emma Cline: The Girls. Roman. Aus dem Englischen von Nikolaus Stingl. Carl Hanser Verlag, München 2016. 349 Seiten, 22 Euro. E-Book 16,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.07.2016Ja, klar, vielleicht
Ein Mordstheater: Alle reden von Emma Cline, alle warten auf ihren ersten Roman. Jetzt ist "The Girls" erschienen. Und?
Es ist schon zwei Jahre her, als plötzlich ihr Name auftauchte. Emma Cline, damals 25 Jahre alt, aufgewachsen im Norden Kaliforniens, hatte einen Roman geschrieben, "The Girls", suchte einen Verlag, und die amerikanischen Verleger rissen sich um sie, überboten sich mit immer neuen Angeboten. Emma Cline hatte an der Columbia University ihren Master of Fine Arts gemacht, war nach Brooklyn gezogen, in eine Hütte im Garten von Freunden, hatte Zeitschriftenartikel im "New Yorker" und in Oprah Winfreys Magazin "O" veröffentlicht und eine Erzählung in der "Paris Review", für die sie einen Preis bekam. Mehr wusste man nicht von ihr. Nur eben, dass es dieses Manuskript gab, einen Roman, in dem der Mörder Charles Manson eine Rolle spielen sollte oder eine Figur, die an ihn erinnerte. Dann kam der Vorschuss über zwei Millionen Dollar von Random House für einen Deal über drei Bücher. Und das neue Leben der Emma Cline konnte beginnen.
Erst vor ein paar Wochen ist "The Girls" in Amerika erschienen, nächste Woche folgt die deutsche Übersetzung im Hanser-Verlag. Die Autorin gibt gerade ein Interview nach dem anderen, Lena Dunham und Jennifer Egan sind vom Buch begeistert, Richard Ford, als Grandseigneur unter den Schriftstellern, findet den Roman "brillant und überwältigend". Für die britische "Vogue" ließ sich Emma Cline mit offenen rotblonden Haaren in bodenlangen plissierten Hippie-Seidenkleidern fotografieren, denn um die Hippie-Zeit geht es ja.
"The Girls" ist, jedenfalls auf den ersten Blick, ein historischer Roman, der im Jahr 1969 ein 14-jähriges Mädchen in die Fänge der Manson Family geraten lässt, jener sektenartigen Hippie-Kommune aus der Nähe von Los Angeles, die 1969 durch die Ermordung von Sharon Tate, Leno und Rosemary LaBianca und vier anderen weltberühmt wurde. Der charismatische Anführer und Verführer heißt im Roman nicht Manson. Er heißt Russell, "ein Typ wie Charles Manson", steht allerdings im Klappentext. Wir sollen an ihn denken, und jeder, der auch nur ein paar Details kennt, kann alles sofort zuordnen. Schnell ist klar, dass Dennis Wilson von der Band Beach Boys, den Manson 1968 kennenlernte, mit dem er Drogen nahm und sogar ein paar Lieder schrieb, im Roman Mitch heißt. Und dass Susan Atkins, eine glühende Anhängerin Mansons, die mit dem Blut von Sharon Tate das Wort "PIG" an die Haustür schrieb, das Vorbild für die Figur der Suzanne im Roman ist, ein Mädchen, in das sich die 14-jährige Erzählerin verliebt und deren Aufmerksamkeit sie um jeden Preis will.
Emma Cline hat die Manson-Literatur gelesen. Sie kennt Jeff Guinns Biographie oder das "Helter Skelter"-Buch von Vincent Bugliosi, das sie früh im Bücherschrank ihrer Eltern fand. "Ich komme aus Kalifornien, und auch meine Eltern kommen daher", hat sie gerade in einem Interview erzählt. "Sie waren Teenager, als diese Morde passierten, die das Leben für sie verändert haben und die, als ich aufwuchs, in Kalifornien irgendwie noch immer in der Luft lagen."
