This original and panoramic book proposes that the underlying forces of demography and globalisation will shortly reverse three multi-decade global trends – it will raise inflation and interest rates, but lead to a pullback in inequality. “Whatever the future holds”, the authors argue, “it will be nothing like the past”. Deflationary headwinds over the last three decades have been primarily due to an enormous surge in the world’s available labour supply, owing to very favourable demographic trends and the entry of China and Eastern Europe into the world’s trading system. This book demonstrates how these demographic trends are on the point of reversing sharply, coinciding with a retreat from globalisation. The result? Ageing can be expected to raise inflation and interest rates, bringing a slew of problems for an over-indebted world economy, but is also anticipated to increase the share of labour, so that inequality falls. Covering many social and politicalfactors, as well as those that are more purely macroeconomic, the authors address topics including ageing, dementia, inequality, populism, retirement and debt finance, among others.
This book will be of interest and understandable to anyone with an interest on where the world’s economy may be going.
This book will be of interest and understandable to anyone with an interest on where the world’s economy may be going.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.01.2021Die große Alterung
Wie sie auf Wachstum und Inflation wirken könnte
Die Jahrzehnte eines historisch einmaligen Anstiegs des globalen Arbeitsangebots liegen hinter uns. Für die Zukunft müssen wir uns auf einen fortschreitenden Rückgang der Erwerbsbevölkerung gefasst machen, der in vielen asiatischen und europäischen Ländern schon deutlich sichtbar ist: weniger Erwerbstätige, mehr Rentner. Wie werden sich die globalen demographischen Verschiebungen auf Wachstum, Inflation und Zinsen auswirken, und wie lassen sich die Herausforderungen bewältigen? Die zentrale These der beiden Ökonomen widerspricht in mehrfacher Sicht herkömmlichem Denken. Durch die bevorstehende radikale Umkehr der demographischen Entwicklung werden die Kräfte versiegen, so behaupten sie, die in den vergangenen Jahrzehnten für niedrige Inflation und niedrige Zinsen gesorgt haben und die die Einkommensverteilung zugunsten der Bezieher von Kapitaleinkommen und zu Lasten der Lohneinkommen verschoben haben. Das Wachstum unserer Volkswirtschaften wird sich verlangsamen, so wie es auch die herkömmliche Sicht ist, aber es wird auch von höheren Inflationsraten und Zinsen begleitet sein.
Der zentrale Gedanke ist, dass die Welt vor einem inflationär wirkenden Anstieg der sogenannten "Abhängigkeitsquote" steht, also einer Entwicklung, bei der die Zahl der beruflich noch nicht aktiven jungen und der bereits pensionierten alten Menschen weitaus stärker steigt als die Zahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter. In den vergangenen Jahrzehnten hatte sich diese Relation im globalen Maßstab sehr günstig entwickelt und eine "demographische Dividende" erzeugt. Diese werde sich aber in den kommenden Jahrzehnten in ihr Gegenteil verkehren. Die Zahl derer, die konsumieren, aber nicht mehr aktiv produzieren, werde deutlich zunehmen und das globale Güterangebot hinter der globalen Nachfrage zurückbleiben lassen. Zusammen mit einer höheren Verhandlungsmacht der Erwerbstätigen bei Lohnverhandlungen werde das die Inflation steigern. Im Zuge dieser Entwicklung werde auch das Zinsniveau steigen, denn die nicht mehr aktiven Generationen müssen entsparen, also teilweise Vermögen auflösen, um ihren Konsum zu finanzieren. Der Rückgang der Ersparnis - manche sprechen auch von der Sparschwemme - werde stärker sein als der Rückgang der Investitionen. Die Unternehmensinvestitionen würden nicht zu stark sinken, da die Wirtschaft eine höhere Kapitalintensität der Produktion anstreben werde, um mit einer abnehmenden Zahl an Erwerbspersonen zurechtzukommen. Und auch die Staaten werden in größerem Umfang Kapital nachfragen, da sie erhebliche zusätzliche Finanzierungsmittel brauchten, um die Sozialversicherungssysteme zu stabilisieren und den starken Anstieg der Gesundheitsausgaben in alternden Gesellschaften abzufangen.
