Eine Streitschrift wider den Zeitgeist
Konrad Paul Liessmann setzt sich kritisch mit der Wissensgesellschaft und dem Reformeifer im Bildungsbereich auseinander. Er provoziert mit der Aussage, dass Unbildung die notwendige Konsequenz der Kapitalisierung des Geistes sei. Wie ist es heute um die
Bildung bestellt? Findet der Wechsel von der Industriegesellschaft zur Wissensgesellschaft statt?
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Konrad Paul Liessmann setzt sich kritisch mit der Wissensgesellschaft und dem Reformeifer im Bildungsbereich auseinander. Er provoziert mit der Aussage, dass Unbildung die notwendige Konsequenz der Kapitalisierung des Geistes sei. Wie ist es heute um die Bildung bestellt? Findet der Wechsel von der Industriegesellschaft zur Wissensgesellschaft statt?
Im ersten Kapitel verdeutlicht der Autor den Unterschied zwischen lexikalischem Wissen und einem tiefgehenden Wissen um Zusammenhänge. Wenn es um Sinn, Bedeutung oder Zusammenhänge geht, so seine Erkenntnis, wird lexikalisches Wissen nicht weiterhelfen. Ist im Zeitalter einfacher Internetabfragen tiefgehendes Wissen noch erforderlich, um gesellschaftliche Anerkennung und wirtschaftlichen Erfolg verbuchen zu können?
Was hartnäckig Bildung genannt wird, orientiert sich an knallharten Wirtschaftsfaktoren, die jene Standards definieren, die der „Gebildete“ erreichen soll. Unter dieser Prämisse erscheinen Allgemein- und Persönlichkeitsbildung verzichtbar. In einer sich rasch wandelnden Welt scheint der Verzicht auf verbindliche geistige Traditionen zu einer Tugend geworden zu sein.
Die Konkurrenz zwischen Bildungseinrichtungen spielte sich bislang zwischen unterschiedlichen Weltdeutungen, Methoden und Modellen ab und zwar als Konkurrenz um Zugänge zur Wahrheit. Im Gegensatz dazu führt das betriebswirtschaftliche Ranglistendenken zu einer Gleichschaltung der Strukturen und letztlich der Kulturen.
Das Wissensmanagement agiert wie ein Betrieb und der Wissensmanager versucht, unabhängig von Wahrheits- und Geltungsfragen, herauszufinden, welche Art von Wissen sein Unternehmen zur Lösung seiner Probleme benötigt. Dass Universitäten, die über eine tausendjährige Erfahrung im Umgang mit Wissen verfügen, sich in ihrer Umstrukturierung an solchen Unternehmensideologien orientieren, hält der Autor für Dummheit.
Es ist Liessmann gelungen, gezielt zu provozieren. Das Buch enthält zahlreiche Thesen gegen den allgemeinen Trend, es liefert aber keine Antworten. Ich vermisse konstruktive Antworten auf die Zukunftsfragen der Bildungssysteme.