The second novel in Andrew Taylor's ground-breaking Roth trilogy, which was adapted into the acclaimed drama Fallen Angel. A haunting thriller for fans of S J Watson.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.06.2001Kein Mord, nirgends
Kopfloser Kater: Andrew Taylor verfolgt düstere Obsessionen
Britische Murder Mysteries spielen mit Vorliebe auf dem Land, in kleinen, verschlafenen Ortschaften, wo sich oft schon nach wenigen Seiten die merkwürdigsten und mitunter auch grausamsten Dinge ereignen. Andrew Taylor befindet sich mit seinem Roman "Das Recht des Fremdlings", dem zweiten Band seiner Roth-Trilogie nach "Die vier letzten Dinge", also in bester Gesellschaft. Dennoch hat er keinen klassischen Whodunnit geschrieben, denn das, was dem Buch über dreihundert Seiten lang fehlt, ist ein Mord. Fiebert man sonst dem Ende entgegen, um endlich zur Lösung des Falls zu gelangen, läßt Taylor den Leser Seite um Seite warten auf jenen Moment, von dem an nichts mehr so ist wie zuvor. Als dann endlich ein Mord geschieht, ist dies nur die letzte Episode in einer Kette von Ereignissen, ist die gewohnte Ordnung der Dinge längst zu Fall gebracht.
In Roth, einem Dorf in der Nähe Londons, geht im Sommer des Jahres 1970 alles seinen gewohnten Gang. Jeder kennt jeden, und ohne daß Taylor es eingehend beschreiben müßte, ahnt man die neugierigen Blicke hinter raschelnden Gardinen, das Getuschel der alteingesessenen Gemeindemitglieder, die besserwisserischen Sprüche der Dorfälteren. Für das Seelenheil der Gemeinde ist der gutaussehende Pfarrer David Byfield verantwortlich, dem vor allem seine weiblichen Schäfchen treu ergeben sind. Der Witwer lebt mit seiner heranwachsenden Tochter Rosemary im Pfarrhaus. Doch das besinnliche Szenario bekommt einen Sprung, als David zum allgemeinen Entsetzen seinem vorgesetzten Archdiakon die Angebetete ausspannt und die attraktive Verlegerin Vanessa schon bald als Pfarrersfrau in die Gemeinde einzieht.
Wie jedes anständige Dorf hat auch Roth einen Sohn, auf den es stolz ist: den Dichter Francis Youlgreave, dessen letzte Nachfahrin im Herrenhaus Roth Park dahinsiecht. Die geschäftstüchtige Vanessa ist fasziniert von Francis Youlgreave, dem opiumrauchenden Dichter düsterer Verse, der als junger Mann in Roth Park Selbstmord begangen hat, und besucht die alte Lady Youlgreave regelmäßig, um Einblick in seine unveröffentlichten Papiere zu gewinnen. Und wie in jedem anständigen Dorf gibt es auch in Roth eine alte Jungfer von notorischer Neugier, die gerne eine zweite Miss Marple wäre. In diesem Fall heißt sie Audrey Oliphant, ist närrisch nach ihrem Kater Lord Peter, verliebt in den Pfarrer und hat überall ihre Finger dazwischen.
Veränderungen sind in solchen anständigen Dörfern nie willkommen, schon gar nicht, wenn sie in hübscher weiblicher Gestalt daherkommen. Die Nachbarn zerreißen sich die Mäuler über die neue Pfarrersfrau, Tochter Rosemary ist alles andere als erfreut über die neue Stiefmutter, Miss Oliphant treibt die Eifersucht noch häufiger ins Pfarrhaus als zuvor, und David muß zu seinem Entsetzen feststellen, daß jene attraktive Frau, die er vor allem rasch geheiratet hat, um möglichst bald das Bett mit ihr zu teilen, sich ebendort äußerst spröde verhält. So hat in Roth bald jeder seine Frustrationen, über die er nicht reden kann. Vanessa beschäftigt sich zunehmend mit Francis Youlgreave, und je mehr sie über den morbiden Dichter herausfindet, um so mehr scheint es, als beeinflusse er die Geschehnisse in Roth noch immer.
Als Audrey Oliphants Kater eines Tages geköpft ans Schwarze Brett der Gemeinde genagelt wird, bald darauf Lady Youlgreave tot und von ihren Hunden angenagt aufgefunden wird, ist die unwirkliche Idylle gänzlich dahin. Schließlich zieht noch ein seltsames Geschwisterpaar in Roth Park ein, und ganz gegen seinen geschwächten Willen entwickelt David eine unkeusche Obsession für die junge Joanna.
Unterdrückte Gefühle und heimliche Wollust, versteckt unter dem Mäntelchen religiös motivierten, moralischen Handelns, verquickt Taylor zu einem perfiden Süppchen, das er auf kleiner Flamme vor sich hin köcheln läßt. Die Figuren, die er wie im Marionettentheater auf- und wieder abtreten läßt, sind in ihrer Funktion klassisch, ebenso wie die Form dieses Kriminalromans eine traditionelle ist. Geschickt webt Taylor dunkel schillernde Fäden in seine bunte Erzählung ein, die wie intensive Farbtupfer auf längst verblaßten Fotografien eine vergangene Welt plötzlich ganz nah scheinen lassen. Obsessionen, so erfahren wir bei Taylor, sind eben nicht ungewöhnlichen Menschen vorbehalten, sondern lauern auf jeden, überall.
