Cornelia Funkes Tintentod: Teil 3 der Tintenwelt-Romane. Die Weißen Frauen haben Staubfinger mit sich genommen. Meggie lebt mit ihren Eltern auf einem verlassenen Hof in den Hügeln östlich von Ombra, wo sich beinahe vergessen lässt, was auf der Nachtburg geschehen ist. Doch in der Dunkelheit, wenn Meggie am Fenster steht und auf Farid wartet, hört sie den Eichelhäher schreien. Dann verschwindet ihr Vater mit dem Schwarzen Prinzen und dem Starken Mann im Wald, denn es muss alles getan werden, damit die Schatten über Ombra weichen. Noch einmal nimmt Cornelia Funke ihre Leserinnen und Leser mit auf eine Reise voller Gefahren, wilder Schönheiten und magischer Fantasie – möge diese Reise niemals enden. Das Abenteuer geht weiter: Folge Meggie, Mo und Staubfinger in die magische Tintenwelt. Die Tintenwelt öffnet noch einmal ihre Pforten: Tritt ein und entdecke ein Universum, in dem du umgeben bist von fantastischen Fabelwesen, echten Gefühlen und unglaublichen Geschichten. Cornelia Funkes Tintenwelt wird von Fantasy-Fans weltweit geliebt. Die Trilogie prägte eine ganze Generation von Leserinnen und Lesern. Fesselnd wie "Reckless", mitreißend wie "Drachenreiter". Cornelia Funke ist die international erfolgreichste deutsche Kinder- und Jugendbuchautorin. Viele ihrer Werke wurden ausgezeichnet und auch verfilmt.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.07.2007Morgen, Kinder, wird's was geben
Cornelia Funke und Kirsten Boie, Philip Pullman und Lemony Snicket: Die Jugendliteratur hatte schon lange keine so großen Namen und keine so guten Bücher mehr. Ausblick auf einen aufregenden Lese-Herbst.
Von Tilman Spreckelsen
Als der amerikanische Autor Daniel Handler jüngst gefragt wurde, ob er für erwachsene Leser anders schreibe als für Jugendliche, antwortete er, Erwachsene seien in der Regel älter. Sonst sehe er keinen Unterschied.
Handler, der unter dem Pseudonym Lemony Snicket gerade eine der klügsten und witzigsten Jugendbuchserien aller Zeiten mit dem dreizehnten Band abgeschlossen hat ("Eine Reihe betrüblicher Ereignisse"), macht es sich mit dieser Antwort natürlich leicht. Andererseits ist es seit "Harry Potter" keinem Erwachsenen mehr peinlich, wenn er mit einem Jugendbuch erwischt wird, und nicht wenige führen den erstaunlichen Siegeszug des Sachbuchs speziell für jüngere Leser darauf zurück, dass eben immer mehr Große etwa zum betreffenden "Was ist was"-Band greifen, wenn sie endlich die Evolution oder die Sache mit den Genen verstehen wollen.
Einen gravierenden Unterschied aber wird auch Handler nicht leugnen: Erwachsene kaufen sich ihre Bücher selbst, Kinder und Jugendliche bekommen sie geschenkt. Und zwar sehr oft von Erwachsenen, die entzückt aufschreien, wenn sie die "Häschenschule" oder "Die kleine Raupe Nimmersatt" neben der Ladenkasse liegen sehen und damit ihren Kindern oder Enkeln bescheren, was sie einst selbst geliebt haben. Nicht zuletzt deshalb sind die Bestsellerlisten für Kinder- und Jugendbücher auch übervoll mit guten alten Bekannten - selbst "Der kleine Prinz" mischt in diesem enorm konservativen Markt immer noch ganz vorne mit.
Um die Klassiker muss man sich also keine Sorgen machen, um die Neuerscheinungen schon. Vor Jahresfrist stellte die Jury zum deutschen Jugendliteraturpreis den Kinderbuchverlagen ein verheerendes Zeugnis aus, indem sie unter 5635 Büchern keine dreißig Titel fand, die sie auf ihre Shortlist setzen mochte. Eine "Ohrfeige für die Branche", fanden nicht nur die Jugendbuchexperten Monika Osberghaus und Friedbert Stohner, die in einem Aufsatz für die "Schweizer Monatshefte" wenig hoffnungsfroh in die Zukunft blicken: "Mit ihrer Entscheidung hat die Jury den Finger in eine Wunde gelegt, die von den meisten Kinderbuchmachern offenbar gar nicht als solche wahrgenommen wird. Wo sie bunte Bücherstapel genauso schnell verkaufen wie anhäufen können, sind sie erstaunlich schmerzfrei. Dass 99 Prozent ihrer Erzeugnisse aussortiert werden, weil sie nicht den Qualitätskriterien für ein wertvolles Kinderbuch entsprechen, stört sie nicht, solange diese Produkte an anderer Stelle vorne liegen, nämlich auf den Stapeltischen der großen Buchhandelshäuser." Und das seien dann "Fantasywälzer", "coole Girliebücher" oder auch die "wilden Fußballkerle".
