Studienarbeit aus dem Jahr 2004 im Fachbereich Philosophie - Philosophie des 17. und 18. Jahrhunderts, Note: 1,0, Universität Karlsruhe (TH) (Institut für Philosophie), Veranstaltung: Hauptseminar Adam Smith, Sprache: Deutsch, Abstract: Wir fällen täglich Urteile. Diese Feststellung scheint nicht sonderlich spektakulär. Ein arbeitsloser Ingenieur schaut sich die Nachrichten im Fernsehen an und verurteilt anschließend mit bitterbösen Worten die Arbeit der Regierung, muss er doch mit der Streichung eines Teils seines Arbeitslosengeldes aufgrund der Hartz IV-Reformen rechnen. Die meist gehörte Frage, nachdem ein Film im Kino zu Ende gegangen ist, lautet: „Na, wie fandest du’s?“ Und der Fragesteller erwartet von seinem Gegenüber ein Urteil über die Qualität des eben gesehenen Streifens. Doch nicht alle Urteile scheinen von derselben Art zu sein. Einige haben den Anspruch, persönliche Präferenzen auszudrücken, andere werden mit objektivem Anspruch vertreten. Stellen Sie sich folgendes Szenario vor: Jürgen war am Samstagabend in der Disco und macht sich zu Fuß auf den Weg in seine nahe gelegene Wohnung. Plötzlich rennt eine Frau über die Straße, die aus der Nase blutet. Ihr auf den Fersen ist ein junger Mann, der offensichtlich für die Nase verantwortlich ist. Jürgen erkennt ihn als den stadtbekannten Schläger Achim. Die Situation legt nahe, dass die Frau, sollte Achim sie erwischen, weitere Verletzungen davontragen wird. Ob Jürgens Zivilcourage ohne die fünf in der Disco getrunkenen Bier ebenfalls so enorm ausgefallen wäre, sei dahin gestellt. Auf alle Fälle fasst er sich ein Herz und stellt sich dem Mann in den Weg: „Hey, was soll denn das?“, fragt er entschlossen den Prügelknaben. „Hau ab, die Schlampe hat mich betrogen. Sie verdient eine Abreibung!“, schreit ihn der Verfolger an. „Jetzt komm mal runter, betrogen worden zu sein ist noch lange kein Grund dafür, auf andere einzuschlagen.“, versucht Jürgen ihn zu beruhigen. „Komm, ich lad Dich auf ein Bier ein, dann kannst Du mir die Geschichte in aller Ruhe erzählen.“ „Hör auf mit dem Gelaber, mich betrügt keine Frau! Und wenn doch, dann muss sie mit den Konsequenzen leben.“, brüllt Achim, rempelt Jürgen unsanft zur Seite und verschwindet in die Richtung, in welche die Frau geflohen ist. Der frustrierte Jürgen reagiert zu langsam, als dass er die Verfolgung noch aufnehmen könnte. Darüber hinaus schreckt ihn, durch das Gespräch etwas klarer im Kopf, die Erinnerung an die enorme Körpergröße und die breiten Schultern des Provokateurs davon ab, jetzt alleine in irgendwelche dunklen Gassen zu rennen. Er beschließt, zum Polizeirevier einige Straßen weiter zu gehen. Auf dem Weg dorthin führt er ein wütendes Selbstgespräch: [...]