Mit großer Berechtigung verweisen die Autoren darauf, dass hier globale Prozesse am Werk sind, also rein nationale Betrachtungen nicht reichen. Ihr Blick richtete sich daher auch auf die globale Bedeutung der Schwellenländer Asiens, vor allem Chinas, das jahrzehntelang Kapital exportiert und Lohnarbeit angeboten hat, nunmehr aber auch vor einer starken Alterung steht. Auch die Entwicklungen in Japan, die scheinbar im Widerspruch zur Vorhersage höherer Inflation und höherer Zinsen stehen, müssten im internationalen Kontext gesehen werden. Denn der Rückgang der Erwerbsbevölkerung in Japan wurde von einem beispiellosen Anstieg des Arbeitsangebots auf den Weltmärkten begleitet, der die Löhne unter Druck setzte und gerade den japanischen Unternehmen lukrative Investitionsmöglichkeiten im Ausland bot.
Goodhart und Pradhan präsentieren ihre Überlegungen in übersichtlichen und gut lesbaren Kapiteln. Mögliche Gegenargumente zu ihrer (Minderheits-)Position werden abgewogen. Dazu gehört zum Beispiel die Überlegung, dass die vorteilhafte Demographie in Indien oder Afrika und Automatisierungsprozesse die Knappheit an Arbeitskräften weltweit auflösen könnten. Beides halten die Autoren aus nachvollziehbaren Gründen für wenig wahrscheinlich. Ein besonders schwieriger Aspekt der Analyse liegt in der Frage, wie die Volkswirtschaften aus dem enorm hohen Schuldenstand wieder herauskommen wollen, der durch die Krisen der vergangenen Jahrzehnte und eine praktisch dauerhaft expansive Geldpolitik aufgebaut wurde. Ein "Herauswachsen" wird kaum möglich sein, da die Demographie das Wachstum bremst. Ein Abbau der Staatsschulden durch Haushaltsüberschüsse scheint ebenfalls unrealistisch, da die Staatsausgaben vor allem für die Sozialversicherungssysteme kräftig steigen werden. Etwas Inflation wird helfen, aber sie wird die Geldpolitik auf den Plan rufen, die auf einen intensiven Konflikt mit der Finanzpolitik zusteuert. Für den Staat erwarten die Autoren Steuererhöhungen, für den Unternehmenssektor empfehlen sie bessere Anreize für mehr Eigenkapital und weniger Fremdkapital, um die hohen Schuldenquoten abzubauen. Der dominante Einfluss auf Inflation und Zinsen wird ihrer Ansicht nach aber von den demographischen Verschiebungen ausgehen.
Den Autoren gebührt ein großes Kompliment dafür, die Komplexität der Materie mit vielfältigen Wechselwirkungen gekonnt zu portionieren und lesbar zu machen. Sie stellen die herkömmliche Weisheit in Frage, dass Inflation und Zinsen aufgrund der Alterung der Bevölkerung noch sehr lange sehr niedrig bleiben, und stellen in überzeugender Weise die Gegenthese auf. Ein sehr lesenswertes Buch für alle, die sich mit den wirtschaftlichen und politischen Herausforderungen der Zukunft beschäftigen möchten.
MICHAEL HEISE
Charles Goodhart und Manoj Pradhan: The Great Demographic Reversal. Ageing Societies, Waning Inequality, and an Inflation Revival. Palgrave Macmillan, London 2020, 260 Seiten, 26 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Wie sie auf Wachstum und Inflation wirken könnte
Die Jahrzehnte eines historisch einmaligen Anstiegs des globalen Arbeitsangebots liegen hinter uns. Für die Zukunft müssen wir uns auf einen fortschreitenden Rückgang der Erwerbsbevölkerung gefasst machen, der in vielen asiatischen und europäischen Ländern schon deutlich sichtbar ist: weniger Erwerbstätige, mehr Rentner. Wie werden sich die globalen demographischen Verschiebungen auf Wachstum, Inflation und Zinsen auswirken, und wie lassen sich die Herausforderungen bewältigen? Die zentrale These der beiden Ökonomen widerspricht in mehrfacher Sicht herkömmlichem Denken. Durch die bevorstehende radikale Umkehr der demographischen Entwicklung werden die Kräfte versiegen, so behaupten sie, die in den vergangenen Jahrzehnten für niedrige Inflation und niedrige Zinsen gesorgt haben und die die Einkommensverteilung zugunsten der Bezieher von Kapitaleinkommen und zu Lasten der Lohneinkommen verschoben haben. Das Wachstum unserer Volkswirtschaften wird sich verlangsamen, so wie es auch die herkömmliche Sicht ist, aber es wird auch von höheren Inflationsraten und Zinsen begleitet sein.