Kann man es den Verlagen übelnehmen, wenn sie diejenigen Bücher herstellen, die sie für die verkäuflichsten halten? Natürlich nicht. Jedenfalls so lange nicht, wie neben Reihen wie "Freche Mädchen - freche Bücher" (deren Titel nur ungern ohne das Wort "Küsse" auskommen) oder den immer noch fortgesetzten Abenteuern von Hanni und Nanni auch das ambitionierte Bilderbuchprogramm von Verlagen wie Peter Hammer oder Moritz seinen Weg in die Buchhandlungen findet - und solange man sich davor hütet, mit verklärtem Blick Kinder und Jugendliche auf Teufel komm raus zum Lesen zu zwingen, die vielleicht gerade lieber Fußball spielen gehen würden.
Solange man also die Jugendliteratur lediglich als Teil eines Buchmarkts sieht, dessen Gesetzen sie aus guten Gründen unterworfen ist und in dem sie sich prächtig behauptet, gibt es keinen Grund zur Sorge. Der Anteil der Sparte wächst stetig auf mittlerweile über vierzehn Prozent des Gesamtumsatzes der Branche, und das bei eher niedrigen Verkaufspreisen der einzelnen Bücher. Im Ausland ist sie zudem erfolgreicher als die Erwachsenenliteratur: Jedes vierte Buch, das aus dem Deutschen in eine andere Sprache übersetzt wird, ist heute ein Kinder- oder Jugendbuch.
Von einer Nische mag da niemand mehr sprechen, zumal sich auch das Kino begierig den Verfilmungen aktueller Jugendliteratur öffnet: In diesem Jahr waren das bislang gleich zwei Titel von Cornelia Funke ("Die wilden Hühner und die Liebe" und "Hände weg von Mississippi") und "Herr Bello" von Paul Maar; für die Vorweihnachtszeit steht schließlich die aufwendige Adaption von Philip Pullmans "Der goldene Kompass" mit Stars wie Nicole Kidman und Daniel Craig an, vom aktuellen "Harry Potter"-Film ganz zu schweigen.
Vor allem aber findet sich in der Schwemme der Neuerscheinungen in diesem Jahr eine ganze Reihe von Büchern, die sich in ruhiger Selbstgewissheit nirgends anbiedern und die vom gewachsenen Markt profitieren, indem sie den Platz, den sie darin einnehmen, selbst bestimmen: Wer weiß, dass er auf ein Publikum rechnen kann, muss nicht notwendig das hundertste Drachenbuch, den zweihundertsten Jugendgewaltkrimi der Saison liefern. Tut er es doch, kann er dabei zumindest die vermeintlichen Gesetze des Genres auf das schönste ignorieren.
Am leichtesten haben es dabei naturgemäß Bände, die eine bereits freundlich aufgenommene Geschichte fortführen oder an ein Ende bringen. Das betrifft nicht nur die Potter-Saga, deren letzter Band im Oktober auf Deutsch bei Carlsen erscheinen wird, sondern auch Cornelia Funkes anspruchsvollere "Tintenwelt"-Trilogie. Funke beschreibt darin das Grenzgängertum des Mädchens Meggie, das die fiktionale Welt, wie sie in Büchern entworfen wird, gleichzeitig als verlockend und bedrohlich empfindet, und das im Wortsinn: Weil ihr Vater so suggestiv vorzulesen weiß, verliert Meggie ihre Mutter; erfundene Brandstifter fackeln ganz real eine Bibliothek ab, und wenn sie selbst mehrfach Todesängste ausstehen muss, wird sie dabei kaum trösten, dass ihre Peiniger die Kopfgeburten eines befreundeten Autors sind.
Funke vermeidet die naive Glorifikation des Lesens an sich, die sich mittlerweile auf dem Buchmarkt für Erwachsene ebenso pestartig breitmacht wie auf dem für Kinder- und Jugendliche, und das muss man ihr hoch anrechnen. Auch Daniel Handler alias Lemony Snicket ist davor gefeit, wenn er in seiner Serie um drei überaus unglückliche Waisen zwar auf jeder Seite mit literarischen Versatzstücken spielt, gleichzeitig aber die völlige Hilflosigkeit der freundlichen, gebildeten und erzvernünftigen Geschwister in einer aus den Fugen geratenen Welt schildert, in der sich jeder Glaube an Gesetzmäßigkeit oder gar Pläne als frommer Wunsch entpuppt. Und weil das Ganze, wunderbar durchgehalten über volle dreizehn Bände, am Ende schließlich in einen operettenhaften Trugschluss mündet, wird man den Autor für diesen Eigensinn preisen, selbst wenn er so ziemlich jede Frage offenlässt, die er bis dahin aufgeworfen hatte.