Trotzdem hat sie Russell in "The Girls" (das deutsche Buch heißt wie das englische) nicht zum Hauptdarsteller gemacht. Sie hat ihn an den Rand gedrängt, ihn in die Peripherie verbannt. Denn die Fallgeschichte, überhaupt die historische Wirklichkeit, ist gar nicht das, was sie in erster Linie interessiert. Worum es Emma Cline geht, ist eine eher überzeitliche Erzählung über die Sehnsüchte, Wünsche, die Verführbarkeit und Labilität eines 14-jährigen Mädchens, die sie, gerade weil in dieser speziellen Situation alles so deutlich zum Vorschein kommt, im Jahr 1969 in Kalifornien verankert. Was sie erzählt, ist die Geschichte eines Mädchens, dessen Eltern sich gerade getrennt haben, das sich nicht wahrgenommen fühlt, auch von ihrer besten Freundin nicht, und das dann den "Girls" begegnet, durch Zufall, an einem Sommertag. Sie haben lange, ungekämmte Haare, tragen ausgefranste Kleider, und sie gehören zu einem "Wir", um das Evie, die Erzählerin, sie beneidet.
"The Girls" ist deshalb vor allem ein psychologischer Roman, und dass Emma Cline ein besonderes psychologisches Gespür hat, beweist sie auf jeder Seite. Es ist überhaupt so, dass sich das ganze Buch sehr spannend liest, was daran liegt, dass man lesend immer voyeuristisch dabei ist. Mit den Augen Evies ist man dabei, als Suzanne ihr Russell vorstellt - und "Du bist da" zu ihr sagt, als hätte er auf sie gewartet. Man ist dabei, als er sie aus der Menschenmenge fischt, sie mit in seinen Wohnwagen nimmt und sie sexuell initiiert. Man verfolgt mit, wie er sie, zusammen mit Suzanne, zu Mitch schickt, damit beide Mädchen ihn nach Hause begleiten und mit ihm schlafen. Wie Evie immer mehr in das Leben auf der Ranch verwickelt wird, aber interessanterweise nie zu sehr. Von den Drogen hält sie sich weitgehend fern und nimmt die Unterwerfung auch nur in Kauf, um nahe bei Suzanne zu sein, nicht etwa, weil sie Russell hörig wäre.
Als die Mädchen schließlich in ein Haus einbrechen, deren Besitzer Evie schon ihr Leben lang kennt, und sie erwischt wird, ist die Zeit auf der Ranch erst mal zu Ende. Sie wird zu ihrem Vater nach Paolo Alto geschickt, keine Lösung, aber eine sichere Läuterung zwischendurch.
Emma Cline will ihre Figur dem Irrsinn Russells und dessen Gefolgschaft also nicht zu sehr ausliefern und sie trotzdem mit auf den Mord zusteuern lassen. Sie soll dabei sein und gleichzeitig auch nicht. Und genau das ist das erzählerische Problem dieses Romans, der mit der Manson-Geschichte immerzu die Extreme menschlicher Abgründe bereithält, aber aus der sicheren Komfortzone einer nicht ganz so sehr involvierten Erzählerin heraus. Den psychologischen Beobachtungen kommt diese Distanz bestimmt zugute, der erzählerischen Kraft aber nicht, weil auf diese Weise alles seltsam brav wirkt und, trotz der unterhaltsamen Lektüre, überhaupt keinen bleibenden Eindruck hinterlässt. So wie Evie, die Erzählerin, wird man auch lesend nicht wirklich beschmutzt, nicht richtig wider Willen verführt, man muss nichts riskieren, sondern ist einfach nur dabei und sieht zu. Und weil Emma Cline auch dort, wo der Tate-Mord geschieht, ihre Erzählerin nur halbherzig involviert, bleibt am Ende alles nur ein Gedankenspiel: "Vielleicht hätte auch ich etwas getan." Ja, klar, vielleicht.
So bewegt sich der Roman über einem Abgrund, ohne diesen wirklich spüren zu lassen - auch sprachlich nicht. In einer Kritik in der "New York Times" stand, Emma Cline schreibe Sätze, die so fein gedrechselt seien, dass man sie wie Schmuck tragen könnte. Ein zweifelhaftes Kompliment, das die Sache gut beschreibt: die adjektivlastige Beschaulichkeit, die harmlose Konventionalität einer Sprache, die genauso wenig ein Wagnis eingeht wie die Figur, die Emma Cline hier sprechen lässt: "Die einspurige Straße durch das Städtchen war von Wohnwagen gesäumt, deren Stellplätze sich wuchernd ausbreiteten - knatternde Windrädchen, Veranden, übersät mit gebleichten Bojen und Rettungsringen, der Dekoration bescheidender Menschen."
