HISTORY HAPPENED WHILE YOU WERE HUNGOVER.
When you haven't had sex in a long time, it feels like the worst thing that could ever happen to anyone.
If you're living in Germany in the 1930s, it probably isn't.
But that's no consolation to Egon Loeser, whose carnal misfortunes will push him from the experimental theatres of Berlin to the absinthe bars of Paris to the physics laboratories of Los Angeles, trying all the while to solve two mysteries: whether it was really a deal with Satan that claimed the life of his hero, the great Renaissance stage designer Adriano Lavicini; and why a handsome, clever, charming, modest guy like him can't, just once in a while, get himself laid.
From the author of the acclaimed Boxer, Beetle comes a historical novel that doesn't know what year it is; a noir novel that turns all the lights on; a romance novel that arrives drunk to dinner; a science fiction novel that can't remember what 'isotope' means; a stunningly inventive, exceptionally funny, dangerously unsteady and (largely) coherent novel about sex, violence, space, time, and how the best way to deal with history is to ignore it.
LET'S HOPE THE PARTY WAS WORTH IT
When you haven't had sex in a long time, it feels like the worst thing that could ever happen to anyone.
If you're living in Germany in the 1930s, it probably isn't.
But that's no consolation to Egon Loeser, whose carnal misfortunes will push him from the experimental theatres of Berlin to the absinthe bars of Paris to the physics laboratories of Los Angeles, trying all the while to solve two mysteries: whether it was really a deal with Satan that claimed the life of his hero, the great Renaissance stage designer Adriano Lavicini; and why a handsome, clever, charming, modest guy like him can't, just once in a while, get himself laid.
From the author of the acclaimed Boxer, Beetle comes a historical novel that doesn't know what year it is; a noir novel that turns all the lights on; a romance novel that arrives drunk to dinner; a science fiction novel that can't remember what 'isotope' means; a stunningly inventive, exceptionally funny, dangerously unsteady and (largely) coherent novel about sex, violence, space, time, and how the best way to deal with history is to ignore it.
LET'S HOPE THE PARTY WAS WORTH IT
Dieser Download kann aus rechtlichen Gründen nur mit Rechnungsadresse in A, B, BG, CY, CZ, D, DK, EW, E, FIN, F, GR, HR, H, IRL, I, LT, L, LR, M, NL, PL, P, R, S, SLO, SK ausgeliefert werden.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.05.2013Heiß auf Fräulein Hitler
Ein grandioser Spaß in Art déco: Ned Beauman schreibt die hintersinnigsten Spektakelromane unserer Tage.
Denkbar knapp, um den Allerweltsbuchstaben "e" nur, schrammt dieser unausstehliche, neidische, selbstmitleidige, aber in seiner Offenheit doch wieder liebenswerte Miesepeter am totalen Verlierer vorbei: Egon Loeser ist ein Loser mit Potential - und damit der Inbegriff Berlins. Und auch wenn dieses Feuerwerk von einem Roman im angeblich so goldenen Berlin der Weimarer Republik seinen Ausgang nimmt, das hier frech als drogenverseuchte Faulenzer-Boheme imaginiert wird, so zielt das doch ziemlich deutlich auf das heutige Rumhängeparadies der Projektemacher.
Und sollte das jemandem entgehen, weist ihn die Hauptfigur per "Äquivalenz-Theorie" explizit darauf hin: "Verglich man das Berlin der Weimarer Republik mit der Stadt, die im Jahr 2013 gerade groß in Mode sein würde, welche es auch immer sein mochte, so stieß man immer auf dieselben hohlen Menschen, die auf dieselben hohlen Partys gingen und dieselben hohlen Sprüche über dieselben hohlen Bemühungen losließen, und an den äußersten nackten Rändern gab es höchstens ein paar künstlerische Zuckungen, für die es sich lohnte." Der hier so gnadenlos Urteilende ist freilich selbst ein nach Anerkennung gierender Künstler, sofern man Bühnenbildner zu den Künstlern zählt (was zu Egon Loesers Verdruss aber kaum jemand tut).
