Studienarbeit aus dem Jahr 1998 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1,0, Ludwig-Maximilians-Universität München (Institut für Deutsche Philologie), Veranstaltung: Literaturtheorie der frühen Moderne, Sprache: Deutsch, Abstract: „‘Leben‘ ist das eigentliche Thema und Zentrum der Literatur um 1900 (...)“ , konstatiert Helmut Koopmann in seinem Buch „Deutsche Literaturtheorien zwischen 1880 und 1920“. In einer Zeit der Mechanisierung und Industrialisierung, des Empirismus und Positivismus beginnen die Literaten „(...) unterhalb der mechanisch-physikalisch faßbaren Welt nach einem unbekannten Etwas zu suchen, das tiefer reicht als die Schicht der physikalisch erklärbaren Phänomene und Gesetze.“ Leben wird als etwas Mystisches gedeutet und die Literaten begeben sich auf die Suche nach einer neuen Sprache, um dem eigentlich Nicht-Darstellbaren beizukommen. Die Beschäftigung mit dem eigenen Medium Sprache wiederum hat zur Folge, dass Kunst und Literatur einen extrem hohen Stellenwert erhalten. Koopmann fasst dies prägnant zusammen in der Formel „(...) die Orientierung auf das ‚Leben‘ führt hin zu einer neuen Sprache, die Betonung der Sprache zu einem neuen Primat der Kunst.“ Dies gilt seiner Ansicht nach für alle Stilrichtungen der Frühen Moderne gleichermaßen, für Naturalismus, Ästhetizismus und Expressionismus. Vor allem in der Literatur der Décadence entsteht nun ein Interesse an einer pathologischen Unfähigkeit zum Leben, Kunst wird immer mehr zum Lebensersatz. Beim frühen Thomas Mann äußert sich dies in der vielfachen Thematisierung des Gegensatzes von Kunst und Leben. Zwei besonders prägnante Künstlerfiguren, die mit dieser Problematik zu kämpfen haben und in engen Zusammenhang gesehen werden müssen, sind Hanno Buddenbrook aus Manns erstem Roman und Tonio Kröger aus der nur wenig später entstandenen gleichnamigen Novelle. Die vorliegende Arbeit versucht nun anhand eines Vergleichs die Verbindungslinien zwischen den beiden Figuren aufzuzeigen – Koopmann spricht von Tonio Kröger als „(...) Hanno Buddenbrook redivivus (...)“ . Gleichzeitig soll dadurch verdeutlicht werden, welche zentrale Rolle der Themenkomplex Kunst – Leben beim frühen Thomas Mann einnahm und inwieweit sich Manns Sichtweise auf das Verhältnis des Künstlers zum Leben und zur Gesellschaft v. a. durch den Einfluss Friedrich Nietzsches veränderte.