Oder: "Es war das Ende der Sechziger oder der Sommer vor dem Ende, und so kam es einem auch vor, wie ein endloser, formloser Sommer. Haight Ashbury bevölkert mit weißgewandeten Mitgliedern der Process Church, die ihre hafergelben Pamphlete verteilten, der an den Straßenrändern blühende Jasmin in jenem Jahr besonders duftend und voll. Jedermann war gesund, braungebrannt und schwer mit Schmuck behängt, und wenn nicht, dann war das auch schon was - man konnte irgendein Mondwesen mit Chiffon über den Lampenschirmen sein, bei einer Kitchari-Entgiftung, von der sämtliches Geschirr gelbe Kurkumaflecken bekam."
Es gibt Romane, in denen alles so explizit gemacht und psychologisch so viel erklärt wird, dass gar kein Spielraum bleibt, keine Lücken, keine Abgründe, die man lesend füllen könnte. Emma Clines "The Girls" ist so ein Roman.
JULIA ENCKE.
Emma Cline: "The Girls". Aus dem Englischen von Nikolaus Stingl. Verlag Carl Hanser, 352 Seiten, 22 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ein Mordstheater: Alle reden von Emma Cline, alle warten auf ihren ersten Roman. Jetzt ist "The Girls" erschienen. Und?
Es ist schon zwei Jahre her, als plötzlich ihr Name auftauchte. Emma Cline, damals 25 Jahre alt, aufgewachsen im Norden Kaliforniens, hatte einen Roman geschrieben, "The Girls", suchte einen Verlag, und die amerikanischen Verleger rissen sich um sie, überboten sich mit immer neuen Angeboten. Emma Cline hatte an der Columbia University ihren Master of Fine Arts gemacht, war nach Brooklyn gezogen, in eine Hütte im Garten von Freunden, hatte Zeitschriftenartikel im "New Yorker" und in Oprah Winfreys Magazin "O" veröffentlicht und eine Erzählung in der "Paris Review", für die sie einen Preis bekam. Mehr wusste man nicht von ihr. Nur eben, dass es dieses Manuskript gab, einen Roman, in dem der Mörder Charles Manson eine Rolle spielen sollte oder eine Figur, die an ihn erinnerte. Dann kam der Vorschuss über zwei Millionen Dollar von Random House für einen Deal über drei Bücher. Und das neue Leben der Emma Cline konnte beginnen.
Erst vor ein paar Wochen ist "The Girls" in Amerika erschienen, nächste Woche folgt die deutsche Übersetzung im Hanser-Verlag. Die Autorin gibt gerade ein Interview nach dem anderen, Lena Dunham und Jennifer Egan sind vom Buch begeistert, Richard Ford, als Grandseigneur unter den Schriftstellern, findet den Roman "brillant und überwältigend". Für die britische "Vogue" ließ sich Emma Cline mit offenen rotblonden Haaren in bodenlangen plissierten Hippie-Seidenkleidern fotografieren, denn um die Hippie-Zeit geht es ja.
"The Girls" ist, jedenfalls auf den ersten Blick, ein historischer Roman, der im Jahr 1969 ein 14-jähriges Mädchen in die Fänge der Manson Family geraten lässt, jener sektenartigen Hippie-Kommune aus der Nähe von Los Angeles, die 1969 durch die Ermordung von Sharon Tate, Leno und Rosemary LaBianca und vier anderen weltberühmt wurde. Der charismatische Anführer und Verführer heißt im Roman nicht Manson. Er heißt Russell, "ein Typ wie Charles Manson", steht allerdings im Klappentext. Wir sollen an ihn denken, und jeder, der auch nur ein paar Details kennt, kann alles sofort zuordnen. Schnell ist klar, dass Dennis Wilson von der Band Beach Boys, den Manson 1968 kennenlernte, mit dem er Drogen nahm und sogar ein paar Lieder schrieb, im Roman Mitch heißt. Und dass Susan Atkins, eine glühende Anhängerin Mansons, die mit dem Blut von Sharon Tate das Wort "PIG" an die Haustür schrieb, das Vorbild für die Figur der Suzanne im Roman ist, ein Mädchen, in das sich die 14-jährige Erzählerin verliebt und deren Aufmerksamkeit sie um jeden Preis will.
Emma Cline hat die Manson-Literatur gelesen. Sie kennt Jeff Guinns Biographie oder das "Helter Skelter"-Buch von Vincent Bugliosi, das sie früh im Bücherschrank ihrer Eltern fand. "Ich komme aus Kalifornien, und auch meine Eltern kommen daher", hat sie gerade in einem Interview erzählt. "Sie waren Teenager, als diese Morde passierten, die das Leben für sie verändert haben und die, als ich aufwuchs, in Kalifornien irgendwie noch immer in der Luft lagen."
