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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
© Perlentaucher Medien GmbH
Kritik am amerikanischen Einsatz bewaffneter Drohnen
"Bush war der Haft- und Folter-Präsident. Nun haben wir den Präsidenten des gezielten Tötens, den Drohnen-Präsident", so zitiert Peter Strutynski als Herausgeber eines Sammelbandes mit dem plakativen Titel "Töten per Fernbedienung" einen amerikanischen Theologieprofessor. Die vierzehn Autoren, davon fünf aus dem angelsächsischen Raum, bezeichnen sich - wie Strutynski selbst - als Friedensaktivisten oder kommen aus der Friedensforschung, einige sind beispielsweise als Bundestagsabgeordnete der Partei Die Linke zuzuordnen.
Kampfdrohnen sind unbemannte Flugobjekte, die ferngesteuert und ohne Risiko für den Piloten Raketen auch in großer Entfernung an ihr Ziel bringen. Seit die Vereinigten Staaten diese Waffentechnologie im Kampf gegen Al Qaida und die Taliban zum "targeted killing" unter Inkaufnahme von unbeteiligten Opfern einsetzen, wächst weltweit die Kritik. Deutschland verfügt nur über Aufklärungsdrohnen, die Beschaffung von Drohnen, die bewaffnet werden können, ist aber geplant. Dies lehnen die großen Friedensforschungsinstitute - wie auch die SPD - ab und fordern von der Bundesregierung eine Ächtung dieser Systeme.
Die Autoren beleuchten die mit bewaffneten Drohnen verbundene Problematik in ihren unterschiedlichen Aspekten - Militärtechnologie, Völkerrecht, Rüstungskontrolle. Dabei gibt es in den Beiträgen, von denen einige schon in englischer Sprache veröffentlicht sind, einige Redundanzen und Überschneidungen, auch die Übersetzung überzeugt nicht immer. Im Zentrum der Kritik steht das Verhalten der Vereinigten Staaten, Großbritanniens und Israels, die bisher allein über Kampfdrohnen verfügen. Die Praxis des Amerikaner, die sich in einem legalen Krieg gegen den Terrorismus sehen, bei der "Menschenjagd" in Pakistan, Afghanistan oder im Jemen Drohnen einzusetzen, fordere zahlreiche unbeteiligte Opfer und sei völkerrechtswidrig.
Allein in Pakistan habe es seit 2004 zwischen 2505 und 3584 Todesopfer gegeben. Die Verweise auf die hohe Präzision der Waffen sei daher "schlichtweg Unsinn". Die ferngesteuerte Tötung von Menschen hebele alle rechtsstaatlichen Grundsätze aus: "Politiker, die solche Einsätze anordnen, sind Ankläger, Ermittler, Richter und Henker in einer Person." In der Tat ist die rechtliche Beurteilung dieser Praxis international umstritten. Besondere Gefahren und ethische Probleme werden auch darin gesehen, dass in Zukunft autonome Kampfroboter den Menschen aus der Entscheidungsschleife nehmen könnten und die Kriegführung damit automatisieren würden. Bewaffnete Drohnen sind bisher kaum in Rüstungskontrollvereinbarungen erfasst, dies sei aber zur Stabilisierung der Lage zwischen potentiellen Gegnern dringend notwendig. Das Beste wäre daher ein generelles Verbot. Sollte das nicht durchsetzbar sein, müssten auf jeden Fall Angriffe, die ohne Entscheidung eines Menschen erfolgen, explizit verboten werden.
Dies ist auch einer der zentralen Punkte der Diskussion in der Bundesrepublik. Während Militärs und Verteidigungspolitiker der Union bewaffnete Drohnen zum Schutz der Soldaten für notwendig halten, "extralegale Hinrichtungen" allerdings ausschließen, sieht der Koalitionsvertrag den Einsatz der Bundesregierung für die Einbeziehung dieser Waffen in Abrüstungsvereinbarungen sowie die "Ächtung vollautomatisierter Waffensysteme" vor.
Die Beiträge des Sammelbandes helfen - wenn auch einige mit klarer politischer Tendenz -, Einblicke in zahlreiche Facetten eines komplexen sicherheitspolitischen und technologischen Themas zu gewinnen. Der Beitrag zu Österreich erscheint entbehrlich, auch wenn der Autor meint, das Land sei "bei Aufklärungsdrohnen ein relevanter Akteur". Dies gilt erst recht für die Bemerkungen zur Verwendung von Drohnen bei der deutschen Polizei, die aus dem thematischen Rahmen "Kampfdrohnen" fallen.
HANS EHLERT
Peter Strutynski (Herausgeber): Töten per Fernbedienung. Kampfdrohnen im weltweiten Schattenkrieg. Promedia Verlag, Wien 2013. 224 S., 14,90 [Euro].
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