Generationenübergreifender Kriminalroman über die Willkür des Ehrenmordbegriffs
Die Staatsanwältin Frida, Feministin und Kritikerin der noch oft verbreiteten Unterscheidung von "Ehrenmord" durch migrantisierte Männer und "Beziehnungsdramen", als die die Femizide durch deutsch gelesene Männer oft
verharmlost werden, ermittelt. Es geht um Aliye, die eines Tages niedergestochen wird und ins Koma…mehrGenerationenübergreifender Kriminalroman über die Willkür des Ehrenmordbegriffs
Die Staatsanwältin Frida, Feministin und Kritikerin der noch oft verbreiteten Unterscheidung von "Ehrenmord" durch migrantisierte Männer und "Beziehnungsdramen", als die die Femizide durch deutsch gelesene Männer oft verharmlost werden, ermittelt. Es geht um Aliye, die eines Tages niedergestochen wird und ins Koma fällt. Während der Ermittlungen wird deutlich, dass Aliyes Familie ein größeres Geheimnis hütet, das eine Generation zurückreicht und ebenfalls eng mit misogyner Gewalt verbunden ist.
Schon zu Beginn des Buchs wird deutlich, dass wir es hier nicht mit einem einfachen Kriminalroman zu tun haben, sondern dass wir Leser*innen auch unser Wissen erweitern sollen. Anhand zweier Frauen aus zwei unterschiedlichen Generationen einer Familie wird deutlich, dass misogyne und patriarchale Gewalt noch immer verbreitet ist. Dabei werden die Leser*innen durch die Verortung dieser Fälle in einer sogenannten Gastarbeiter*innenfamilie aus der Türkei dazu provoziert, ihre eigenen Vorannahmen zu reflektieren. Denn Begriffe wie "Ehrenmord" sind eben keineswegs so klar, wie es die mediale Berichterstattung oft suggeriert, die Bezeichnung ist nicht nur potentiell rassistisch, sondern ignoriert die Gemeinsamkeiten verschiedener Gewaltverbrechen an Frauen: Die Idee, dass die weibliche Sexualität beherrscht gehört.
In diesem Sinn haben wir es mit einem feministischen Kriminalroman zu tun, und das gefiel mir sehr gut. Die Staatsanwältin, Frida, ist mir zwar streckenweise etwas unsympathisch, aber das macht sie gleichzeitig auch authentisch. Das einzige, was ich schade fand, war, dass der Angriff auf Aliye im Buch weniger Raum erhält, als ich dachte. Ich glaube, hier wäre ein weiteres Kapitel nicht schlecht gewesen, um das Buch insgesamt etwas abzurunden. Insgesamt bleibt es aber ein sehr lesenswertes Buch zu einem sehr wichtigen Thema.