Dumm ist dieser Held durchaus nicht, aber zu jener intellektuellen Überlegenheit, die er zur Schau trägt, reicht es denn auch wieder nicht. Er scheitert als Leser bereits an Döblins "Berlin Alexanderplatz", während ihn, der alles Amerikanische zu verachten vorgibt, zeitgenössische amerikanische Romanzen in den Bann schlagen. Dass dieser selbsternannte "Neue Expressionist", der seit Jahren an einem Stück über ein ominöses Teleportationsunglück im Barock werkelt, so schrecklich wenig Erfolg im Leben hat, schlägt sich nieder in einer Art Privatinsolvenz im Hinblick auf die wichtigste Währung überhaupt: Beischlaf. Dabei steigern die zur Mode gewordene Promiskuität im Allgemeinen und der unerklärliche Erfolg Bertolt Brechts bei Frauen im Besonderen seine Verzweiflung ins Unerträgliche: "Früher, in den neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts zum Beispiel, wäre er nicht annähernd so frustriert gewesen, weil er keinen Sex hatte, weil sonst auch niemand Sex hatte - nach dem gleichen Prinzip, das sie jetzt in Russland auf Kartoffeln, Elektrizität und so weiter anwandten." Aber jetzt, im Jahre 1931, bleiben nur der Griff zu Schmuddelheften und die Entwicklung einer brutzelheißen Obsession.
Zu allem Unglück verguckt sich Egon auch noch in das hübscheste und leichteste Mädel der Kulturszene, Adele Hitler mit Namen (nicht verwandt). Die nur für ihn unerreichbare Nymphomanin wird für den Protagonisten, der dermaßen mit sich selbst beschäftigt ist, dass er die nationalsozialistische Diktatur komplett verpasst, zu einer Art Teleportationsapparatur, denn auf ihren Spuren führt sein Weg über Paris nach Los Angeles. Es stört Egon allerdings erheblich - und das lastet er nun doch den Nazis an -, dass das gesamte Aufschneider-Berlin, dem er doch hatte entfliehen wollen, bald in Kalifornien Fuß fasst.
Mit etwas Geflunker hat sich Egon Loeser bald in der Exilszene eingerichtet, bleibt allerdings auch hier seiner angestammten Außenseiterrolle treu. Manchmal möchte man weinen mit diesem traurigen Helden, ihn dann wieder windelweich prügeln, aber die meiste Zeit lacht man Tränen über die originellen Einfälle Ned Beaumans. Eine Nebenfigur lässt er beispielsweise an fortschreitender "ontologischer Agnosie" leiden, weshalb sie - der ideale Leser sozusagen - immer weniger zwischen Darstellung und Gegenstand zu unterscheiden weiß. Der Autor gewinnt dieser Disposition die komischsten Effekte ab, aber das ganz nebenbei. Überhaupt zeichnen Hintergrundwitze Beaumans Humor aus.
Es gibt der irrwitzigen Seitenstränge noch zahllose mehr. In Paris etwa wird Loeser zum Komplizen eines tragikomischen Quacksalbers. Selbst auf dieses flapsige Kapitel ohne jeden Bezug zur Haupthandlung, in dem gefälschte Affenhoden transplantiert werden, möchte man ungern verzichten, was viel mit Robin Detjes stets treffender Übertragung des pointiert satirischen Stils zu tun hat. Zwecklos wäre es auch, das Buch einem Genre zuzurechnen. Ein Liebesroman ist es, aber einer, in dem Liebe vor allem Begehren meint. Darin steckt ein Stück Gegenhistorie: Wer sich der Libido so restlos überlässt wie Egon Loeser, der hat für Kollektivwahngebilde gar kein Sensorium. Zugleich ist das Buch aber auch Krimigroteske und Science-Fiction-Gaudi mit Douglas-Adams-Beigeschmack.
Der genialische Wunderkindautor aus Hampstead, Londons entspanntestem Reichenviertel, hat schon seinen funkensprühenden Debütroman "Flieg, Hitler, flieg!" vor drei Jahren gekonnt mit Dreißiger-Jahre-Kolorit ausgestattet. Ebenso turbulent und lakonisch geht es nun im Zweitling zu, aber doch erweitert um eine ergreifende Melancholiedimension: Bei aller Fabulierlust und allem parodistischen Anspielungsreichtum ist "The Teleportation Accident" auch ein Buch über den Zweikampf mit der Einsamkeit, den Individualisten inmitten von Netzwerkgesellschaften zu bestehen haben, und das zu allen Zeiten (siehe "Äquivalenz-Theorie").
Die Leitmetapher der Teleportation ließe sich natürlich poetologisch fruchtbar machen bei einem Roman, der so fröhlich durch Zeiten und Räume springt. Aber innerhalb des Romans redet sich niemand auf Metaphern aus, hier ist Reales gefragt. Über die Epochen hinweg basteln die Figuren an einem Mechanismus des instantanen Ortswechsels: Eskapismus als Prinzip der Moderne. Bereits das Urmodell aus dem siebzehnten Jahrhundert, eine Flugvorrichtung für Schauspieler, hat allerdings beim ersten Einsatz zu einem so tragischen Unfall geführt, dass man einen Teufelspakt vermutete. In einem geheimen kalifornischen Labor wird um 1935 eine kriegstaugliche Variante jener Maschine ersonnen, wobei man nun der Illusion erliegt, es könnte sich um mehr als Illusion handeln: Der Teufel hat also immer noch seine Hände im Spiel. Egon Loeser, unser gegen allen Glauben gefeite Antiheld, taumelt mitten hinein in diese Versuche, die Logik zu überlisten, bringt Verwirrung in die Verwirrung und stiftet damit letztlich Ordnung.