Trotzdem hat sie Russell in "The Girls" (das deutsche Buch heißt wie das englische) nicht zum Hauptdarsteller gemacht. Sie hat ihn an den Rand gedrängt, ihn in die Peripherie verbannt. Denn die Fallgeschichte, überhaupt die historische Wirklichkeit, ist gar nicht das, was sie in erster Linie interessiert. Worum es Emma Cline geht, ist eine eher überzeitliche Erzählung über die Sehnsüchte, Wünsche, die Verführbarkeit und Labilität eines 14-jährigen Mädchens, die sie, gerade weil in dieser speziellen Situation alles so deutlich zum Vorschein kommt, im Jahr 1969 in Kalifornien verankert. Was sie erzählt, ist die Geschichte eines Mädchens, dessen Eltern sich gerade getrennt haben, das sich nicht wahrgenommen fühlt, auch von ihrer besten Freundin nicht, und das dann den "Girls" begegnet, durch Zufall, an einem Sommertag. Sie haben lange, ungekämmte Haare, tragen ausgefranste Kleider, und sie gehören zu einem "Wir", um das Evie, die Erzählerin, sie beneidet.
"The Girls" ist deshalb vor allem ein psychologischer Roman, und dass Emma Cline ein besonderes psychologisches Gespür hat, beweist sie auf jeder Seite. Es ist überhaupt so, dass sich das ganze Buch sehr spannend liest, was daran liegt, dass man lesend immer voyeuristisch dabei ist. Mit den Augen Evies ist man dabei, als Suzanne ihr Russell vorstellt - und "Du bist da" zu ihr sagt, als hätte er auf sie gewartet. Man ist dabei, als er sie aus der Menschenmenge fischt, sie mit in seinen Wohnwagen nimmt und sie sexuell initiiert. Man verfolgt mit, wie er sie, zusammen mit Suzanne, zu Mitch schickt, damit beide Mädchen ihn nach Hause begleiten und mit ihm schlafen. Wie Evie immer mehr in das Leben auf der Ranch verwickelt wird, aber interessanterweise nie zu sehr. Von den Drogen hält sie sich weitgehend fern und nimmt die Unterwerfung auch nur in Kauf, um nahe bei Suzanne zu sein, nicht etwa, weil sie Russell hörig wäre.
Als die Mädchen schließlich in ein Haus einbrechen, deren Besitzer Evie schon ihr Leben lang kennt, und sie erwischt wird, ist die Zeit auf der Ranch erst mal zu Ende. Sie wird zu ihrem Vater nach Paolo Alto geschickt, keine Lösung, aber eine sichere Läuterung zwischendurch.
Emma Cline will ihre Figur dem Irrsinn Russells und dessen Gefolgschaft also nicht zu sehr ausliefern und sie trotzdem mit auf den Mord zusteuern lassen. Sie soll dabei sein und gleichzeitig auch nicht. Und genau das ist das erzählerische Problem dieses Romans, der mit der Manson-Geschichte immerzu die Extreme menschlicher Abgründe bereithält, aber aus der sicheren Komfortzone einer nicht ganz so sehr involvierten Erzählerin heraus. Den psychologischen Beobachtungen kommt diese Distanz bestimmt zugute, der erzählerischen Kraft aber nicht, weil auf diese Weise alles seltsam brav wirkt und, trotz der unterhaltsamen Lektüre, überhaupt keinen bleibenden Eindruck hinterlässt. So wie Evie, die Erzählerin, wird man auch lesend nicht wirklich beschmutzt, nicht richtig wider Willen verführt, man muss nichts riskieren, sondern ist einfach nur dabei und sieht zu. Und weil Emma Cline auch dort, wo der Tate-Mord geschieht, ihre Erzählerin nur halbherzig involviert, bleibt am Ende alles nur ein Gedankenspiel: "Vielleicht hätte auch ich etwas getan." Ja, klar, vielleicht.