Auch Kirsten Boie, die mit "Alhambra" einen großartigen Zeitreiseroman vorlegt, braucht sich um ihre Akzeptanz beim Publikum keine Sorgen zu machen, zumal das Buch zum Besten gehört, was dieser Herbst zu bieten haben wird. Boie schickt einen deutschen Schüler, der mit seiner Klasse Granada besucht, plötzlich ins Jahr 1492, in die Zeit der Mauren- und Judenverfolgung durch Ferdinand und Isabella, und in die Zeit von Columbus, der um Unterstützung für seine geplante Indien-Fahrt ersucht. Und während der Schüler auf einen Moslem und einen Juden seines Alters trifft, während also die Sache durchaus auf eine platte Toleranzpredigt zusteuern könnte, die dann auch für unsere Gegenwart herhalten müsste, vermeidet Boie diese Untiefen und bringt ihr Anliegen dennoch elegant ans Ziel.
Es ist diese Sorgfalt, diese Scheu vor ausgetrampelten Pfaden der Jugendliteratur, die Autoren ihrer Klasse von einem Großteil derer trennen, die das Schreiben für Jüngere so verstehen, dass sie schlicht weniger bieten: weniger Einfälle, weniger sprachliche Brillanz. Das trifft auf jene in der Jugendliteratur notorischen Vielschreiber zu, die sich einiges auf ihre Produktivität einbilden, aber auch auf Debütanten, die sich nicht von der eigenen Lektüre lösen können und dann, mitunter sogar höchst erfolgreich, nichts als einen neuerlichen Aufguss vom "Herrn der Ringe" liefern.
Umso erfreulicher ist da Marlene Röders Debüt "Im Fluss": Die Geschichte einer Sommerfreundschaft auf dem Lande, aus drei Perspektiven erzählt, fügt souverän realistische und phantastische Elemente zu einer überzeugenden Einheit. In Röders Welt lassen sich die Guten und die Bösen nicht so einfach trennen, und dass sie am Ende dann doch nicht in einer moralischen Beliebigkeit versackt, ist kein geringes Verdienst.
Röders Buch ist nicht das einzige bemerkenswerte Debüt in diesem Herbst, neben den Bänden von Funke, Rowling und Snicket stehen andere, die ebenfalls große Jugendbuchserien abschließen, und dass mit "Flunkerfisch" eine weitere Zusammenarbeit der "Grüffelo"-Urheber Julia Donaldson und Axel Scheffler auf Deutsch erscheint, ist immer eine hübsche Sache. Die Jury des Jungendliteraturpreises sollte in diesem Jahr auf ihre Kosten kommen. Von uns Lesern ganz zu schweigen.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Cornelia Funke und Kirsten Boie, Philip Pullman und Lemony Snicket: Die Jugendliteratur hatte schon lange keine so großen Namen und keine so guten Bücher mehr. Ausblick auf einen aufregenden Lese-Herbst.
Von Tilman Spreckelsen
Als der amerikanische Autor Daniel Handler jüngst gefragt wurde, ob er für erwachsene Leser anders schreibe als für Jugendliche, antwortete er, Erwachsene seien in der Regel älter. Sonst sehe er keinen Unterschied.
Handler, der unter dem Pseudonym Lemony Snicket gerade eine der klügsten und witzigsten Jugendbuchserien aller Zeiten mit dem dreizehnten Band abgeschlossen hat ("Eine Reihe betrüblicher Ereignisse"), macht es sich mit dieser Antwort natürlich leicht. Andererseits ist es seit "Harry Potter" keinem Erwachsenen mehr peinlich, wenn er mit einem Jugendbuch erwischt wird, und nicht wenige führen den erstaunlichen Siegeszug des Sachbuchs speziell für jüngere Leser darauf zurück, dass eben immer mehr Große etwa zum betreffenden "Was ist was"-Band greifen, wenn sie endlich die Evolution oder die Sache mit den Genen verstehen wollen.
Einen gravierenden Unterschied aber wird auch Handler nicht leugnen: Erwachsene kaufen sich ihre Bücher selbst, Kinder und Jugendliche bekommen sie geschenkt. Und zwar sehr oft von Erwachsenen, die entzückt aufschreien, wenn sie die "Häschenschule" oder "Die kleine Raupe Nimmersatt" neben der Ladenkasse liegen sehen und damit ihren Kindern oder Enkeln bescheren, was sie einst selbst geliebt haben. Nicht zuletzt deshalb sind die Bestsellerlisten für Kinder- und Jugendbücher auch übervoll mit guten alten Bekannten - selbst "Der kleine Prinz" mischt in diesem enorm konservativen Markt immer noch ganz vorne mit.