FELICITAS VON LOVENBERG
Andrew Taylor: Das Recht des Fremdlings. Aus dem Englischen übersetzt von Sonja Hauser. Paul Zsolnay Verlag, Wien 2001. 383 S., geb., 39,80 DM.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Kopfloser Kater: Andrew Taylor verfolgt düstere Obsessionen
Britische Murder Mysteries spielen mit Vorliebe auf dem Land, in kleinen, verschlafenen Ortschaften, wo sich oft schon nach wenigen Seiten die merkwürdigsten und mitunter auch grausamsten Dinge ereignen. Andrew Taylor befindet sich mit seinem Roman "Das Recht des Fremdlings", dem zweiten Band seiner Roth-Trilogie nach "Die vier letzten Dinge", also in bester Gesellschaft. Dennoch hat er keinen klassischen Whodunnit geschrieben, denn das, was dem Buch über dreihundert Seiten lang fehlt, ist ein Mord. Fiebert man sonst dem Ende entgegen, um endlich zur Lösung des Falls zu gelangen, läßt Taylor den Leser Seite um Seite warten auf jenen Moment, von dem an nichts mehr so ist wie zuvor. Als dann endlich ein Mord geschieht, ist dies nur die letzte Episode in einer Kette von Ereignissen, ist die gewohnte Ordnung der Dinge längst zu Fall gebracht.
In Roth, einem Dorf in der Nähe Londons, geht im Sommer des Jahres 1970 alles seinen gewohnten Gang. Jeder kennt jeden, und ohne daß Taylor es eingehend beschreiben müßte, ahnt man die neugierigen Blicke hinter raschelnden Gardinen, das Getuschel der alteingesessenen Gemeindemitglieder, die besserwisserischen Sprüche der Dorfälteren. Für das Seelenheil der Gemeinde ist der gutaussehende Pfarrer David Byfield verantwortlich, dem vor allem seine weiblichen Schäfchen treu ergeben sind. Der Witwer lebt mit seiner heranwachsenden Tochter Rosemary im Pfarrhaus. Doch das besinnliche Szenario bekommt einen Sprung, als David zum allgemeinen Entsetzen seinem vorgesetzten Archdiakon die Angebetete ausspannt und die attraktive Verlegerin Vanessa schon bald als Pfarrersfrau in die Gemeinde einzieht.
Wie jedes anständige Dorf hat auch Roth einen Sohn, auf den es stolz ist: den Dichter Francis Youlgreave, dessen letzte Nachfahrin im Herrenhaus Roth Park dahinsiecht. Die geschäftstüchtige Vanessa ist fasziniert von Francis Youlgreave, dem opiumrauchenden Dichter düsterer Verse, der als junger Mann in Roth Park Selbstmord begangen hat, und besucht die alte Lady Youlgreave regelmäßig, um Einblick in seine unveröffentlichten Papiere zu gewinnen. Und wie in jedem anständigen Dorf gibt es auch in Roth eine alte Jungfer von notorischer Neugier, die gerne eine zweite Miss Marple wäre. In diesem Fall heißt sie Audrey Oliphant, ist närrisch nach ihrem Kater Lord Peter, verliebt in den Pfarrer und hat überall ihre Finger dazwischen.
Veränderungen sind in solchen anständigen Dörfern nie willkommen, schon gar nicht, wenn sie in hübscher weiblicher Gestalt daherkommen. Die Nachbarn zerreißen sich die Mäuler über die neue Pfarrersfrau, Tochter Rosemary ist alles andere als erfreut über die neue Stiefmutter, Miss Oliphant treibt die Eifersucht noch häufiger ins Pfarrhaus als zuvor, und David muß zu seinem Entsetzen feststellen, daß jene attraktive Frau, die er vor allem rasch geheiratet hat, um möglichst bald das Bett mit ihr zu teilen, sich ebendort äußerst spröde verhält. So hat in Roth bald jeder seine Frustrationen, über die er nicht reden kann. Vanessa beschäftigt sich zunehmend mit Francis Youlgreave, und je mehr sie über den morbiden Dichter herausfindet, um so mehr scheint es, als beeinflusse er die Geschehnisse in Roth noch immer.
Als Audrey Oliphants Kater eines Tages geköpft ans Schwarze Brett der Gemeinde genagelt wird, bald darauf Lady Youlgreave tot und von ihren Hunden angenagt aufgefunden wird, ist die unwirkliche Idylle gänzlich dahin. Schließlich zieht noch ein seltsames Geschwisterpaar in Roth Park ein, und ganz gegen seinen geschwächten Willen entwickelt David eine unkeusche Obsession für die junge Joanna.
Unterdrückte Gefühle und heimliche Wollust, versteckt unter dem Mäntelchen religiös motivierten, moralischen Handelns, verquickt Taylor zu einem perfiden Süppchen, das er auf kleiner Flamme vor sich hin köcheln läßt. Die Figuren, die er wie im Marionettentheater auf- und wieder abtreten läßt, sind in ihrer Funktion klassisch, ebenso wie die Form dieses Kriminalromans eine traditionelle ist. Geschickt webt Taylor dunkel schillernde Fäden in seine bunte Erzählung ein, die wie intensive Farbtupfer auf längst verblaßten Fotografien eine vergangene Welt plötzlich ganz nah scheinen lassen. Obsessionen, so erfahren wir bei Taylor, sind eben nicht ungewöhnlichen Menschen vorbehalten, sondern lauern auf jeden, überall.
FELICITAS VON LOVENBERG
Andrew Taylor: Das Recht des Fremdlings. Aus dem Englischen übersetzt von Sonja Hauser. Paul Zsolnay Verlag, Wien 2001. 383 S., geb., 39,80 DM.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
'An intelligent, exciting psychological drama... A powerful feeling of something nasty just around the corner prevails'
Daily Mail
'This author knows precisely how to wield suspense'
Independent
'Taylor is a major thriller talent'
Time Out
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