So bewegt sich der Roman über einem Abgrund, ohne diesen wirklich spüren zu lassen - auch sprachlich nicht. In einer Kritik in der "New York Times" stand, Emma Cline schreibe Sätze, die so fein gedrechselt seien, dass man sie wie Schmuck tragen könnte. Ein zweifelhaftes Kompliment, das die Sache gut beschreibt: die adjektivlastige Beschaulichkeit, die harmlose Konventionalität einer Sprache, die genauso wenig ein Wagnis eingeht wie die Figur, die Emma Cline hier sprechen lässt: "Die einspurige Straße durch das Städtchen war von Wohnwagen gesäumt, deren Stellplätze sich wuchernd ausbreiteten - knatternde Windrädchen, Veranden, übersät mit gebleichten Bojen und Rettungsringen, der Dekoration bescheidender Menschen."
Oder: "Es war das Ende der Sechziger oder der Sommer vor dem Ende, und so kam es einem auch vor, wie ein endloser, formloser Sommer. Haight Ashbury bevölkert mit weißgewandeten Mitgliedern der Process Church, die ihre hafergelben Pamphlete verteilten, der an den Straßenrändern blühende Jasmin in jenem Jahr besonders duftend und voll. Jedermann war gesund, braungebrannt und schwer mit Schmuck behängt, und wenn nicht, dann war das auch schon was - man konnte irgendein Mondwesen mit Chiffon über den Lampenschirmen sein, bei einer Kitchari-Entgiftung, von der sämtliches Geschirr gelbe Kurkumaflecken bekam."
Es gibt Romane, in denen alles so explizit gemacht und psychologisch so viel erklärt wird, dass gar kein Spielraum bleibt, keine Lücken, keine Abgründe, die man lesend füllen könnte. Emma Clines "The Girls" ist so ein Roman.
JULIA ENCKE.
Emma Cline: "The Girls". Aus dem Englischen von Nikolaus Stingl. Verlag Carl Hanser, 352 Seiten, 22 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Eine schonungslose Antwort auf die oftmals weltfremden Vorstellungen vor allem junger Mädchen, aber eigentlich vieler Amerikaner, die eine makellose Fassade aufbauen, hinter der alles Schmutzige und Verbotene unterdrückt und verleugnet vor sich hin gärt." Nicolas Freund, Süddeutsche Zeitung, 20.01.17
"Ein unglaubliches Debüt. ... Großartig geschrieben und auch wunderbar übersetzt." Daniela Strigl, ORF1 "Kulturjournal", 20.12.16
"Emma Cline macht in ihrem Debütroman "The Girls" Abhängigkeitsmuster auf meisterhafte Art und Weise sichtbar. Und so gehört 'The Girls' zu den besten Büchern, die 2016 erschienen sind." Johanna Grillmayer, Günter Hack u.a., ORF.at, 15.12.16
"Der ideale Roman für die Smartphone-Selfie-Instagram-Snapchat-Generation." Gerrit Bartels, Der Tagesspiegel, 11.12.16
"'The Girls' ist tatsächlich ungewöhnlich gut. (...) Es geht um die brutalen Sensibilitäten des Erwachsenwerdens, kalifornische Sehnsucht auf sonnenbleiche Highways, das Ankämpfen gegen einengende Erwartungen - und darum, wie eine ältere Frau sich mit der versöhnt, die sie als jüngere zu werden hoffte." Mara Delius, Die Welt, 03.12.16
"Ein Roman über die Sehnsucht der Jugend nach Anerkennung und nach Grenzüberschreitung. Mein persönliches Highlight des Herbstes." Thomas Schindler, ARD "Morgenmagazin", 18.10.16
"Ein großartiger Roman. (...) Er erzählt von der menschlichen Verführbarkeit, davon, wie leicht es sein kann, abzudriften, manipulierbar zu werden." Monika Unkelbach, 3sat "Kulturpalast", 15.10.16
"Ein zeitloses Buch über die Anziehungskraft von Ideologien. Die literarische Stärke Emma Clines liegt in der psychologischen Innenschau ihrer jugendlichen Heldinnen." Sabine Schuster, ORF ZiB, 21.09.16
"'The Girls' ist kein Charles-Manson-Roman. Emma Cline zeigt auf - und das schafft eine verblüffende Aktualität -, wie Verführung zu greifen beginnt und wie schnell sich der Wille zur Gewalt einstellt. (...) Selbst wer den Namen Charles Manson nie gehört hat, wird von der Lektüre profitieren. ... Ein vielversprechender Debütroman." Rainer Moritz, Deutschlandradio Kultur, 17.09.16