Der zentrale Gedanke ist, dass die Welt vor einem inflationär wirkenden Anstieg der sogenannten "Abhängigkeitsquote" steht, also einer Entwicklung, bei der die Zahl der beruflich noch nicht aktiven jungen und der bereits pensionierten alten Menschen weitaus stärker steigt als die Zahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter. In den vergangenen Jahrzehnten hatte sich diese Relation im globalen Maßstab sehr günstig entwickelt und eine "demographische Dividende" erzeugt. Diese werde sich aber in den kommenden Jahrzehnten in ihr Gegenteil verkehren. Die Zahl derer, die konsumieren, aber nicht mehr aktiv produzieren, werde deutlich zunehmen und das globale Güterangebot hinter der globalen Nachfrage zurückbleiben lassen. Zusammen mit einer höheren Verhandlungsmacht der Erwerbstätigen bei Lohnverhandlungen werde das die Inflation steigern. Im Zuge dieser Entwicklung werde auch das Zinsniveau steigen, denn die nicht mehr aktiven Generationen müssen entsparen, also teilweise Vermögen auflösen, um ihren Konsum zu finanzieren. Der Rückgang der Ersparnis - manche sprechen auch von der Sparschwemme - werde stärker sein als der Rückgang der Investitionen. Die Unternehmensinvestitionen würden nicht zu stark sinken, da die Wirtschaft eine höhere Kapitalintensität der Produktion anstreben werde, um mit einer abnehmenden Zahl an Erwerbspersonen zurechtzukommen. Und auch die Staaten werden in größerem Umfang Kapital nachfragen, da sie erhebliche zusätzliche Finanzierungsmittel brauchten, um die Sozialversicherungssysteme zu stabilisieren und den starken Anstieg der Gesundheitsausgaben in alternden Gesellschaften abzufangen.
Mit großer Berechtigung verweisen die Autoren darauf, dass hier globale Prozesse am Werk sind, also rein nationale Betrachtungen nicht reichen. Ihr Blick richtete sich daher auch auf die globale Bedeutung der Schwellenländer Asiens, vor allem Chinas, das jahrzehntelang Kapital exportiert und Lohnarbeit angeboten hat, nunmehr aber auch vor einer starken Alterung steht. Auch die Entwicklungen in Japan, die scheinbar im Widerspruch zur Vorhersage höherer Inflation und höherer Zinsen stehen, müssten im internationalen Kontext gesehen werden. Denn der Rückgang der Erwerbsbevölkerung in Japan wurde von einem beispiellosen Anstieg des Arbeitsangebots auf den Weltmärkten begleitet, der die Löhne unter Druck setzte und gerade den japanischen Unternehmen lukrative Investitionsmöglichkeiten im Ausland bot.
Goodhart und Pradhan präsentieren ihre Überlegungen in übersichtlichen und gut lesbaren Kapiteln. Mögliche Gegenargumente zu ihrer (Minderheits-)Position werden abgewogen. Dazu gehört zum Beispiel die Überlegung, dass die vorteilhafte Demographie in Indien oder Afrika und Automatisierungsprozesse die Knappheit an Arbeitskräften weltweit auflösen könnten. Beides halten die Autoren aus nachvollziehbaren Gründen für wenig wahrscheinlich. Ein besonders schwieriger Aspekt der Analyse liegt in der Frage, wie die Volkswirtschaften aus dem enorm hohen Schuldenstand wieder herauskommen wollen, der durch die Krisen der vergangenen Jahrzehnte und eine praktisch dauerhaft expansive Geldpolitik aufgebaut wurde. Ein "Herauswachsen" wird kaum möglich sein, da die Demographie das Wachstum bremst. Ein Abbau der Staatsschulden durch Haushaltsüberschüsse scheint ebenfalls unrealistisch, da die Staatsausgaben vor allem für die Sozialversicherungssysteme kräftig steigen werden. Etwas Inflation wird helfen, aber sie wird die Geldpolitik auf den Plan rufen, die auf einen intensiven Konflikt mit der Finanzpolitik zusteuert. Für den Staat erwarten die Autoren Steuererhöhungen, für den Unternehmenssektor empfehlen sie bessere Anreize für mehr Eigenkapital und weniger Fremdkapital, um die hohen Schuldenquoten abzubauen. Der dominante Einfluss auf Inflation und Zinsen wird ihrer Ansicht nach aber von den demographischen Verschiebungen ausgehen.