Ned Beaumans rasant-virtuose Außenseiterapologie (mit dem schönsten Cover der Saison) ist eine der besten Hanswurstiaden der jüngeren Literatur und war sehr zu Recht für den Booker-Preis nominiert.
OLIVER JUNGEN.
Ned Beauman: "Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beförderung eines Menschen von Ort zu Ort". Roman.
Aus dem Englischen von Robin Detje. DuMont Buchverlag, Köln 2013. 415 S., geb., 19,99 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ein grandioser Spaß in Art déco: Ned Beauman schreibt die hintersinnigsten Spektakelromane unserer Tage.
Denkbar knapp, um den Allerweltsbuchstaben "e" nur, schrammt dieser unausstehliche, neidische, selbstmitleidige, aber in seiner Offenheit doch wieder liebenswerte Miesepeter am totalen Verlierer vorbei: Egon Loeser ist ein Loser mit Potential - und damit der Inbegriff Berlins. Und auch wenn dieses Feuerwerk von einem Roman im angeblich so goldenen Berlin der Weimarer Republik seinen Ausgang nimmt, das hier frech als drogenverseuchte Faulenzer-Boheme imaginiert wird, so zielt das doch ziemlich deutlich auf das heutige Rumhängeparadies der Projektemacher.
Und sollte das jemandem entgehen, weist ihn die Hauptfigur per "Äquivalenz-Theorie" explizit darauf hin: "Verglich man das Berlin der Weimarer Republik mit der Stadt, die im Jahr 2013 gerade groß in Mode sein würde, welche es auch immer sein mochte, so stieß man immer auf dieselben hohlen Menschen, die auf dieselben hohlen Partys gingen und dieselben hohlen Sprüche über dieselben hohlen Bemühungen losließen, und an den äußersten nackten Rändern gab es höchstens ein paar künstlerische Zuckungen, für die es sich lohnte." Der hier so gnadenlos Urteilende ist freilich selbst ein nach Anerkennung gierender Künstler, sofern man Bühnenbildner zu den Künstlern zählt (was zu Egon Loesers Verdruss aber kaum jemand tut).
Dumm ist dieser Held durchaus nicht, aber zu jener intellektuellen Überlegenheit, die er zur Schau trägt, reicht es denn auch wieder nicht. Er scheitert als Leser bereits an Döblins "Berlin Alexanderplatz", während ihn, der alles Amerikanische zu verachten vorgibt, zeitgenössische amerikanische Romanzen in den Bann schlagen. Dass dieser selbsternannte "Neue Expressionist", der seit Jahren an einem Stück über ein ominöses Teleportationsunglück im Barock werkelt, so schrecklich wenig Erfolg im Leben hat, schlägt sich nieder in einer Art Privatinsolvenz im Hinblick auf die wichtigste Währung überhaupt: Beischlaf. Dabei steigern die zur Mode gewordene Promiskuität im Allgemeinen und der unerklärliche Erfolg Bertolt Brechts bei Frauen im Besonderen seine Verzweiflung ins Unerträgliche: "Früher, in den neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts zum Beispiel, wäre er nicht annähernd so frustriert gewesen, weil er keinen Sex hatte, weil sonst auch niemand Sex hatte - nach dem gleichen Prinzip, das sie jetzt in Russland auf Kartoffeln, Elektrizität und so weiter anwandten." Aber jetzt, im Jahre 1931, bleiben nur der Griff zu Schmuddelheften und die Entwicklung einer brutzelheißen Obsession.
Zu allem Unglück verguckt sich Egon auch noch in das hübscheste und leichteste Mädel der Kulturszene, Adele Hitler mit Namen (nicht verwandt). Die nur für ihn unerreichbare Nymphomanin wird für den Protagonisten, der dermaßen mit sich selbst beschäftigt ist, dass er die nationalsozialistische Diktatur komplett verpasst, zu einer Art Teleportationsapparatur, denn auf ihren Spuren führt sein Weg über Paris nach Los Angeles. Es stört Egon allerdings erheblich - und das lastet er nun doch den Nazis an -, dass das gesamte Aufschneider-Berlin, dem er doch hatte entfliehen wollen, bald in Kalifornien Fuß fasst.