Um die Klassiker muss man sich also keine Sorgen machen, um die Neuerscheinungen schon. Vor Jahresfrist stellte die Jury zum deutschen Jugendliteraturpreis den Kinderbuchverlagen ein verheerendes Zeugnis aus, indem sie unter 5635 Büchern keine dreißig Titel fand, die sie auf ihre Shortlist setzen mochte. Eine "Ohrfeige für die Branche", fanden nicht nur die Jugendbuchexperten Monika Osberghaus und Friedbert Stohner, die in einem Aufsatz für die "Schweizer Monatshefte" wenig hoffnungsfroh in die Zukunft blicken: "Mit ihrer Entscheidung hat die Jury den Finger in eine Wunde gelegt, die von den meisten Kinderbuchmachern offenbar gar nicht als solche wahrgenommen wird. Wo sie bunte Bücherstapel genauso schnell verkaufen wie anhäufen können, sind sie erstaunlich schmerzfrei. Dass 99 Prozent ihrer Erzeugnisse aussortiert werden, weil sie nicht den Qualitätskriterien für ein wertvolles Kinderbuch entsprechen, stört sie nicht, solange diese Produkte an anderer Stelle vorne liegen, nämlich auf den Stapeltischen der großen Buchhandelshäuser." Und das seien dann "Fantasywälzer", "coole Girliebücher" oder auch die "wilden Fußballkerle".
Kann man es den Verlagen übelnehmen, wenn sie diejenigen Bücher herstellen, die sie für die verkäuflichsten halten? Natürlich nicht. Jedenfalls so lange nicht, wie neben Reihen wie "Freche Mädchen - freche Bücher" (deren Titel nur ungern ohne das Wort "Küsse" auskommen) oder den immer noch fortgesetzten Abenteuern von Hanni und Nanni auch das ambitionierte Bilderbuchprogramm von Verlagen wie Peter Hammer oder Moritz seinen Weg in die Buchhandlungen findet - und solange man sich davor hütet, mit verklärtem Blick Kinder und Jugendliche auf Teufel komm raus zum Lesen zu zwingen, die vielleicht gerade lieber Fußball spielen gehen würden.
Solange man also die Jugendliteratur lediglich als Teil eines Buchmarkts sieht, dessen Gesetzen sie aus guten Gründen unterworfen ist und in dem sie sich prächtig behauptet, gibt es keinen Grund zur Sorge. Der Anteil der Sparte wächst stetig auf mittlerweile über vierzehn Prozent des Gesamtumsatzes der Branche, und das bei eher niedrigen Verkaufspreisen der einzelnen Bücher. Im Ausland ist sie zudem erfolgreicher als die Erwachsenenliteratur: Jedes vierte Buch, das aus dem Deutschen in eine andere Sprache übersetzt wird, ist heute ein Kinder- oder Jugendbuch.
Von einer Nische mag da niemand mehr sprechen, zumal sich auch das Kino begierig den Verfilmungen aktueller Jugendliteratur öffnet: In diesem Jahr waren das bislang gleich zwei Titel von Cornelia Funke ("Die wilden Hühner und die Liebe" und "Hände weg von Mississippi") und "Herr Bello" von Paul Maar; für die Vorweihnachtszeit steht schließlich die aufwendige Adaption von Philip Pullmans "Der goldene Kompass" mit Stars wie Nicole Kidman und Daniel Craig an, vom aktuellen "Harry Potter"-Film ganz zu schweigen.
Vor allem aber findet sich in der Schwemme der Neuerscheinungen in diesem Jahr eine ganze Reihe von Büchern, die sich in ruhiger Selbstgewissheit nirgends anbiedern und die vom gewachsenen Markt profitieren, indem sie den Platz, den sie darin einnehmen, selbst bestimmen: Wer weiß, dass er auf ein Publikum rechnen kann, muss nicht notwendig das hundertste Drachenbuch, den zweihundertsten Jugendgewaltkrimi der Saison liefern. Tut er es doch, kann er dabei zumindest die vermeintlichen Gesetze des Genres auf das schönste ignorieren.
Am leichtesten haben es dabei naturgemäß Bände, die eine bereits freundlich aufgenommene Geschichte fortführen oder an ein Ende bringen. Das betrifft nicht nur die Potter-Saga, deren letzter Band im Oktober auf Deutsch bei Carlsen erscheinen wird, sondern auch Cornelia Funkes anspruchsvollere "Tintenwelt"-Trilogie. Funke beschreibt darin das Grenzgängertum des Mädchens Meggie, das die fiktionale Welt, wie sie in Büchern entworfen wird, gleichzeitig als verlockend und bedrohlich empfindet, und das im Wortsinn: Weil ihr Vater so suggestiv vorzulesen weiß, verliert Meggie ihre Mutter; erfundene Brandstifter fackeln ganz real eine Bibliothek ab, und wenn sie selbst mehrfach Todesängste ausstehen muss, wird sie dabei kaum trösten, dass ihre Peiniger die Kopfgeburten eines befreundeten Autors sind.
Funke vermeidet die naive Glorifikation des Lesens an sich, die sich mittlerweile auf dem Buchmarkt für Erwachsene ebenso pestartig breitmacht wie auf dem für Kinder- und Jugendliche, und das muss man ihr hoch anrechnen. Auch Daniel Handler alias Lemony Snicket ist davor gefeit, wenn er in seiner Serie um drei überaus unglückliche Waisen zwar auf jeder Seite mit literarischen Versatzstücken spielt, gleichzeitig aber die völlige Hilflosigkeit der freundlichen, gebildeten und erzvernünftigen Geschwister in einer aus den Fugen geratenen Welt schildert, in der sich jeder Glaube an Gesetzmäßigkeit oder gar Pläne als frommer Wunsch entpuppt. Und weil das Ganze, wunderbar durchgehalten über volle dreizehn Bände, am Ende schließlich in einen operettenhaften Trugschluss mündet, wird man den Autor für diesen Eigensinn preisen, selbst wenn er so ziemlich jede Frage offenlässt, die er bis dahin aufgeworfen hatte.