"Jetzt kann man's laut sagen: Emma Clines Roman ,The Girls' ist deshalb eine Überraschung, weil er so verdammt gut ist." Peter Pisa, Kurier, 29.08.16
"Wenn du jung bist, wer wird dich als Erstes sehen? Wer wird als Erster eine Weile den Weg mit dir gehen? Das ist der schöne Kern dieses Buches. Und so entstehen wahnsinnig schöne Szenen (...)" Maxim Biller, ZDF - Das Literarische Quartett, 26.08.16
"Cline zeigt einen ganz ungewöhnlichen Stil. Ich habe das in der amerikanischen Gegenwart so noch nicht gelesen. Ihre Sprache hat eine ganz besondere poetische knappe Schärfe." Mara Delius, ZDF - Das Literarische Quartett, 26.08.16
"Ich finde es großartig, wie die Nöte einer 14-Jährigen beschrieben werden." Christine Westermann, ZDF - Das Literarische Quartett, 26.08.16
"Evies Weg in die sektenähnliche Gruppe um den Guru Russell ist erschreckend nachvollziehbar. (...) Diese ungestillte, ziellose Teenager-Sehnsucht, die dringend nach einer Bestimmung sucht, zeichnet Emma Cline sehr fein nach. Auch die drogengeschwängert fiebrige Stimmung der Zeit fängt sie atmosphärisch sicher ein, in der das Entstehen einer Parallelwelt neben der spießig-doppelgesichtigen Normalgesellschaft beinahe zwangsläufig erscheint." Katharina Granzin, Frankfurter Rundschau, 23.08.16
"Eine große Leseüberraschung: Einerseits ein Buch, das einen bis auf die Knochen auskühlt, andererseits habe ich mich immer wieder gefreut auf den Sprachraum, den das Buch entfaltet. (...) Eine große Kunst, die zu tun hat mit der poetischen Genauigkeit der Autorin und ihrer Sprachkunst. (...) Die knallharte Version einer Coming-of-Age-Geschichte." Bernadette Conrad, SRF Kultur, 21.08.16
"(...) ein Buch über archaische Triebe und erwachendes Begehren, über den revolutionären Moment in dem ein Teenagerhirn plötzlich die Verheißungen der Freiheit entdeckt, über den Reiz der Regelverletzung. (...) Emma Cline (...) ist eine ziemlich abgebrühte Autorin. Und sie ist beeindruckend virtuos darin, Worte für das Sehnen und den Herzschmerz einer 14-Jährigen zu finden, ihre Verlorenheit, ihre kindische Sucht nach Anerkennung, ihre Lust an der Gefahr." Wolfgang Höbel, LiteraturSPIEGEL August 2016
"Mit viel Augenmaß und poetischer Präzision hat Cline ihr Debüt als psychologisches Drama komponiert. ... Clines Roman wird von einem Saganschen 'Bonjour-Tristesse'-Gefühl durchzogen, einer trägen, weltabgewandten Haltung. Konsequent erklären kann 'Girls' die Gewalttaten der Mädchen nicht. Aber sie dienen ohnehin nur als Schablone, um eine zeitlosere Geschichte zu erzählen über die Bodenlosigkeit der Pubertät, die Abgründe des Begehrens, die Grenze zwischen unerträglicher Normalität und untragbarem Wahnsinn." Carolin Haentjes, Der Tagesspiegel, 07.08.16
"Woher hat Emma Cline die Gabe, so in die Haut der Figuren zu schlüpfen, dass es einem selbst derart unter die Haut geht? (...) Während man Evie beim schmerzhaften Erwachsenwerden zuschaut, nimmt die Katastrophe mit verstörender Unaufhaltsamkeit ihren Lauf." Silvia Feist, emotion, August 2016
"Dieses Debüt ist ein wirklich facettenreiches Glanzstück, das packt und bis zum Schluss nicht loslässt." Juliane Bergmann, NDR Kultur, 29.07.16
"Ein bemerkenswerter Coming-of-Age-Roman." Sven Ahnert, Neue Zürcher Zeitung, 29.07.16
"Emma Clines Roman (...) ist so bemerkenswert, weil er eigentlich alles hat: Spannung, Tiefe, psychologisch differenzierte Figuren und starke Bilder. (...) Der Autorin gelingt es, immer wieder poetische Bilder zu finden, die jedoch die Glaubwürdigkeit der Erzählerperspektive nicht infrage stellen." Franziska Wolffheim, Süddeutsche Zeitung, 25.07.16
