Studienarbeit aus dem Jahr 2012 im Fachbereich Theologie - Vergleichende Religionswissenschaft, Note: 1,0, Universität Augsburg (Katholisch-Theologische Fakultät), Veranstaltung: Judentum-Seminar mit Rabbiner Henry G. Brandt, Sprache: Deutsch, Abstract: Das Bewusstsein, sterblich zu sein und nach dem Tod in irgendeiner Weise Gerechtigkeit für seine Taten zu erfahren, ist im Judentum essenziell. „Aqabija ben Mahalalel sagt: Betrachte drei Dinge und du wirst nicht der Sünde verfallen. Wisse, woher du kommst und wohin du gehst und vor wem du Rechenschaft ablegen wirst. Woher du kommst: aus einem übelriechenden Tropfen. Wohin du gehst: an einen Ort von Staub, Verwesung und Gewürm. Und vor wem du Rechenschaft ablegen wirst: vor dem König der Könige der Könige, dem Heiligen, gepriesen sei er“ (Avot 3,1). Scheint sich doch die jüdische Religion auf den ersten Blick zunächst einmal nur im Gesetzeswerk des Diesseits zu manifestieren, lebt doch jeder Jude seinen Glauben in Hinblick auf den Wunsch, für das Gericht Gottes vorbereitet zu sein und es bestehen zu können. So findet sich auch in einem Mischna-Traktat folgender Rat: „Rabbi Elizier sagt: Kehre um einen Tag vor dem Tod! Seine Schüler fragten Rabbi Eliezer: Weiß denn der Mensch, an welchem Tag er stirbt? Er sagt ihnen: umso mehr kehre er noch heute um, falls er morgen sterben sollte. So verbringt er all seine Tage in Umkehr.“ (Schabbat 153a) In den Vorstellungen zum Jenseits ist im Judentum allerdings weder eine übertriebene Angst vor Höllenfeuern und Teufeln, noch eine großartige Vision vom Paradies zu finden. Den größten Teil der Lehre findet sich in den Kommentaren der Rabbiner und Theologen im Talmud. Dabei handelt es sich Schriftauslegungen oder Hypothesen, die untereinander sehr große inhaltliche Unterschiede aufweisen. Das Thema Tod findet im Talmud große Aufmerksamkeit, weil es einer der Hauptstreitpunkte zwischen den Gelehrten und der als Sekte angesehenen Sadduzäern war. Eine einheitliche verbindliche Lehre gibt es allerdings nicht, aber viele eigene Strömungen. Betont wird meist der metaphysische, geistige Gehalt der biblischen Aussagen. Der gelebte Glaube an den einen Gott, die Ehrfurcht vor seiner Gerechtigkeit und das Vertrauen auf die einmalige Verbindung zwischen Gott und seinem erwählten Volk Israel stehen vor jeder Systematisierung der Auferstehungsverheißung. Der jüdische Philosoph Josef Albo kann so auch zusammenfassen: „Solange jemand gläubig Lohn und Strafe im allgemeinen anerkennt […] leugnet er, wenn er die Auferstehung leugnet, nicht ein grundlegendes Prinzip der Tora des Mose“ (Buch der Grundprinzipien, I,23). [...]