Auch Kirsten Boie, die mit "Alhambra" einen großartigen Zeitreiseroman vorlegt, braucht sich um ihre Akzeptanz beim Publikum keine Sorgen zu machen, zumal das Buch zum Besten gehört, was dieser Herbst zu bieten haben wird. Boie schickt einen deutschen Schüler, der mit seiner Klasse Granada besucht, plötzlich ins Jahr 1492, in die Zeit der Mauren- und Judenverfolgung durch Ferdinand und Isabella, und in die Zeit von Columbus, der um Unterstützung für seine geplante Indien-Fahrt ersucht. Und während der Schüler auf einen Moslem und einen Juden seines Alters trifft, während also die Sache durchaus auf eine platte Toleranzpredigt zusteuern könnte, die dann auch für unsere Gegenwart herhalten müsste, vermeidet Boie diese Untiefen und bringt ihr Anliegen dennoch elegant ans Ziel.
Es ist diese Sorgfalt, diese Scheu vor ausgetrampelten Pfaden der Jugendliteratur, die Autoren ihrer Klasse von einem Großteil derer trennen, die das Schreiben für Jüngere so verstehen, dass sie schlicht weniger bieten: weniger Einfälle, weniger sprachliche Brillanz. Das trifft auf jene in der Jugendliteratur notorischen Vielschreiber zu, die sich einiges auf ihre Produktivität einbilden, aber auch auf Debütanten, die sich nicht von der eigenen Lektüre lösen können und dann, mitunter sogar höchst erfolgreich, nichts als einen neuerlichen Aufguss vom "Herrn der Ringe" liefern.
Umso erfreulicher ist da Marlene Röders Debüt "Im Fluss": Die Geschichte einer Sommerfreundschaft auf dem Lande, aus drei Perspektiven erzählt, fügt souverän realistische und phantastische Elemente zu einer überzeugenden Einheit. In Röders Welt lassen sich die Guten und die Bösen nicht so einfach trennen, und dass sie am Ende dann doch nicht in einer moralischen Beliebigkeit versackt, ist kein geringes Verdienst.
Röders Buch ist nicht das einzige bemerkenswerte Debüt in diesem Herbst, neben den Bänden von Funke, Rowling und Snicket stehen andere, die ebenfalls große Jugendbuchserien abschließen, und dass mit "Flunkerfisch" eine weitere Zusammenarbeit der "Grüffelo"-Urheber Julia Donaldson und Axel Scheffler auf Deutsch erscheint, ist immer eine hübsche Sache. Die Jury des Jungendliteraturpreises sollte in diesem Jahr auf ihre Kosten kommen. Von uns Lesern ganz zu schweigen.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Eine begeisterte Leserin hat Teil drei von Cornelia Funkes "Tintenherz"-Trilogie in Rezensentin Kirsten Reinhardt gefunden. Zwar ist das Buch aus ihrer Sicht sprachlich eher simpel gestrickt, doch der "Einfallsreichtum der Autorin" bei der detailreichen Ausarbeitung ihrer Fantasie-Welt gleiche diese sprachliche Unbeholfenheit locker aus. Auch das Tempo, mit dem die 81 Kapitel über 800 Seiten preschen, fördert die atemlose Begeisterung der Rezensentin für diese Welt der Lesejunkies und Buchstabenaddicts. Zwischendurch versucht die Rezensentin immer wieder, durch Verweise auf Schwachstellen klaren Kritikerblick zu demonstrieren, etwa auf die Textschnipsel von anderen Autoren, die für sie unnötigerweise jedes Kapitel einleiten. Am Ende siegt klar Funkes Tintenkosmos über alle Kritikervernunft.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 28.09.2007Mit Muskelkater am Cliff hängen
Wenn die Zauberzunge Papierfiguren spuckt: Cornelia Funkes „Tintentod”
Was für eine Erfolgsgeschichte: 500 000 „Tintentod”-Exemplare kommen heute in Deutschland in den Handel! Das Time Magazine wählt die Autorin zur wichtigsten Deutschen! Und während dieser letzte Band der Trilogie über die Macht des Lesens parallel in alle marktrelevanten Sprachen übersetzt wird, hat Hollywood gerade die Verfilmung des ersten Buchs abgeschlossen! Es ist schon merkwürdig, in welch groteskem Gegensatz der Rummel um Cornelia Funkes „Tintenwelt”-Romane zu der darin beschrieben Welt steht, in der es kein Kino gibt, sondern nur Bücher, und diese meist als Unikate, vergessene Folianten, in Leder gebunden, versteckt in dunklen Bibliotheken.