"(...) so erweist sich "The Girls" auch nicht als ornamental ausstaffiertes Sittenbild der späten sechziger Jahre, sondern als Studie über die Macht der Verführung und die seelischen Dispositionen, die ein Mädchen dazu bringen, allein in den dunklen Wald zu gehen - ohne Krumen auszustreuen, damit sie den Weg zurückfindet." Sandra Kegel, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.07.16
"In Emma Clines Roman schlagen "The Girls" mit der vierzehnjährigen Evie sofort auch den Leser in ihren finsteren Bann. (...) ein zutiefst beunruhigender, dunkelleuchtender, großartiger Roman. Er lässt uns vor uns selbst erschrecken." Richard Kämmerlings, Die Welt, 23.07.16
"Emma Cline (...) hat tatsächlich einen verdammt guten Roman geschrieben. Inhaltlich wie stilistisch ein bemerkenswertes Debüt." Brigitte woman, 09/2016
"'The Girls' steckt voller überraschender und doch stimmiger Beobachtungen und zeigt, wie beiläufig sich das Böse in junge Seelen schleichen kann." Brigitte, 17/2016
"Ein unglaubliches Debüt. ... Großartig geschrieben und auch wunderbar übersetzt." Daniela Strigl, ORF1 "Kulturjournal", 20.12.16
"Emma Cline macht in ihrem Debütroman "The Girls" Abhängigkeitsmuster auf meisterhafte Art und Weise sichtbar. Und so gehört 'The Girls' zu den besten Büchern, die 2016 erschienen sind." Johanna Grillmayer, Günter Hack u.a., ORF.at, 15.12.16
"Der ideale Roman für die Smartphone-Selfie-Instagram-Snapchat-Generation." Gerrit Bartels, Der Tagesspiegel, 11.12.16
"'The Girls' ist tatsächlich ungewöhnlich gut. (...) Es geht um die brutalen Sensibilitäten des Erwachsenwerdens, kalifornische Sehnsucht auf sonnenbleiche Highways, das Ankämpfen gegen einengende Erwartungen - und darum, wie eine ältere Frau sich mit der versöhnt, die sie als jüngere zu werden hoffte." Mara Delius, Die Welt, 03.12.16
"Ein Roman über die Sehnsucht der Jugend nach Anerkennung und nach Grenzüberschreitung. Mein persönliches Highlight des Herbstes." Thomas Schindler, ARD "Morgenmagazin", 18.10.16
"Ein großartiger Roman. (...) Er erzählt von der menschlichen Verführbarkeit, davon, wie leicht es sein kann, abzudriften, manipulierbar zu werden." Monika Unkelbach, 3sat "Kulturpalast", 15.10.16
"Ein zeitloses Buch über die Anziehungskraft von Ideologien. Die literarische Stärke Emma Clines liegt in der psychologischen Innenschau ihrer jugendlichen Heldinnen." Sabine Schuster, ORF ZiB, 21.09.16
"'The Girls' ist kein Charles-Manson-Roman. Emma Cline zeigt auf - und das schafft eine verblüffende Aktualität -, wie Verführung zu greifen beginnt und wie schnell sich der Wille zur Gewalt einstellt. (...) Selbst wer den Namen Charles Manson nie gehört hat, wird von der Lektüre profitieren. ... Ein vielversprechender Debütroman." Rainer Moritz, Deutschlandradio Kultur, 17.09.16
"Jetzt kann man's laut sagen: Emma Clines Roman ,The Girls' ist deshalb eine Überraschung, weil er so verdammt gut ist." Peter Pisa, Kurier, 29.08.16
"Wenn du jung bist, wer wird dich als Erstes sehen? Wer wird als Erster eine Weile den Weg mit dir gehen? Das ist der schöne Kern dieses Buches. Und so entstehen wahnsinnig schöne Szenen (...)" Maxim Biller, ZDF - Das Literarische Quartett, 26.08.16
"Cline zeigt einen ganz ungewöhnlichen Stil. Ich habe das in der amerikanischen Gegenwart so noch nicht gelesen. Ihre Sprache hat eine ganz besondere poetische knappe Schärfe." Mara Delius, ZDF - Das Literarische Quartett, 26.08.16
"Ich finde es großartig, wie die Nöte einer 14-Jährigen beschrieben werden." Christine Westermann, ZDF - Das Literarische Quartett, 26.08.16