Den Autoren gebührt ein großes Kompliment dafür, die Komplexität der Materie mit vielfältigen Wechselwirkungen gekonnt zu portionieren und lesbar zu machen. Sie stellen die herkömmliche Weisheit in Frage, dass Inflation und Zinsen aufgrund der Alterung der Bevölkerung noch sehr lange sehr niedrig bleiben, und stellen in überzeugender Weise die Gegenthese auf. Ein sehr lesenswertes Buch für alle, die sich mit den wirtschaftlichen und politischen Herausforderungen der Zukunft beschäftigen möchten.
MICHAEL HEISE
Charles Goodhart und Manoj Pradhan: The Great Demographic Reversal. Ageing Societies, Waning Inequality, and an Inflation Revival. Palgrave Macmillan, London 2020, 260 Seiten, 26 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Charles Goodhart and Manon Pradhan have provided us an impressively articulated, well-reasoned, and thoroughly researched tour de force of the demographic forces that have impacted the evolution of the world economy and their interrelationships over the past 100 years or so ... . the research and thoughtful analysis provide the reader with an insightful window into the policy problems facing developing and emerging economies alike as we face the future." (Robert Eisenbeis, Business Economics, Vol. 56, 2021)
"I appreciate the global scope of this book and its emphasis on the complexity and interconnectedness of the global economy. This is the kind of long-term thinking that economists, policymakers, and othersmay find beneficial." (insurancenewsnet.com, June 25, 2021)
"I think this is a very good forecast. ... The book interestingly comments on an implied cycle in the standing of macroeconomics and macroeconomists. ... their argument is well worth pondering and entering into our considerations of the biggest economic risks ahead." (Alex J. Pollock, Law & Liberty, lawliberty.org, May 18, 2021)
"The Great Demographic Reversal is packed with informative charts and tables. It presents a powerful, well-argued challenge to the 'mainstream' view that low growth, inflation and nominal interest rates are here to stay. Above all, its message that everyday economics needs to take demography seriously is surely correct." (Diane Coyle, Financial Times, December 2, 2020)
"This thought-provoking book is a great read, and there is no need to be an economist to enjoy it." (Philip Turner, Central Banking, centralbanking.com, November 16, 2020)
"It is a pleasure to read a book this well argued. There is a good deal of careful analysis and there are lots of tables and graphs." (Charles Taylor, Financial World, November 2020-January 2021)
"I appreciate the global scope of this book and its emphasis on the complexity and interconnectedness of the global economy. This is the kind of long-term thinking that economists, policymakers, and othersmay find beneficial." (insurancenewsnet.com, June 25, 2021)
"I think this is a very good forecast. ... The book interestingly comments on an implied cycle in the standing of macroeconomics and macroeconomists. ... their argument is well worth pondering and entering into our considerations of the biggest economic risks ahead." (Alex J. Pollock, Law & Liberty, lawliberty.org, May 18, 2021)
"The Great Demographic Reversal is packed with informative charts and tables. It presents a powerful, well-argued challenge to the 'mainstream' view that low growth, inflation and nominal interest rates are here to stay. Above all, its message that everyday economics needs to take demography seriously is surely correct." (Diane Coyle, Financial Times, December 2, 2020)
"This thought-provoking book is a great read, and there is no need to be an economist to enjoy it." (Philip Turner, Central Banking, centralbanking.com, November 16, 2020)
"It is a pleasure to read a book this well argued. There is a good deal of careful analysis and there are lots of tables and graphs." (Charles Taylor, Financial World, November 2020-January 2021)