Die reizvolle Grundidee dieses Fantasy-Epos’ lag in seiner Selbstbezüglichkeit: Cornelia Funkes Trilogie ist eine Saga über die geradezu fantasmagorische Kraft des Lesens und des Schreibens. Im ersten Band vermag der Buchbinder Mortimer, kurz Mo, seiner Tochter Meggie so suggestiv, so plastisch vorzulesen, dass er, ohne das zu wollen, einige Bösewichter aus einem Buch herausliest; gleichzeitig verschwindet seine Frau im Sog derselben Geschichte um mittelalterliche Mächte und ein Buch im Buch. Im zweiten Band werden dann untergründig die Frage des Autors und seiner Autonomie verhandelt: Mo und seine Tochter setzen in „Tintenblut” ebenfalls über in die düstere Tintenwelt, in der nun ohnehin ein reger Grenzverkehr stattfindet: Selbst Fenoglio, der Autor des von Mortimer vorgelesenen Buchs im Buch, ist so fasziniert von den Geschehnissen, dass er sich in seine eigene Geschichte begibt, dort die Handlung fortschreiben will, aber erleben muss, wie sich seine Figuren während des Schreibens verselbständigen.
In „Tintentod” nun, dem dritten Band, (Cecilie Dressler Verlag, Hamburg 2007. 768 Seiten, 39,80 Euro) geht es letzten Endes um eine Schreibblockade: Fenoglio kann nicht mehr, er ist verstummt. Orpheus, sein hässlich dummer Epigone, hat das einzige Exemplar von Fenoglios Buch in seinen Besitz gebracht, aus dem er einzelne Handlungselemente neu zusammensetzt, sodass er die Welt zwar nach seinem Willen aber eben stümperhaft umschreibt, was den machtlosen Autor Fenoglio leiden lässt: „Was für eine blasse Figur! dachte Fenoglio verächtlich, während der Hänfling an ihm vorbeiritt. Offenbar besetzte diese Geschichte inzwischen selbst Hauptrollen mit billigen Nebendarstellern.” Spricht da vielleicht auch das Unbehagen der eigentlichen Autorin an ihrem Werk?
„Tintenherz” und „Tintenblut” unterschieden sich insofern kategorisch von „Herr der Ringe” oder „Harry Potter”, als es eben keine externe Parallelwelt gab, irgendwo weit hinter dem Horizont des Realitätsprinzips, sondern eine „literarische” Welt. Man musste nur emphatisch genug lesen, dann konnte man aus dem Hier und Jetzt in die grenzenlosen Räume hinter den Buchstaben und Wörtern gelangen. Dauernd kippte die Handlung von der Wirklichkeit in die Welt der Bücher und zurück. Jetzt aber, in „Tintentod”, wo sich alle „eingelesen” haben in die Tintenwelt, fällt dieser flirrende Sprung zwischen Text und Wirklichkeit weg, nahezu alles findet nur noch „drüben” statt.
Der Eichelhäher als Erlöser
Die Tintenwelt selbst aber ist konventionellstes Fantasy-Setting: blutrünstiges Mittelalter, Ritter, bemooste Bäume, viele Tiere, übersinnliche Schwebeteilchen wie Elfen oder Todesengel. Es gibt einen grausamen Herrscher, Natternkopf, eine Art böser Amfortas, tödlich verwundet, aber zugleich unsterblich, der über die Stadt Ombra herrscht. Es gibt die Guten, versprengt in den Wäldern lebend; sie alle hoffen auf die Figur des Eichelhähers, die Fenoglio ersann. Mortimer, den sie ob seiner Lesegabe auch Zauberzunge nennen, schlüpft in diese erdachte Erlöserfigur, was freilich seinen Charakter so verändert, dass ihn Frau und Tochter nicht wiedererkennen.
Die Namen ähneln dem internationalen Kulturesperanto anderer internationaler Fantasyerfolge: Entweder klingen sie nach Artussage – Mortimer, Elinor, Capricorn – oder nach italienischer Renaissance – Baptista, Jacopo, Cosimo. Dazu kommt einmal mehr die zersplitterte politische Ordnung des Mittelalters, der Herrschaftsbereich umfasst ungefähr einen Nachtritt, was sich enorm aufs Erzähltempo auswirkt, jeder kann schließlich dauernd überall sein.
Sicher, Cornelia Funke beherrscht das Plotting wie ein amerikanischer Thrillerexperte, die verschiedenen Handlungsstränge werden nach Cliffhangermanier ineinander verschoben. Aber man hat schnell Mitleid mit all den Figuren, wie sie am Ende eines jeden Kapitels schon wieder am Cliff hängen und dann zehn, zwanzig Seiten warten müssen, was sich Fenoglio, Orpheus oder Cornelia Funke als Nächstes für sie ausdenken.