Mit etwas Geflunker hat sich Egon Loeser bald in der Exilszene eingerichtet, bleibt allerdings auch hier seiner angestammten Außenseiterrolle treu. Manchmal möchte man weinen mit diesem traurigen Helden, ihn dann wieder windelweich prügeln, aber die meiste Zeit lacht man Tränen über die originellen Einfälle Ned Beaumans. Eine Nebenfigur lässt er beispielsweise an fortschreitender "ontologischer Agnosie" leiden, weshalb sie - der ideale Leser sozusagen - immer weniger zwischen Darstellung und Gegenstand zu unterscheiden weiß. Der Autor gewinnt dieser Disposition die komischsten Effekte ab, aber das ganz nebenbei. Überhaupt zeichnen Hintergrundwitze Beaumans Humor aus.
Es gibt der irrwitzigen Seitenstränge noch zahllose mehr. In Paris etwa wird Loeser zum Komplizen eines tragikomischen Quacksalbers. Selbst auf dieses flapsige Kapitel ohne jeden Bezug zur Haupthandlung, in dem gefälschte Affenhoden transplantiert werden, möchte man ungern verzichten, was viel mit Robin Detjes stets treffender Übertragung des pointiert satirischen Stils zu tun hat. Zwecklos wäre es auch, das Buch einem Genre zuzurechnen. Ein Liebesroman ist es, aber einer, in dem Liebe vor allem Begehren meint. Darin steckt ein Stück Gegenhistorie: Wer sich der Libido so restlos überlässt wie Egon Loeser, der hat für Kollektivwahngebilde gar kein Sensorium. Zugleich ist das Buch aber auch Krimigroteske und Science-Fiction-Gaudi mit Douglas-Adams-Beigeschmack.
Der genialische Wunderkindautor aus Hampstead, Londons entspanntestem Reichenviertel, hat schon seinen funkensprühenden Debütroman "Flieg, Hitler, flieg!" vor drei Jahren gekonnt mit Dreißiger-Jahre-Kolorit ausgestattet. Ebenso turbulent und lakonisch geht es nun im Zweitling zu, aber doch erweitert um eine ergreifende Melancholiedimension: Bei aller Fabulierlust und allem parodistischen Anspielungsreichtum ist "The Teleportation Accident" auch ein Buch über den Zweikampf mit der Einsamkeit, den Individualisten inmitten von Netzwerkgesellschaften zu bestehen haben, und das zu allen Zeiten (siehe "Äquivalenz-Theorie").
Die Leitmetapher der Teleportation ließe sich natürlich poetologisch fruchtbar machen bei einem Roman, der so fröhlich durch Zeiten und Räume springt. Aber innerhalb des Romans redet sich niemand auf Metaphern aus, hier ist Reales gefragt. Über die Epochen hinweg basteln die Figuren an einem Mechanismus des instantanen Ortswechsels: Eskapismus als Prinzip der Moderne. Bereits das Urmodell aus dem siebzehnten Jahrhundert, eine Flugvorrichtung für Schauspieler, hat allerdings beim ersten Einsatz zu einem so tragischen Unfall geführt, dass man einen Teufelspakt vermutete. In einem geheimen kalifornischen Labor wird um 1935 eine kriegstaugliche Variante jener Maschine ersonnen, wobei man nun der Illusion erliegt, es könnte sich um mehr als Illusion handeln: Der Teufel hat also immer noch seine Hände im Spiel. Egon Loeser, unser gegen allen Glauben gefeite Antiheld, taumelt mitten hinein in diese Versuche, die Logik zu überlisten, bringt Verwirrung in die Verwirrung und stiftet damit letztlich Ordnung.
Ned Beaumans rasant-virtuose Außenseiterapologie (mit dem schönsten Cover der Saison) ist eine der besten Hanswurstiaden der jüngeren Literatur und war sehr zu Recht für den Booker-Preis nominiert.
OLIVER JUNGEN.
Ned Beauman: "Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beförderung eines Menschen von Ort zu Ort". Roman.
Aus dem Englischen von Robin Detje. DuMont Buchverlag, Köln 2013. 415 S., geb., 19,99 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Less than two years after his multi-award-winning debut BOXER BEETLE Ned Beauman returns with another fizzing firework of a caper, featuring as many cracking escapades as its predecessor . . . His prose is wonderfully discursive and buzzes with originality, while scenes of pure farce nod respectfully to Thomas Pynchon and Hunter S Thompson . . . his bold characterisations, slapstick humour, slick similes and tangential subplots are sublime. A strong, smart follow-up that proves Beauman is more than comfortable with the hype he's created for himself. Time Out