Das Theater war seine Welt - mehr als fünf Jahrzehnte ist Alfred Polgar professioneller Beobachter von Wiener und Berliner Bühnen gewesen. Er hat Autoren, Stücke und Spieler allzeit weniger beurteilt als beschrieben. Dies allerdings in dem unverwechselbaren Deutsch, das seine Kritiken legendär werden ließ - in ihrem spielerischen Ernst, dem boshaften Witz, der undogmatischen Klugheit, vor allem aber auch in dem charakteristischen Ineinander von Erzählen und Analysieren. Nicht ohne Grund nannte Polgar seine gesammelten kritischen Schriften «Ja und Nein», denn selten überließ er sich dem uneingeschränkten Enthusiasmus, und nur in wirklichen Ausnahmefällen war seine Ablehnung unerbittlich und total. So war der Kritiker Polgar geachtet, ohne gefürchtet zu sein, und seine Worte, so schwerelos er sie zu machen wußte, hatten Gewicht. Polgars Texte über und für das Theater, gesammelt in zwei Bänden, bilden den Abschluß der «Kleinen Schriften». «Theater I» vereinigt 224 Aufsätze über Stücke und deren Verfasser, Aufsätze, die zwischen 1905 und 1952 entstanden sind. Ein kritisches Lesebuch, wie es wenig andere gibt, zugleich aber ein unentbehrliches Nachschlagewerk über Dramatiker der Weltliteratur: von Strindberg bis Schnitzler, von Shakespeare bis Hauptmann, von Horváth bis Dürrenmatt. «Er erzählte vom Theater, und er rezensierte den Alltag», schrieb Marcel Reich-Ranicki.
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