Studienarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1,7, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Veranstaltung: Literarische Autobiografien im 18. Jahrhundert, Sprache: Deutsch, Abstract: Karl Philipp Moritz untertitelte seinen Anton Reiser als psychologischen Roman, doch lässt er sich ebenso, und die Forschung tut dies auch in vielen Fällen, als Theaterroman bezeichnen. Dafür gibt es mehrere Gründe: zum einen handelt es sich bei Anton Reiser um „[…] die Geschichte eines von der Theaterleidenschaft besessenen jungen Menschen […]“1; die Bezeichnung als Theaterroman ist demnach inhaltlich gerechtfertigt. Damit beschreibt er ein für die damalige Zeit typisches Phänomen. Es herrschte nämlich eine generelle Theatromanie in der Bevölkerung, die unter anderem auch in GoethesWilhelm Meisterihren Ausdruck findet. Catholy sieht weiterhin, dass sich sogar die Struktur des Romans durch das Theatermotiv ergibt, so endet dieser nämlich, wenn Antons Traum von der Schauspielerei durch die Auflösung der Speichschen Truppe ein Ende nimmt. Auch der Titel weist schon auf das Theater hin. Einerseits beinhaltet der Nachname Antons den Aspekt des Reisens, der für Schauspieler im 18. Jahrhundert typisch war, da es sich zunächst ausschließlich um Wandertruppen handelte. Außerdem veröffentlichte 1681 ein Geistlicher namens Anton Reiser die Schrift Theatromania, oder Die Wercke der Finsterniß in denen öffentlichen Schau-spielen,die sich eindeutig gegen das Theater und die Schauspielerei richtet. Wenn es sich hier auch um eine negative Haltung zum Theaterspiel handelt, so ist der grundsätzliche Bezug zu selbigem jedoch nicht von der Hand zu weisen. Es ist zunächst überraschend, dass eine das Theater diffamierende Schrift Anton Reiser als Namensgeber diente, wo dieser dem Theater offensichtlich geradezu euphorisch gegenüber eingestellt zu sein scheint. Doch äußert sich in der Titelwahl nicht die Haltung Antons zur Schauspielerei, sondern die zunächst schwankende und sich später als negativ herausstellende des Autors. In dieser sich verändernden Einstellung zeigt sich Moritz’ Zwiespalt zwischen zwei Epochen und ihren unterschiedlichen Denkweisen bezüglich des Theaters.