"Evies Weg in die sektenähnliche Gruppe um den Guru Russell ist erschreckend nachvollziehbar. (...) Diese ungestillte, ziellose Teenager-Sehnsucht, die dringend nach einer Bestimmung sucht, zeichnet Emma Cline sehr fein nach. Auch die drogengeschwängert fiebrige Stimmung der Zeit fängt sie atmosphärisch sicher ein, in der das Entstehen einer Parallelwelt neben der spießig-doppelgesichtigen Normalgesellschaft beinahe zwangsläufig erscheint." Katharina Granzin, Frankfurter Rundschau, 23.08.16
"Eine große Leseüberraschung: Einerseits ein Buch, das einen bis auf die Knochen auskühlt, andererseits habe ich mich immer wieder gefreut auf den Sprachraum, den das Buch entfaltet. (...) Eine große Kunst, die zu tun hat mit der poetischen Genauigkeit der Autorin und ihrer Sprachkunst. (...) Die knallharte Version einer Coming-of-Age-Geschichte." Bernadette Conrad, SRF Kultur, 21.08.16
"(...) ein Buch über archaische Triebe und erwachendes Begehren, über den revolutionären Moment in dem ein Teenagerhirn plötzlich die Verheißungen der Freiheit entdeckt, über den Reiz der Regelverletzung. (...) Emma Cline (...) ist eine ziemlich abgebrühte Autorin. Und sie ist beeindruckend virtuos darin, Worte für das Sehnen und den Herzschmerz einer 14-Jährigen zu finden, ihre Verlorenheit, ihre kindische Sucht nach Anerkennung, ihre Lust an der Gefahr." Wolfgang Höbel, LiteraturSPIEGEL August 2016
"Mit viel Augenmaß und poetischer Präzision hat Cline ihr Debüt als psychologisches Drama komponiert. ... Clines Roman wird von einem Saganschen 'Bonjour-Tristesse'-Gefühl durchzogen, einer trägen, weltabgewandten Haltung. Konsequent erklären kann 'Girls' die Gewalttaten der Mädchen nicht. Aber sie dienen ohnehin nur als Schablone, um eine zeitlosere Geschichte zu erzählen über die Bodenlosigkeit der Pubertät, die Abgründe des Begehrens, die Grenze zwischen unerträglicher Normalität und untragbarem Wahnsinn." Carolin Haentjes, Der Tagesspiegel, 07.08.16
"Woher hat Emma Cline die Gabe, so in die Haut der Figuren zu schlüpfen, dass es einem selbst derart unter die Haut geht? (...) Während man Evie beim schmerzhaften Erwachsenwerden zuschaut, nimmt die Katastrophe mit verstörender Unaufhaltsamkeit ihren Lauf." Silvia Feist, emotion, August 2016
"Dieses Debüt ist ein wirklich facettenreiches Glanzstück, das packt und bis zum Schluss nicht loslässt." Juliane Bergmann, NDR Kultur, 29.07.16
"Ein bemerkenswerter Coming-of-Age-Roman." Sven Ahnert, Neue Zürcher Zeitung, 29.07.16
"Emma Clines Roman (...) ist so bemerkenswert, weil er eigentlich alles hat: Spannung, Tiefe, psychologisch differenzierte Figuren und starke Bilder. (...) Der Autorin gelingt es, immer wieder poetische Bilder zu finden, die jedoch die Glaubwürdigkeit der Erzählerperspektive nicht infrage stellen." Franziska Wolffheim, Süddeutsche Zeitung, 25.07.16
"(...) so erweist sich "The Girls" auch nicht als ornamental ausstaffiertes Sittenbild der späten sechziger Jahre, sondern als Studie über die Macht der Verführung und die seelischen Dispositionen, die ein Mädchen dazu bringen, allein in den dunklen Wald zu gehen - ohne Krumen auszustreuen, damit sie den Weg zurückfindet." Sandra Kegel, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.07.16
"In Emma Clines Roman schlagen "The Girls" mit der vierzehnjährigen Evie sofort auch den Leser in ihren finsteren Bann. (...) ein zutiefst beunruhigender, dunkelleuchtender, großartiger Roman. Er lässt uns vor uns selbst erschrecken." Richard Kämmerlings, Die Welt, 23.07.16
"Emma Cline (...) hat tatsächlich einen verdammt guten Roman geschrieben. Inhaltlich wie stilistisch ein bemerkenswertes Debüt." Brigitte woman, 09/2016
"'The Girls' steckt voller überraschender und doch stimmiger Beobachtungen und zeigt, wie beiläufig sich das Böse in junge Seelen schleichen kann." Brigitte, 17/2016
Berauschend Freundin 20180221