Funke scheint diese exzessiv angewandte Technik selbst nicht zu behagen: Als ihr Alter Ego Fenoglio gegen Ende wieder schreiben und wenigstens zu Teilen das Ruder übernehmen kann, brennt es gerade wieder mal an allen Ecken und Enden: Er selbst versteckt sich zusammen mit Mortimers Tochter Meggie und vielen Kindern vor gemeinen Söldnern. Im anderen Handlungsstrang ist Mortimer in Lebensgefahr. Gerade hat Fenoglio angefangen, rettende Sätze für ihn zu Papier zu bringen, da kommen die bösen Häscher und wollen den Kindern ans Leben. „Fenoglio legte ein leeres Blatt auf das Brett. Zum Teufel, er hatte es noch nie gemocht, an zwei Geschichten gleichzeitig zu schreiben! ,Fenoglio! Was ist mit meinem Vater?’ Meggie kniete neben ihm. Wie verzweifelt sie aussah! ,Der hat noch Zeit.’ Fenoglio tauchte die Feder ein. ,Ich versprech dir, sobald ich das hier fertig habe, mach ich mich wieder an die Worte für den Eichelhäher.’”
Die Worte, die Worte: Da Funke das in den Vorgängerbänden angesammelte Riesenpersonal eigentlich nur vor sich hertreibt, immer straight in Richtung auf den manichäischen Showdown, bleibt keine Zeit, auch nur eine der Figuren tiefer zu beschrieben. So verläuft das eigene Lese-Erlebnis genau gegenläufig zu Mortimers Lektüre-Erlebnis: Während er „den Buchstaben das Atmen beibrachte” und durch die Wörter in die von ihnen evozierte Welt tauchte, spuckt einen dieser atemlose Text regelrecht aus, und man sieht papiernen Figuren dabei zu, wie sie flach und plan durch 740 Seiten geschoben werden. ALEX RÜHLE
Im Anfang war das Wort, und das Wort wurde Fleisch: Die Verfilmung des ersten Teils „Tintenblut” kommt im nächsten Frühjahr in die Kinos. Foto: New Line Cinema
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Wenn die Zauberzunge Papierfiguren spuckt: Cornelia Funkes „Tintentod”
Was für eine Erfolgsgeschichte: 500 000 „Tintentod”-Exemplare kommen heute in Deutschland in den Handel! Das Time Magazine wählt die Autorin zur wichtigsten Deutschen! Und während dieser letzte Band der Trilogie über die Macht des Lesens parallel in alle marktrelevanten Sprachen übersetzt wird, hat Hollywood gerade die Verfilmung des ersten Buchs abgeschlossen! Es ist schon merkwürdig, in welch groteskem Gegensatz der Rummel um Cornelia Funkes „Tintenwelt”-Romane zu der darin beschrieben Welt steht, in der es kein Kino gibt, sondern nur Bücher, und diese meist als Unikate, vergessene Folianten, in Leder gebunden, versteckt in dunklen Bibliotheken.
Die reizvolle Grundidee dieses Fantasy-Epos’ lag in seiner Selbstbezüglichkeit: Cornelia Funkes Trilogie ist eine Saga über die geradezu fantasmagorische Kraft des Lesens und des Schreibens. Im ersten Band vermag der Buchbinder Mortimer, kurz Mo, seiner Tochter Meggie so suggestiv, so plastisch vorzulesen, dass er, ohne das zu wollen, einige Bösewichter aus einem Buch herausliest; gleichzeitig verschwindet seine Frau im Sog derselben Geschichte um mittelalterliche Mächte und ein Buch im Buch. Im zweiten Band werden dann untergründig die Frage des Autors und seiner Autonomie verhandelt: Mo und seine Tochter setzen in „Tintenblut” ebenfalls über in die düstere Tintenwelt, in der nun ohnehin ein reger Grenzverkehr stattfindet: Selbst Fenoglio, der Autor des von Mortimer vorgelesenen Buchs im Buch, ist so fasziniert von den Geschehnissen, dass er sich in seine eigene Geschichte begibt, dort die Handlung fortschreiben will, aber erleben muss, wie sich seine Figuren während des Schreibens verselbständigen.
In „Tintentod” nun, dem dritten Band, (Cecilie Dressler Verlag, Hamburg 2007. 768 Seiten, 39,80 Euro) geht es letzten Endes um eine Schreibblockade: Fenoglio kann nicht mehr, er ist verstummt. Orpheus, sein hässlich dummer Epigone, hat das einzige Exemplar von Fenoglios Buch in seinen Besitz gebracht, aus dem er einzelne Handlungselemente neu zusammensetzt, sodass er die Welt zwar nach seinem Willen aber eben stümperhaft umschreibt, was den machtlosen Autor Fenoglio leiden lässt: „Was für eine blasse Figur! dachte Fenoglio verächtlich, während der Hänfling an ihm vorbeiritt. Offenbar besetzte diese Geschichte inzwischen selbst Hauptrollen mit billigen Nebendarstellern.” Spricht da vielleicht auch das Unbehagen der eigentlichen Autorin an ihrem Werk?
„Tintenherz” und „Tintenblut” unterschieden sich insofern kategorisch von „Herr der Ringe” oder „Harry Potter”, als es eben keine externe Parallelwelt gab, irgendwo weit hinter dem Horizont des Realitätsprinzips, sondern eine „literarische” Welt. Man musste nur emphatisch genug lesen, dann konnte man aus dem Hier und Jetzt in die grenzenlosen Räume hinter den Buchstaben und Wörtern gelangen. Dauernd kippte die Handlung von der Wirklichkeit in die Welt der Bücher und zurück. Jetzt aber, in „Tintentod”, wo sich alle „eingelesen” haben in die Tintenwelt, fällt dieser flirrende Sprung zwischen Text und Wirklichkeit weg, nahezu alles findet nur noch „drüben” statt.
Der Eichelhäher als Erlöser
Die Tintenwelt selbst aber ist konventionellstes Fantasy-Setting: blutrünstiges Mittelalter, Ritter, bemooste Bäume, viele Tiere, übersinnliche Schwebeteilchen wie Elfen oder Todesengel. Es gibt einen grausamen Herrscher, Natternkopf, eine Art böser Amfortas, tödlich verwundet, aber zugleich unsterblich, der über die Stadt Ombra herrscht. Es gibt die Guten, versprengt in den Wäldern lebend; sie alle hoffen auf die Figur des Eichelhähers, die Fenoglio ersann. Mortimer, den sie ob seiner Lesegabe auch Zauberzunge nennen, schlüpft in diese erdachte Erlöserfigur, was freilich seinen Charakter so verändert, dass ihn Frau und Tochter nicht wiedererkennen.
Die Namen ähneln dem internationalen Kulturesperanto anderer internationaler Fantasyerfolge: Entweder klingen sie nach Artussage – Mortimer, Elinor, Capricorn – oder nach italienischer Renaissance – Baptista, Jacopo, Cosimo. Dazu kommt einmal mehr die zersplitterte politische Ordnung des Mittelalters, der Herrschaftsbereich umfasst ungefähr einen Nachtritt, was sich enorm aufs Erzähltempo auswirkt, jeder kann schließlich dauernd überall sein.
Sicher, Cornelia Funke beherrscht das Plotting wie ein amerikanischer Thrillerexperte, die verschiedenen Handlungsstränge werden nach Cliffhangermanier ineinander verschoben. Aber man hat schnell Mitleid mit all den Figuren, wie sie am Ende eines jeden Kapitels schon wieder am Cliff hängen und dann zehn, zwanzig Seiten warten müssen, was sich Fenoglio, Orpheus oder Cornelia Funke als Nächstes für sie ausdenken.
Funke scheint diese exzessiv angewandte Technik selbst nicht zu behagen: Als ihr Alter Ego Fenoglio gegen Ende wieder schreiben und wenigstens zu Teilen das Ruder übernehmen kann, brennt es gerade wieder mal an allen Ecken und Enden: Er selbst versteckt sich zusammen mit Mortimers Tochter Meggie und vielen Kindern vor gemeinen Söldnern. Im anderen Handlungsstrang ist Mortimer in Lebensgefahr. Gerade hat Fenoglio angefangen, rettende Sätze für ihn zu Papier zu bringen, da kommen die bösen Häscher und wollen den Kindern ans Leben. „Fenoglio legte ein leeres Blatt auf das Brett. Zum Teufel, er hatte es noch nie gemocht, an zwei Geschichten gleichzeitig zu schreiben! ,Fenoglio! Was ist mit meinem Vater?’ Meggie kniete neben ihm. Wie verzweifelt sie aussah! ,Der hat noch Zeit.’ Fenoglio tauchte die Feder ein. ,Ich versprech dir, sobald ich das hier fertig habe, mach ich mich wieder an die Worte für den Eichelhäher.’”
Die Worte, die Worte: Da Funke das in den Vorgängerbänden angesammelte Riesenpersonal eigentlich nur vor sich hertreibt, immer straight in Richtung auf den manichäischen Showdown, bleibt keine Zeit, auch nur eine der Figuren tiefer zu beschrieben. So verläuft das eigene Lese-Erlebnis genau gegenläufig zu Mortimers Lektüre-Erlebnis: Während er „den Buchstaben das Atmen beibrachte” und durch die Wörter in die von ihnen evozierte Welt tauchte, spuckt einen dieser atemlose Text regelrecht aus, und man sieht papiernen Figuren dabei zu, wie sie flach und plan durch 740 Seiten geschoben werden. ALEX RÜHLE
Im Anfang war das Wort, und das Wort wurde Fleisch: Die Verfilmung des ersten Teils „Tintenblut” kommt im nächsten Frühjahr in die Kinos. Foto: New Line Cinema
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"Den eigentlichen Reiz dieses Fantasy-Reiches für Erwachsene machen die sorgfältig beschriebenen Charaktere aus. Funkes Figuren schimmern vielfältig wie die Bunten Feen im Weglosen Wald." tz, 28.09.2007